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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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wütend, weil die Adligen sie offenbar nicht beschützen können. Gewalt breitet sich aus, während die Bauern das Gesetz selbst in die Hand nehmen und so viel wie möglich in ihren Besitz zu bringen versuchen, oder – wie hier – ihre Wut über die jahrelangen hohen Steuern, die Johann ihnen wegen seines Krieges gegen die Engländer auferlegt hat, an Unschuldigen auslassen.«
    De Noyes hielt inne und dachte nach. »Ich glaube ihren Klagen nicht. Sie haben nur plötzlich ihre Chance gesehen – ihre Herren erschlagen oder gefangen auf den blutigen Feldern von Poitiers – und haben sie ergriffen. Ich und viele meiner Kameraden in dieser Gegend haben die letzten paar Tage damit verbracht, durch das Land zu reiten und notdürftig die Ordnung aufrechtzuerhalten. Wenn hier kein Geistlicher ist, dann ist er entweder geflohen oder wurde ermordet. Ich habe die Lage nicht für besonders ernst gehalten… bis zum heutigen Nachmittag.«
    »Das Böse ist mitten unter uns«, murmelte Thomas. »Ich komme aus dem Osten, aus der Lorraine, doch ich habe dort keine Gewalt gesehen und bislang auch noch nicht auf meiner Reise in den Westen.«
    »Nein. Die Nachricht hat sich nur bis hierher verbreitet. Die größten Schwierigkeiten gibt es in den Gegenden um Paris. Die Stadt selbst ist in Aufruhr und…«
    »Paris ist in Aufruhr?«, fragte Thomas.
    »Die ganze Welt ist in Aufruhr«, sagte de Noyes leise, und darauf wusste Thomas nichts zu erwidern.
    In dieser Nacht träumte er.
     
     
    Er träumte, dass er durch einen alten toten Wald lief, mit einem kleinen Mädchen auf den Armen. Sie war noch nicht tot, doch sie stieß das dünne, animalische Heulen eines verängstigten Kindes aus.
    Thomas wurde von etwas so Furchtbarem gejagt, dass er wusste, dass er und das Mädchen sterben würden, wenn es ihn jemals einholte.
    Mehr als alles andere auf der Welt wollte er das Mädchen vor dem Ungeheuer retten.
    Er rannte Stunden, Tage, Wochen lang, so lange, bis sein Atem nur noch keuchend ging und er mit brüchiger Stimme um Gnade für das Mädchen flehte.
    Er glaubte, seine Gebete seien endlich erhört worden, als das Ungeheuer hinter ihm langsamer wurde und offenbar das Interesse an ihnen verlor, doch gerade als er selbst ebenfalls langsamer wurde, blieb er mit dem Fuß an einer Baumwurzel hängen und stolperte.
    Er stürzte sehr schmerzhaft und rollte sich dabei zusammen, um das schreiende Kind in seinen Armen zu schützen.
    Plötzlich war das grauenvolle Ungetüm über ihnen, und Thomas drehte sich um und blickte dem Schrecken entgegen, der sich auf ihn stürzen würde.
    Es war der Erzengel Michael.
    »Es wird Zeit, dass sie in die Hölle kommt«, sagte der Erzengel und griff mit lodernden Händen nach dem Mädchen.
    Thomas schrie, doch der Erzengel war zu stark und entriss ihm das Mädchen.
    Er schrie und schrie und kämpfte sich hoch, doch es war zu spät.
    Der Erzengel war verschwunden und das Mädchen mit ihm.
    Stattdessen stand Alice vor ihm; ihr Körper stand in Flammen, eine Hand flehentlich ausgestreckt.
    »Warum hast du unser Kind sterben lassen?«, fragte sie.

Kapitel Vier
     
    Der Freitag vor dem Fest des heiligen Michael
    Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III.
    (24. September 1378)
     
     
     
    »Bruder Thomas. Bruder Thomas!«
    Thomas rollte sich herum und stöhnte. Sein Kopf fühlte sich an, als hätte ein Schwarm wütender Bienen über Nacht darin genistet.
    »Es ist Tag, Bruder Thomas, und wir müssen die Toten zur Ruhe betten.«
    Thomas öffnete die Augen und blinzelte in das Licht.
    De Noyes stand über ihn gebeugt, angetan mit seinem Kettenhemd, gerüstet mit Helm und Waffe, und hatte die Hände in die Hüfte gestemmt. »Bruder Thomas?«
    Thomas stöhnte noch einmal, drehte sich um, richtete sich auf und schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Den Albtraum mussten ihm die Dämonen geschickt haben.
    De Noyes packte Thomas am Arm, half ihm auf die Beine und reichte ihm eine Flasche mit Wein, der mit Wasser verdünnt war. »Trinkt.«
    Thomas nahm die Flasche dankbar entgegen und stillte seinen Durst. Er blinzelte, rieb sich die Augen und blickte sich um.
    Er befand sich immer noch in dem Obstgarten, der nun in sanftes Morgenlicht getaucht war. Er reckte sich und blickte sich dann schweigend um. Auf dem Friedhof unter ihm befanden sich inzwischen fünf in Totenhemden gehüllte Leichen. Die kleinste von ihnen lag auf einer der erwachsenen Leichen: das tote Mädchen, in den tröstenden Armen

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