Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe
durch Jesus ins Leben gerufen worden war.
Lea schaltete den Metalldetektor an. »Möchten Sie oder soll ich …?«
Smith winkte ab. Er wirkte verstimmt. »Ach, machen Sie ruhig. Gehen Sie einfach wie bei einem Strickmuster vor.« Lea warf dem Professor einen entrüsteten Blick zu. Er korrigierte sich. »Oder wie beim Straßenplan von Manhattan. Schachbrettförmig eben.«
Das Gerät gab, seitdem Lea es angeschaltet hatte, einen gleichmäßigen Summton von sich. Zur Probe nahm sie eine Münze aus ihrer Hosentasche und legte sie unter den Teller des Gerätes. Der Summton veränderte sich schlagartig in einen schrillen Pfeifton und veränderte seine Frequenz mit zunehmendem Abstand zum Objekt. Dann schritt die Archäologin in gleichmäßigen Bahnen die Grabkammer ab und untersuchte jeden Zentimeter des Bodens, wobei die Augen des Professors keine ihrer Bewegungen außer Acht ließen. Nach zehn Minuten erfolgloser Suche erschien Mosche Kofsman im Eingang der Höhle. »Ich habe mir gedacht, dass ich euch hier finde.«
»Mosche«, rief Lea freudig. »Was machst du denn hier?«
»Hallo, Herr Professor.«
»Guten Tag, Mosche«, erwiderte Smith.
»Moriah hat mir freigegeben. Er sagte, dass er keinen Job für mich hätte, solange dieser Streckenabschnitt nicht weitergebaut werden kann. Er hat zwar noch zwei Baustellen auf der anderen Seite der Stadt, dafür setzt er aber lieber billigere Arbeitskräfte als mich ein. Er denkt immer ans Sparen, weißt du?«
»Trotzdem schön dich zu sehen.«
»Ihr sucht nach Zeitzeugen, was?« Mosche deutete mit einem Kopfnicken auf den Metalldetektor. »Habt ihr schon was gefunden?«
»Keine Spur«, antwortete der Professor resigniert.
»Bis in welche Tiefe kann dieses Gerät denn Metall aufspüren?«
Lea betrachtete die Digitalanzeige auf der Stirnfläche des Gerätes. »Es sollte bis zu einem Meter Tiefe zuverlässig funktionieren, die Hälfte würde mir reichen.« Sie stampfte mit dem Fuß auf den Boden.»Die Erde ist sehr fest hier, man kann davon ausgehen, dass in den letzten Jahren keine Erdmassen hinzugekommen sind. Die Decke scheint intakt zu sein und von den Wänden ist nichts abgerutscht.«
»Was ist mit den Bänken? Hast du dort schon nachgesehen?«
»Er hat recht«, bestätigte Smith. »Sie müssen bis in die kleinste Ritze hinein suchen.«
»Ja und auch die Wände müssen abgesucht werden«, setzte Mosche hinzu. Lea sah die beiden an, als hätten sie sich gegen sie verschworen. »Eins nach dem anderen, okay?« Sie reagierte empfindlich darauf, als ihr gleich zwei Männer gleichzeitig Anweisungen geben wollten. Sie schaltete das Gerät ein. Summend bewegte es sich über den Boden, ohne den leisesten Hinweis auf einen Fund zu geben. Schließlich hob sie den Detektor auf die Bank, die sich links vom Eingang befand. Hier hatte das Skelett Nr. 1 gelegen. Sie begann auf diesem Feld, das die Größe eines schmalen Bettes hatte, jeden Millimeter abzusuchen. In dem Moment, als sie das Gerät enttäuscht hinunternehmen wollte, ertönte ein schriller Piepton, der allen Dreien den Puls in die Höhe schnellen ließ.
***
Schneider klappte das letzte Tagebuch zu und hielt es noch eine geraume Zeit in den Händen. Sein Blick war starr nach vorn gerichtet. Es gab zu viele neue Informationen zu verarbeiten, und seine Gedanken gerieten durcheinander. Was sollte er nach all dem Gelesenen von seinem Vater halten? War er ein feiger Mitläufer gewesen oder auf seine Weise ein Held? Und was hatte es mit der Lanze auf sich? Sollte er nicht versuchen, diese Lanze so schnell wie möglich an sich zu bringen und von der Macht zu kosten, die sie jedem verhieß, der sie besitzt? Dieser Gedanke ließ ihn nicht mehr los und brannte sich mit jeder Minute tiefer ein. Es schien ihm recht und billig, das fortzusetzen, was seinem Vater nicht gelungen war. Warum sollte ein anderer die Lanze besitzen als er selbst? Die Lanze war quasi Familienbesitz, daran bestand für ihn kein Zweifel.
Schneider patrouillierte in seinem Wohnzimmer auf und ab und versuchte, die zu treffenden Entscheidungen gegeneinander abzuwägen. Aber konnte er nach all den vielen Seiten, die er verschlungen hatte, noch rational überlegen? War der Entschluss nicht längst gefallen?
Richard Schneider wusste, dass er wertvolle, ja unbezahlbare Informationen in den Händen hielt. Er konnte die Bücher nicht einfach wieder zurücklegen und so tun, als hätte es die Lanze nie gegeben. Das wäre Verrat und Heuchelei gewesen. Wie schon
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