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Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe

Titel: Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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Hölle in Verbindung zu bringen.«
    »Nun, ich glaube nicht, dass die Menschen, die hier entlang fahren oder spazieren gehen, ständig an die Bedeutung des Tales denken. Und außerdem ist es eine Legende.«
    Smith protestierte. »Augenblick, Frau Weizmann. Nur eine Legende? Sie können nicht historische Überlieferungen wie die Worte Jesu in den Bereich von Fabeln und Mythen verbannen. Wissen Sie, was Jesus von diesem Tal gesagt hat?«
    Lea zuckte mit den Schultern. »Ich gehöre nicht zu den vielen Leuten, die sich hier im Heiligen Land nur mit der Thora oder der Bibel beschäftigen.«
    Ohne von Lea dazu aufgefordert worden zu sein, zitierte der Professor: »›Wer aber zu seinem Bruder sagt: du Narr!, soll dem Feuer der Gehenna verfallen.‹ Matthäusevangelium, Kapitel 5, Vers 22. Ich könnte Ihnen noch eine ganze Reihe Verse nennen.«
    Lea winkte ab. »Danke, nicht nötig. Meine Kenntnis über dieses Tal bezieht sich vor allem auf den Teil der Vergangenheit, in dem hier angeblich Kinder einem Götzen geopfert wurden und die Gegend die Müllhalde Jerusalems gewesen sein soll. Ich finde, das reicht.«
    Smith schnaufte verdrossen. Soeben hatten sie das Plateau erreicht, von dem aus man in die Höhle hineingehen konnte.
    »In der Bibel wird übrigens der Götze, von dem Sie sprachen, als Moloch bezeichnet. Das Wort stammt von dem hebräischen Wort ›moläk‹ oder ›malech‹, was, wie Sie wissen, ›König‹ bedeutet. Nach einem Bericht im ersten Buch der Könige wurde Moloch als Gott dargestellt. Ihm mussten Menschenopfer, bevorzugt Kinder, dargebracht werden. Bei der Opferung gingen sie ›durchs Feuer‹, das heißt, sie wurden verbrannt. In diesem Punkt haben Sie also recht. Und es stimmt: Zur Zeit Jesu war diese Gegend tatsächlich eine Müllhalde, auf der immer ein Feuer brannte, genährt vom stinkenden Müll Jerusalems. Auch die Leichen von Tieren, Verbrechern und Ausländern wurden hier verbrannt. Jetzt sieht es hier zwar sehr schön aus, doch alle blühenden Blumen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies hier einmal ein grausamer Ort war: ›Tofet‹, die ›Feuerstätte‹.«
    Die Sonne stand schon bedrohlich hoch am Himmel, und Lea wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich in die kühle Höhle gehen zu können. »Ja, ja, ich weiß. Eigentlich müsste es hier nur so von Leichen wimmeln.« Lea deutete auf den Boden unter ihnen.
    Der Professor ließ es sich nicht nehmen, Lea auch in diesem Punkt zu korrigieren.»Nicht unbedingt. Wie gesagt, die Römer haben Ihre Toten gern verbrannt, wie in einem Krematorium. Da bleibt nicht viel mehr übrig als Asche. Zuerst schnitt man ihnen einen Finger ab, der bestattet wurde, dann wurde der Leichnam verbrannt. Nur die Menschen, die sich eine Grabstätte leisten konnten oder von Familienmitgliedern in ihr eigenes Grab gelegt wurden, konnten so begraben werden wie die Drei hier.« Smith blieb stehen und atmete ein- zweimal tief durch. »Und jetzt sag ich Ihnen noch etwas. Nach menschlichem Ermessen, also wenn Gott nicht einen anderen Plan mit seinem Sohn gehabt hätte, wäre Jesus wahrscheinlich auch hier gelandet.« Smith umfing mit einer ausladenden Gestik das ganze Hinnomtal.
    »Lassen Sie uns bitte endlich hineingehen. Es ist ziemlich heiß hier.« Lea zupfte die an ihrer Haut festgeklebte Bluse an mehreren Stellen ab und fächerte sich Luft zu. Sie nahm den Metalldetektor vom Boden auf und folgte dem Professor in die kühle Höhle. Die Sonne bot den Besuchern ausreichend Licht, um sich zurechtzufinden, doch für genauere Betrachtungen mussten die starken Strahler benutzt werden, die an den vier Ecken der Höhle standen.
    Smith sah sich um und nickte begeistert. »Ja, es ist, wie Sie sagten. Ein klassisches Bankgrab. Schade nur, dass nicht einmal Holzreste am Boden gefunden wurden. Oder vielleicht doch?«
    Lea ließ sich die Frage einen Herzschlag lang durch den Kopf gehen und schüttelte dann den Kopf. »Nicht eine einzige Faser. Gut erhaltene Holztafeln oder Ähnliches, auf dem die Vergehen der Delinquenten eingeritzt waren? Ja, das wäre schon klasse.«
    Smith suchte den Boden mit den Augen ab.»Genau. Oder sogar die Namen der Betreffenden. So wie bei Jesus: Jesus von Nazareth, König der Juden.« Er sah Lea an. In ihren dunklen unergründlichen Augen las er jedoch vollkommene Gleichgültigkeit. Für sie als Archäologin waren lediglich die historischen Fakten der Person Jesu Christi von Belang, nicht aber die Inhalte des christlichen Glaubens, der

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