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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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schwierige und übel riechende Angelegenheit war.
    Als Thomas seinem Pferd etwa eine halbe Meile vor Paris Halt gebot, sah er, dass die Stadt stark befestigt worden war. Doch brannte sie nicht, wie er zunächst angenommen hatte. Die Mauern, die früher recht vernachlässigt gewirkt hatten, waren wiederhergestellt und verstärkt worden. Wachtposten und Bogenschützen patrouillierten auf ihnen. Holztürme, an die sich Thomas nicht erinnerte, ragten nun an strategisch wichtigen Stellen über der Mauer auf, und er konnte sehen, dass sie reichlich mit Waffen und Gerätschaften zur Abwehr von Belagerungen ausgerüstet waren. Thomas’ Augen wurden schmal. Das war nicht das Ergebnis eines unbesonnenen Aufstands, sondern von jahrelanger Planung.
    Er erinnerte sich an sein letztes Gespräch mit Marcel: den Hass und Groll, den der Vorsteher der Kaufleute den obersten Machthabern entgegengebracht hatte… und der Ehrgeiz hinter dem Groll.
    »Möge Gott Euch beistehen, Etienne«, flüsterte Thomas, »wenn Ihr irgendwie in diese Sache verwickelt seid.«
    Denn wenn Marcel tatsächlich hinter dieser Revolte steckte – eine Revolte, welche die Ordnung von Gottes Gnaden angriff –, dann hieß das, dass er mit Satan im Bunde, wenn nicht gar selbst ein Dämon war.
    Thomas schnalzte mit der Zunge, und sein Pferd setzte sich wieder in Bewegung. Es hatte den Kopf hoch erhoben und die Ohren aufgestellt, und Thomas wurde klar, dass das Tier wusste, dass sein heimatlicher Stall nicht mehr weit war.
    Schließlich war es Marcels Pferd.
     
     
    Thomas gelangte ohne Schwierigkeiten zum Nordosttor, der Porte Babette. Doch etwa zwanzig Schritte davon entfernt wurde er von einer Gruppe bärbeißiger bewaffneter Stadtbewohner angehalten.
    Rebellen.
    »Seid Ihr ein echter Geistlicher?«, fragte ein kräftiger Mann mit dichtem Bart. Dem Geruch nach zu urteilen, der ihn wie eine üble Ausdünstung umgab, war er Gerber von Beruf. »Oder ein Spion des verfluchten Prinzen Karl oder gar der gottverdammten Engländer?«
    »Wenn ich ein Spion bin«, erwiderte Thomas leise, »dann nur im Auftrag Gottes.«
    Er beugte sich im Sattel vor, ohne auf den abstoßenden Geruch des Mannes zu achten. »Soll ich etwa annehmen, guter Mann, dass Ihr im Dienste jener Kräfte arbeitet, die gegen Gott und die Heiligen des Himmels gerichtet sind?«
    Thomas’ Tonfall war herrischer geworden, und der Gerber trat zurück, die lebenslange Furcht vor den Inquisitoren der Dominikaner war ihm in Fleisch und Blut übergegangen.
    »Wir leben in schwierigen Zeiten«, sagte ein anderer Mann, der besser gekleidet und redegewandter war. Er ging an dem Gerber vorbei und blickte Thomas in die Augen. »Ich bin Jean Daumier, ein Meister der Wollhändlergilde, und ich spreche im Namen derer, die jetzt über Paris herrschen. Was tut Ihr hier, Bruder Mönch? Warum begehrt Ihr Einlass in unsere Stadt?«
    Thomas lehnte sich im Sattel zurück, während er Daumier nicht aus den Augen ließ, und steckte die Hand in die Tasche seines Umhangs.
    Augenblicklich erstarrten die Männer.
    »Ich habe keine Waffe«, sagte Thomas und zog langsam die Hand hervor. »Nur das hier.«
    Er streckte die Hand aus, mit der Handfläche nach oben. Darauf lag Marcels Siegelring.
    Daumiers Augen weiteten sich vor Überraschung, als er ihn sah. »Woher habt Ihr das?«, fragte er, seine Stimme verriet Wut und Empörung.
    »Der Mann, den ich aufsuchen will, hat ihn mir gegeben«, sagte Thomas. »Der Vorsteher der Kaufleute, Etienne Marcel… wenn er inmitten dieses gottlosen Aufstands noch am Leben ist.«
    Daumiers Gesicht spiegelte immer noch Argwohn, aber er bedeutete den bewaffneten Männern, ein paar Schritte zurückzutreten. »Ich übernehme die Verantwortung für ihn«, sagte er und nahm Thomas den Ring aus der Hand. »Aber nehmt Euch in Acht, Bruder, wenn Ihr mit bösen Absichten hierhergekommen seid. Es sind schreckliche Zeiten, und die Menschen haben nur wenig Geduld. Jetzt steigt von Eurem Pferd. Einer meiner Kameraden wird sich darum kümmern. Wir müssen zu Fuß gehen, um an unser Ziel zu gelangen.«
     
     
    Daumier führte Thomas durch das Tor – gerade noch rechtzeitig, bevor es für die Nacht und gegen einen möglichen Angriff geschlossen wurde – und führte ihn statt auf die Hauptstraße, die zu den inneren Bezirken von Paris führte, in eine enge, gewundene Gasse, die sich an der Innenseite der Stadtmauer entlang schlängelte.
    Daumier schritt zügig aus, und Thomas hatte Mühe, in der trüben

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