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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Szenerie.
    Ein junger Bauer mit einem Maultier stand mitten auf der Straße und versperrte ihnen den Weg.
    Einer der Männer der Eskorte ritt zu ihm und wollte ihn vertreiben.
    Doch bevor er mit der Faust zuschlagen konnte, erhob der Bauer die Stimme.
    »Ihr seid Karl, der Enkel von Johann«, sagte der Bauer, und Karl und Katherine stellten überrascht fest, dass der Mann mit der Stimme eines Mädchens sprach.
    »Und Ihr seid von Gott auserwählt«, fuhr das Mädchen fort. »Ich bin hier, um Euch zum Sieg zu führen.«
    Katherine hätte beinahe laut gelacht, doch Karl beugte sich neugierig vor. »Wer bist du?«, fragte er.
    »Mein Name ist Jeannette d’Arc«, sagte das Mädchen.
    Katherine verzog grimmig den Mund. Der Bewaffnete hätte das Mädchen niederschlagen sollen, bevor es sprechen konnte!
    »Nun, Jeanne d’Arc«, sagte Katherine, »du hast dich im Ton vergriffen. Geh uns aus dem Weg, und dir wird kein Leid geschehen.«
    Jeanne richtete ihren überraschend ruhigen und entschlossenen Blick auf die Prinzessin. »Ihr irrt Euch«, sagte sie, »wenn Ihr glaubt, Eure gegenwärtige Position im Leben sei die richtige. Ihr seid nicht an der rechten Stelle.«
    Katherine fuhr zusammen und war gleichzeitig so erschrocken und wütend, wie sie es noch niemals in ihrem Leben gewesen war. Hexe!
    Jeanne richtete den Blick auf Karl, der sie im Gegensatz zu seiner Schwester voller Entzücken betrachtete.
    »Ich bin von Gott auserwählt?«, fragte er.
    »Ja. Ich bin hier, um Euch zum Sieg zu führen, gegen die Teufel von jenseits der Meeresstraße.«
    Karl lachte ein wenig zu laut und schlug mit der geballten Faust auf den Sattel. Er wandte sich an seine Schwester. »Nun, was haltet Ihr davon, Katherine?«
    Doch Katherine sagte nichts, sondern starrte die Kindfrau vor ihr nur an.
    »Ihr reitet nach Roche-Guyon«, sagte Jeanne. »Das ist ein guter Anfangspunkt.«
    Und damit kletterte sie auf ihr Maultier und führte die königliche Gesellschaft tiefer ins Inland hinein, während sich Katherines scharfer Blick den ganzen Weg über in ihren Rücken bohrte.

Kapitel Fünf
     
    An der Vigil zum Fest des heiligen Michael
    Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III.
    (Dienstag, 28. September 1378)
     
    – I –
     
     
     
    Thomas wusste, dass es das Vernünftigste gewesen wäre, einen Bogen um Paris zu machen… aber er wollte mit eigenen Augen sehen, was dort geschah.
    Und welche Rolle Etienne Marcel bei dem Aufstand spielte.
    Thomas zweifelte nicht daran, dass die Unruhen in Paris und seiner Umgebung Teil des Bösen waren, das die Dämonen verbreiteten, und er wusste, dass er ihnen nicht entkommen konnte.
    Es war immer besser, seinen Feind gut zu kennen, als aus sicherer Entfernung Vermutungen über ihn anzustellen.
    Die Anzeichen der Unruhen mehrten sich, je näher Thomas Paris kam: brennende Herrenhäuser, zu Banden zusammengeschlossene Bauern, die unterwegs waren und dabei die Hauptstraße mieden, da dort immer noch viele Gruppen von Bewaffneten nach Osten ritten, vermutlich, um sich dem Dauphin anzuschließen, und Getreide und Vieh auf den Feldern, um das sich niemand kümmerte. Thomas blieb bei alledem jedoch unbehelligt. Er nahm an, dass die Rebellen kein Interesse an ihm hatten, weil er nur ein armer reisender Mönch war.
    Eine Tagereise von Paris entfernt stieß Thomas auf große Gruppen von Männern und Frauen, die mit allem, was sie auf einem Karren hatten unterbringen können, aus der Stadt flüchteten. Sie waren bleich und schweigsam und gingen Thomas’ Fragen aus dem Weg.
    Seine Besorgnis wuchs, aber auch seine Entschlossenheit. Paris würde Antworten auf alle seine Fragen für ihn bereithalten, und deshalb würde er der Stadt ebenso wenig ausweichen wie seinem Gewissen.
    An der Vigil zum Michaelistag war Thomas nur noch wenige Stunden von der Stadt entfernt. Er konnte sie vage vor sich sehen, ein grauer Dunststreifen am Horizont.
    Dunst oder Rauch?
    Thomas steckte die Hand in die Tasche seines Umhangs und tastete nach dem Siegelring, den Marcel ihm gegeben hatte. Gott allein wusste, ob er ihm immer noch Schutz bot… oder ob er ihm nicht womöglich sogar zum Schaden gereichen würde.
    Er wusste nicht mehr, was er von Marcel halten sollte.
    Paris hatte Thomas schon einmal gesehen, vor etwa zehn Jahren. Damals war es eine lebhafte Stadt gewesen, voller Lärm, Handelsverkehr, Glocken und farbigen Bannern, auch wenn die engen Straßen so sehr mit Tierdung bedeckt gewesen waren, dass ein Vorwärtskommen eine

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