Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe
auf das Gebiss des Toten.»Und die hier sehen, verdammt noch mal, genauso aus wie meine. Ich jedenfalls glaube nicht, dass die zahnärztliche Heilkunst – mal vorsichtig formuliert – so etwas zur Zeit Jesu zu leisten vermochte. Nach meinem Kenntnisstand wurden faule Zähne höchstens herausgerissen und das war es dann.«
Smiths Gesichtszüge verdunkelten sich. Seine zusammengepressten Lippen bildeten eine schmale Linie, und die Falten auf seiner Stirn erinnerten an verwitterte Felsformationen. »Was soll das, Frau Weizmann? Ich möchte Sie bitten, die Toten mit dem ihnen gebührenden Ernst und Respekt zu behandeln. Wir haben es hier vermutlich mit einem erstklassigen Fund aus der Zeit Jesu Christi zu tun, und Sie machen Witze über Keramikplomben und dergleichen.«
»Füllungen«, widersprach sie ihm. »Zahnärzte sagen Füllungen und nicht mehr Plomben. Das Wort ›Plomben‹ stammt noch aus der Zeit, in der Amalgam als Füllungsmaterial verwendet wurde.« Sie hob den Finger triumphierend. »Ich habe mich schlau gemacht.«
Leas, mit einem heiteren Unterton versehene Ausführungen, ließen den Professor unbeeindruckt. Im Gegenteil, seine Stimmung klang jetzt verärgert »Genug davon. Was wollen Sie mir hier weismachen? Ich habe immer mehr das Gefühl, Sie wollen mich einfach nur auf den Arm nehmen.«
»Ich kann ja verstehen, dass Ihnen das nicht gefällt, wenn bei einer 2000 Jahre alten Leiche moderne Füllungsmaterialien gefunden werden, aber Sie können die Tatsachen genauso wenig ignorieren wie ich. Außerdem ist ja noch gar nichts bewiesen.« Lea sah auf die Uhr. »In einer Stunde müsste Dr. Gatziani hier sein und dann wissen wir mehr. Dr. Gatziani ist ein sehr bekannter Zahnarzt in Tel Aviv, der nach modernsten Richtlinien behandelt mit ausgezeichneten Referenzen. Er hat mir übrigens auch meine …«
Smith wehrte mit erhobener Hand ab. »Ich weiß schon, … Ihre Plomben erneuert. Es wäre besser, wenn wir uns wieder den Toten zuwenden könnten.«
Der Professor verließ den spiegelblanken Seziertisch, auf dem der eigenartige Leichenfund auf seine nähere Untersuchung wartete. Als wolle er seine Augen vor den Dingen verschließen, die es nicht geben konnte, warf er das sterile Abdecktuch über das eigenartige Skelett und wandte sich den anderen beiden Leichen zu. Nur für einen Augenblick sicheres Terrain betreten.
Er richtete seinen Blick auf die durchlöcherten Fersenbeine der Toten und atmete einmal tief durch. Sein erhöhter Puls hatte sich beruhigt und so fragte er, während er den Blick auf das Skelett Nr. 2 gerichtet hielt: »Wurden noch weitere Dinge in der Höhle gefunden? Vor allem: Wann können Sie mir die Höhle zeigen? Ist sie noch zugänglich? Wird sie bewacht?«
»Welche Frage zuerst, Herr Professor?«
»Die erste bitte«, antwortete Smith hastig. Der Fall war beunruhigend, denn es taten sich Ungereimtheiten auf, die er so nicht erwartet hatte.
Lea begann und faltete die Hände dabei. »Die Höhle war annähernd quadratisch, ziemlich genau vier Quadratmeter groß und etwa ein Meter fünfzig hoch. Sie ist nicht so sorgfältig ausgehoben wie vergleichbare Grabstätten, die wir aus der Zeit kennen. Die Wände sind nur grob bearbeitet worden, das heißt, es fehlen die typischen, liebevollen Details, die die Hinterbliebenen den Toten normalerweise aus Respekt zugedacht haben. Wir fanden noch einige, meiner Meinung nach, unbedeutende Tonsplitter, einige Fetzen minderwertiger Kleidung, die der Tote Nr. 3 am Leibe trug und die Leinentücher, mit denen die zwei anderen Männer bedeckt waren.«
»Kein Schmuck oder Ähnliches? Haben Sie alles genau abgesucht?«
Lea nickte.
»Haben Sie auch einen Metalldetektor verwendet?«
Lea zögerte und musste sich beschämt eingestehen, dass sie diese Routineuntersuchung noch nicht gemacht hatte.
»Wir - äh, hatten noch nicht die Gelegenheit dazu«, log sie. »Wir wollten damit warten, bis Sie eingetroffen sind.« Ein leises Schnaufen deutete an, wie schwer es ihr gefallen war, den Professor anzulügen.»Ich werde mich umgehend um das Gerät bemühen.« Smith nickte stumm und hielt die Augen auf den kalten Bodenfliesen gesenkt.
»Weiter!«, forderte Smith. Man spürte ihm die Ungeduld ab.
»Die Höhle war mit einem Rollstein verschlossen. In jede Wand war eine Nische gehauen worden, in die die Toten so hinein geschoben werden konnten, dass sie wie auf einer Bank lagen.«
»Ein klassisches Bankgrab also.«
»Zum größten Teil, ja. Eine der Leichen
Weitere Kostenlose Bücher