Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
ausgesehen, waren sie hier offen und herzlich.
    Waren die Türen Roms Fremden und der stets gegenwärtigen Gewalt gegenüber verschlossen, standen sie hier Freund und Fremden gleichermaßen offen. Und aus jedem zweiten Fenster und über jedem dritten Eingang hingen die Wandteppiche und Tuchwaren, für die Florenz berühmt war – ein Wasserfall der unterschiedlichsten Farben, der sich funkelnd über die Straßen ergoss.
    Über dem Stimmengewirr und Lärm der Straßen erklang ein Glockenreigen: Gildenglocken, Kirchenglocken, die Glocken der Wachen, die auf den Stadtmauern standen oder durch die Straßen marschierten… die Glocken Gottes.
    Eine Träne rann über Thomas’ Wange.
    Als Thomas in die Stadt hineinritt, suchte er nicht sogleich das Kloster auf, in dem er über Nacht bleiben wollte. Es war noch immer Vormittag, und er würde die nächsten Stunden sinnvoller mit der Suche nach einer Reisegesellschaft verbringen, als mit den Brüdern des Ordens Belanglosigkeiten auszutauschen.
    Thomas hatte inzwischen begriffen, dass Gott ihn lieber auf den Beinen sehen wollte statt auf den Knien.
    Also ritt er auf seinem Maultier langsam durch die Straßen auf den Marktplatz zu. Die letzten Wochen auf dem Weg von Rom hierher waren zu einer wertvollen Lektion für ihn geworden: Es reiste sich besser und schneller, wenn man sich einer gut bewachten Gesellschaft anschloss. Ein einsamer Reisender musste langsam und vorsichtig reiten, nicht nur, um sich vor Bettlern in Acht zu nehmen, Thomas hatte gehört, dass die Straßen Norditaliens auch von Banditen heimgesucht wurden, die Reisende regelmäßig um ihr Hab und Gut brachten, und wenn dieses ihnen nicht ausreichend erschien, sie einen Kopf kürzer machten.
    Thomas würde also eine Handelskarawane mit gutem Geleitschutz ausfindig machen, die in seine Richtung unterwegs war: über den Brennerpass in die Alpen, dann weiter nach Norden durch Innsbruck und Augsburg bis nach Nürnberg. Es gab nur eine Gilde, die reich genug war, um sich genügend Geleitschutz leisten zu können, um schnell und sicher zu reisen, und nur eine Karawane, die höchstwahrscheinlich diese Route nehmen würde, und Thomas wusste, wo er sie finden würde.
    Er stieg von seinem Maultier ab, führte es die letzten hundert Meter bis zum Marktplatz am Zügel und band es dort an einem Pfosten neben einem Wollgeschäft an, das an dem Platz lag. Das Maultier war eine armselige Kreatur, und Thomas glaubte nicht, dass jemand es stehlen würde.
    Er klopfte dem Tier auf die Schulter – es mochte zwar armselig sein, aber es hatte ihm gute Dienste geleistet – und wandte sich dem Platz zu. Er war groß und von einigen der herrlichsten Gebäude umgeben, die Thomas jemals gesehen hatte. Es gab Kirchen, eine Kathedrale, Paläste von Adligen und Prälaten und mehrere große Gildehäuser. Bunte Stände waren rund um den Platz aufgebaut, in denen alle Arten von Waren verkauft wurden, von Tüchern bis zu jungen maurischen Sklavenmädchen, und in der Mitte des Platzes führten Akrobaten, Jongleure und ein Bärendompteur Kunststücke vor.
    Der Dompteur band seinen Bären an einem Pfahl fest und lud Passanten dazu ein, ihre Hunde auf das Tier zu hetzen und über den Ausgang des Kampfes zu wetten.
    Schon hatte sich eine dichte Menschenmenge um ihn geschart.
    Thomas jedoch beachtete den ganzen Trubel nicht, sondern ging auf das größte Gildehaus zu, das der Tuchhändler.
    Im Inneren des Gebäudes blieb er stehen und blickte sich erstaunt um. Hier herrschte weltliche Zügellosigkeit gepaart mit geistlicher! Das Gildehaus konnte es mit jeder Kathedrale aufnehmen, die er jemals gesehen hatte, mit Ausnahme des Petersdoms: von verzierten Stichbalken gestützt, erhob sich das Dach mehrere hundert Fuß über ihm. Die Wände des Saals waren mit biblischen Szenen bemalt, reich vergoldet und mit Edelsteinen verziert. Das Mobiliar war prunkvoll und luxuriös.
    Und Wat hielt nur die Kirche für zu reich?
    »Bruder?«, sagte eine leise Stimme hinter ihm. »Kann ich Euch behilflich sein?«
    Thomas drehte sich um. Ein grauhaariger Mann in mittleren Jahren, gekleidet in Samt und Seide, stand vor ihm. Aus einem wohlgenährten Gesicht blickten ihn zwei forschende Augen an.
    »Vielleicht«, sagte Thomas. »Ich muss nach Norden reisen, und zwar schnell. Ich möchte mich gern jemandem aus Eurer Gilde anschließen, der in den nächsten Tagen aufbricht.«
    »Ihr wollt mit einer Handelskarawane reisen?«
    Thomas fragte sich, ob sein Lächeln wohl unecht

Weitere Kostenlose Bücher