Hueter Der Macht
Thomas’ Kinn und hob seinen Kopf an.
Der Druck seiner Finger war sanft und liebevoll. Die Dämonen haben nicht die Macht, die Schatulle und ihren Inhalt zu vernichten. Sie kann nur von den Kräften Gottes und seiner Gerechten ihrer Bestimmung zugeführt werden. Es ist ein Tabernakel, Thomas. Sie können es verstecken, doch der Hass der Dämonen kann es nicht zerstören.
Wieder traten Thomas Tränen in die Augen und liefen ihm unaufhaltsam über die Wangen.
Kämpfe für mich, Thomas, flüsterte der Erzengel und wandte sich dann Jeannette zu.
Ach, du aller schönst es Mädchen. Du hast einen so ungewöhnlichen Weg vor dir, und du wirst Dinge sehen, die dich staunen machen. Geh mit der Liebe Gottes.
Denkt daran – der Erzengel wandte sich nun wieder an beide –, eure Wege mögen euch seltsam erscheinen und manchmal leidvoll, aber zögert niemals. Gott in all seiner Herrlichkeit, die Heiligen und Engel und die gesamten himmlischen Heerscharen bauen auf euch. Seid wahrhaftig. Verliert euren Glauben an Gott nicht, auch wenn euer Weg noch so seltsam ist.
Er beugte sich vor und berührte ihrer beider Stirn mit den Lippen, um sie zu segnen.
Geht in Frieden und mit Gottes Liebe.
Damit war er verschwunden, und in der Scheune war nur noch das ruhige Atmen von Jeannette und Thomas zu hören.
Thomas lag noch lange wach, nachdem Jeannette gegangen war. Er war ein wenig verärgert darüber, dass der Heilige auch das Mädchen auserwählt hatte, um seinen Willen zu erfüllen, obwohl Thomas wusste, dass ihm natürlich die größere und wichtigere Rolle zugedacht war. Und das auch noch im englischen Lager. Alles führte ihn zurück nach England: die Schatulle ebenso wie die Worte des heiligen Michael.
Wer mochten die Dämonen am englischen Hof wohl sein?, fragte sich Thomas.
Dann überkam ihn endlich die Schläfrigkeit und mit ihr ein angenehm wohliges Gefühl. Der Heilige hatte ihn nicht vergessen, er war stets bei ihm und wachte über ihn.
Nein, dachte Thomas, als er endlich einschlief, er würde den heiligen Michael und Gott niemals verraten, indem er seine Seele einer Frau, einer Hure, schenkte.
Niemals…
Kapitel Zwei
Die Oktave nach der Geburt der Jungfrau
Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III.
(Mittwoch, 15. September 1378)
Die englischen und französischen Armeen kämpften schon seit Tagen miteinander, ohne große Verluste und ohne ein Ergebnis. Am achten Tag nach der Geburt der Jungfrau führte Eduard, Prinz von Wales, auch als der schwarze Prinz bekannt, seine Armee aus viertausend Rittern und Bewaffneten, eintausend Feldwebeln und zweitausend Bogenschützen (sowohl Langbogen- als auch Armbrustschützen) vor die Tore der Stadt Poitiers.
Die französische Armee unter König Johann II. zählte etwa fünfzigtausend Mann.
Bevor die Schlacht begann, sprach der französische Kardinal Perigord bei König Johann vor und bat darum, dem schwarzen Prinzen einen Vorschlag unterbreiten zu dürfen.
»Worum geht es?«, fragte König Johann.
»Majestät«, sagte der Kardinal, »Ihr habt hier die Elite der Adligen Eures Königreichs versammelt, die gegen gerade einmal eine Handvoll Engländer antreten sollen. Wenn Ihr sie ohne Kampf besiegen könntet, indem Ihr ihre Kapitulation annehmt, würde Euch dies mehr zur Ehre gereichen, als wenn Ihr diese große und herrliche Armee in einer Schlacht aufs Spiel setzt. Ich bitte Euch daher in aller Bescheidenheit im Namen Gottes, dass Ihr mich zum Prinzen hinüberreiten lasst, um ihn von der großen Gefahr zu überzeugen, in der er sich befindet.«
»Einverstanden«, sagte König Johann und rutschte auf seinem Stuhl hin und her, um den Druck in seiner verfluchten Blase zu verringern, »aber lasst Euch nicht zu viel Zeit.«
Der Kardinal brauchte tatsächlich nicht sehr lange, denn der schwarze Prinz lachte ihm lediglich ins Gesicht und teilte ihm mit, dass er nur an der Kapitulation König Johanns interessiert sei.
Perigord neigte den Kopf in Anerkennung des Wagemuts des Prinzen und ritt zum König zurück, um ihm seine Antwort zu überbringen.
König Johann lächelte und freute sich schon auf den triumphalen Moment, wenn er dem verfluchten englischen Prinzen die Spitze seines Schwertes an die Kehle halten konnte. Und die Erleichterung, wenn er endlich seine urinbefleckte Rüstung ablegen konnte. In seinem Alter hielt er es kaum eine Stunde aus, ohne seine Blase entleeren zu müssen, und er steckte schon so lange in der Rüstung, dass er
Weitere Kostenlose Bücher