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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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einer Mutter, die ebenfalls tot war.
    Einen Augenblick lang sah Thomas das Bild der brennenden Alice vor sich, wie sie die Hand ausstreckte und ihn um ihres Kindes willen anflehte.
    »Wir wussten nicht, ob wir sie in die Kirche bringen sollen«, sagte de Noyes.
    Thomas zwang sich, den Blick von der Leiche des Mädchens abzuwenden. »Bringt sie hinein«, sagte er, »und legt sie vor den Altar.«
    Dann ging Thomas den Hügel hinunter, den Kopf immer noch voller Traumbilder. Aber diesmal dachte er nicht an die sechs Menschen, die er zur Ruhe betten würde, und auch nicht an Alice, sondern an das kleine Mädchen, das er in der Nacht zuvor in seinem Traum im Arm gehalten hatte. Ein Mädchen… hatte Alice ein Mädchen erwartet?
    Eine Tochter. Plötzlich drohte Thomas von Trauer überwältigt zu werden, und er musste stehen bleiben und sich fassen, bevor er die Kirche erreicht hatte… und sich klarmachen, dass er der Toten wegen trauerte, die ihn in der Kirche erwarteten, und nicht der Tochter wegen, die er zusammen mit Alice verloren hatte.
     
     
    Irgendwie gelang es Thomas, die Totenmesse hinter sich zu bringen. Das Ritual war ihm nur zu vertraut – Herr im Himmel, wie vielen Begräbnissen hatte er in seinem Leben schon beigewohnt! –, doch als Mönch eines Gelehrtenordens besaß Thomas nicht viel Erfahrung darin, solche Messen selbst abzuhalten.
    Dennoch gab er sich Mühe, den sechs armen Seelen zuliebe.
    Die Dorfkirche war schlicht. An den Wänden hingen mehrere schlecht gemalte Bilder – Darstellungen von Adams und Evas Vertreibung aus dem Garten Eden, der Sintflut, Noahs Arche und dem Tag des Jüngsten Gerichts –, zwei reich bestickte Wandbehänge befanden sich hinter dem Altar – zweifellos die Arbeit von Marie Lescolopier oder ihrer Schwägerin Beatrice – und ein emailliertes und mit Edelsteinen besetztes Kreuz stand auf dem Altar selbst. Es gab zwei geschnitzte Kirchenbänke für Sir Hugh und seine Familie; für alle anderen war der Boden mit Binsen ausgelegt.
    Vom örtlichen Priester fehlte immer noch jede Spur. Während Thomas sich auf die Totenmesse vorbereitete, hatte Gilles de Noyes ihm zugeflüstert, dass man im Haus des Priesters Blut gefunden hatte. Thomas war sich sicher, dass seine Leiche zergliedert in irgendeinem Winkel des Dorfes oder auf den umliegenden Feldern lag.
    Thomas konnte für das Seelenheil des Priesters nichts tun. Bis seine Leiche gefunden wurde, würde die Seele des armen Mannes im Fegefeuer schmoren. Und selbst wenn man sie fand, wusste Thomas, dass es für diese Seele wenig Hoffnung gab, wenn der Priester ohne Absolution gestorben war oder keine Zeit mehr gehabt hatte, ein letztes Gebet zu sprechen.
    Der Familie Lescolopier zuliebe hoffte Thomas, dass sie es noch geschafft hatten, ein rasches Gebet zu sprechen, bevor sie ihren grausamen Tod fanden.
    Und das kleine Mädchen? Hatte sie genügend Verstand und Geistesgegenwart besessen, um vor ihrem Tod noch ein Gebet zu sprechen? War sie errettet worden oder der Verdammnis anheimgefallen? Verschwendete er seine Zeit, indem er die Totenmesse über ihrer Leiche las? Lieber Herr im Himmel, war etwa auch seine eigene ungeborene Tochter im Fegefeuer gelandet?
    »Bruder Thomas?«
    Thomas richtete seine Gedanken wieder auf die Aufgabe, die vor ihm lag. Er bemerkte, dass er mitten im Gebet gestockt hatte. Er nickte de Noyes zu und fuhr mit dem Ritual fort.
    Abgesehen von de Noyes waren nur zehn Soldaten in der Kirche. Alle anderen suchten die Umgebung nach weiteren Bauern ab. Diejenigen, über die sie in der letzten Nacht gerichtet hatten, schmorten nun schon in der Hölle, ihre irdischen Überreste hatten die Soldaten auf dem abgeernteten Feld den Krähen zum Fraß vorgeworfen.
    Thomas hob die Hand für den abschließenden Segen, und de Noyes gab den Soldaten ein Zeichen.
    Sie gingen rasch zu den in Totenhemden gehüllten Leichen hinüber, hoben sie auf und trugen sie hinaus. Auf dem Friedhof waren flache Gräber ausgehoben worden: de Noyes wollte keine Zeit damit verschwenden, in der Kirche eine Gruft einzurichten.
    Als Thomas das Messgewand ablegte, das er für die Messe angezogen hatte, kam de Noyes zu ihm.
    »Werdet Ihr in dieselbe Richtung weiterreiten?«
    »Ja. Ich muss dringend nach Paris.«
    »Ich dachte, Ihr hättet gesagt, Ihr seid auf dem Weg zu Eurem Heimatkloster in England. Es gibt viele Straßen zur französischen Küste, die Euch nicht durch Paris führen.«
    »Es gibt dort jemanden, den ich aufsuchen muss.«
    »Dann

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