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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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funkelten weniger Gold und Edelsteine im Petersdom als früher.
    Rom wartete voll Unbehagen; die Kardinäle schmiedeten trotzig ihre Pläne und Gregors Leichnam verrottete vor dem Grab des heiligen Petrus.
     
     
    Thomas, der genauso bangen Herzens wartete wie alle anderen, arbeitete dennoch ohne Unterlass in der Bibliothek des Konvents Sant’ Angelo. Gregors Totenmesse würde in ein paar Tagen stattfinden, und wenige Tage später setzten sich dann die Kardinäle zusammen, um ihr neues Oberhaupt zu wählen. Thomas war überaus beunruhigt über die Unwägbarkeiten der anstehenden Papstwahl, so bald nach dem Versprechen des heiligen Michael, seinem Leben einen neuen Sinn zu geben. Er wollte ein Ziel für die Zukunft, damit er seine Vergangenheit vergessen konnte; doch nun sah er sich einer Krise der Kirche gegenüber, die sein Leben und das eines jeden Christen zu gefährden drohte. Also vergrub sich Thomas in den Büchern und versuchte über den Texten seine innere Unruhe zu vergessen.
    Doch des Nachts, wenn er schlaflos auf der harten Pritsche in seiner Zelle lag, konnten die Bücher die Ungewissheit nicht mehr von ihm fernhalten. Er glaubte, das Klimpern von Gold- und Silbermünzen zu hören, die auf dem Vatikanhügel in der Leostadt den Besitzer wechselten. Das Geräusch, das entsteht, wenn Kardinäle Bestechungsgelder verteilten oder in Empfang nahmen, das übliche Verfahren vor einer Papstwahl. Er vermeinte sogar, das Dahinfliegen von Pferdehufen zu hören, die durch die Nacht jagten und Abgesandte der Könige und Kaiser Europas in die Stadt brachten, mit einer großen Auswahl vorsichtig formulierter Drohungen und Einschüchterungen in der Hand, die dafür sorgen sollten, dass der von ihrem Herrscher bevorzugte Mann auf den Heiligen Stuhl gelangte.
    Eine wahrhaft schlimme Sache, dachte Thomas. Die hohe Geistlichkeit soll eigentlich ein leuchtendes Beispiel der Frömmigkeit und Rechtschaffenheit für die Christen sein. Stattdessen haben die Kardinäle ihre Herzen der Korruption geöffnet.
    Hatten sie sie auch dem Bösen geöffnet?
    Waren die Kardinäle womöglich der Gegner, gegen den er die Armee Christi führen würde?
    Thomas wälzte sich hin und her, doch bis zur Papstwahl – oder bis ihm der Erzengel mehr offenbarte – konnte er nur warten und seine Augen und Ohren offen halten.
    Und während der Stunden, die er nicht im Gebet verbrachte, versenkte er sich in die Aufzeichnungen der Klosterchronik von Sant’ Angelo.
    Der Konvent hatte seit Generationen im Zentrum der Bemühungen der Dominikaner gestanden, Lehrer und Rektoren für die immer größer werdenden europäischen Universitäten heranzubilden, und dieses Vorhaben – der Grund, warum auch Thomas in das Kloster geschickt worden war – spiegelte sich in den Aufzeichnungen wider. Thomas’ Neugier wurde geweckt, als er die Namen von inzwischen betagten Lehrern entdeckte, bei denen er in Oxford studiert hatte, und die Namen von Lehrmeistern, die bekannt für ihre Gelehrtheit waren und nun an den Universitäten von Paris, Bologna, Ferrara und Padua unterrichteten oder unterrichtet hatten. Sie alle waren in Sant’ Angelo gewesen, und Thomas verfolgte ihr Kommen und Gehen: Wie sie als junge Männer ins Kloster gekommen waren und jahrelang von ihrer Zelle zur Kapelle, in den Speisesaal, die Bibliothek und schließlich wieder in die Kapelle und ihre Zelle gewandert waren.
    Thomas lächelte still, während seine Finger vorsichtig über die schwarze krakelige Schrift der Chronik glitten. Er konnte ihre Schritte in denselben Korridoren hören, die er jeden Tag hinunterging. Er konnte ihre Aufregung spüren, wenn sie sich über dieselben Bücher beugten wie er, und nachts stellte er sich vor, dass er in derselben Zelle lag, in der einst vor vielen Jahren ein gelehrter und frommer Lehrer aus Paris, Bologna oder Oxford geruht hatte.
    Die Aufzeichnungen enthielten nichts als die immer wiederkehrenden, tröstlichen Grundmuster von Frömmigkeit und Gelehrsamkeit. Nach Thomas’ Ansicht sollte das ganze Christentum diesem Beispiel nacheifern. Keine Veränderungen, sondern das Beibehalten der alten, erprobten Lebensweisen, der tröstlichen Rituale, unter dem wachsamen Auge der Kirche, der Hüterin und Deuterin von Gottes Wort.
    Nur so konnte dem Bösen Einhalt geboten werden. Nur so konnte Thomas selbst den Trost und die Weisung erhalten, die er brauchte, um sein Leben mit neuem Sinn zu füllen und sich von weiterem Übel fernzuhalten.
    An diesem kalten Apriltag

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