Hueter Der Macht
bereits mehrmals den verfluchten Urin an seinem linken Bein hatte hinabrinnen lassen müssen.
Es juckte ihn überdies grauenhaft.
Doch trotz alledem führte Johann seine Armee von fünfzigtausend Mahn zwei Stunden später in einen blutigen Albtraum.
Am selben Abend, als die Sieger noch immer bis zum Überdruss die Kehlen der Verwundeten durchschnitten, während der Feind im blutgetränkten Schlamm des Schlachtfeldes festsaß, machte ein englischer Sekretär und Möchtegerndichter namens Geoffrey le Baker einen Eintrag in sein Kriegstagebuch, mit dessen Hilfe er irgendwann eine Chronik verfassen wollte. Nachdem er die Eingangsmanöver beider Seiten beschrieben hatte, fuhr le Baker fort:
Während König Johann mit seinen Streitkräften vorrückte, blickte Prinz Eduard um sich und überdachte seine Lage. Er stellte fest, dass ein Hügel in der Nähe seiner Armee vollständig von Zäunen und Gräben umgeben und seine Hänge von Weideland bedeckt waren, auf dem dichte Büsche, Weinreben und Getreide wuchsen.
Eduard beschloss, sich auf dem Hügel zu verschanzen, doch um ihn zu erreichen, musste seine Armee einen Fluss in einem tiefen, sumpfigen Tal überqueren. Seine Truppen fanden eine schmale Furt und fuhren mit ihren Karren durch den Fluss. Dann überwanden sie die Zäune und Gräben und nahmen den Hügel ein, während ihre Bewegungen durch das Gestrüpp verborgen wurden.
Als König Johann bemerkte, dass die Standarte von Prinz Eduard verschwunden war, nahm er an, der Prinz sei geflohen. Die Franzosen rückten zum Hügel vor, in der Meinung, sie würden die auf dem Rückzug befindlichen Engländer jagen. Plötzlich wurden die französischen Pikeniere von gut ausgerüsteten englischen Rittern angegriffen, die die Lanzen ihrer Gegner erfolgreich abwehrten.
Als noch mehr Franzosen auf den Hügel vorrückten, verwandelte sich der Kampf in ein schreckliches Aufeinandertreffen von Lanzen, Schwertern und Äxten. Von der Spitze des Hügels aus ließen die englischen Bogen- und Armbrustschützen ihre Pfeile und Bolzen auf die Franzosen niederregnen, die sich den Gräben näherten.
Nicht alles verlief allerdings zugunsten der Armee des Prinzen, denn viele seiner Bogenschützen waren hinter der Hauptstreitmacht zurückgeblieben und nun in den Sümpfen eingekesselt.
Diese Männer wurden von den Pferden der französischen Kavallerie niedergetrampelt.
Die Schlacht wütete weiter. Sowohl Franzosen als auch Engländer ließen ihre Fanfaren erschallen, das Klagen der Trompeten, Hörner und Pfeifen hallte von den Felswänden des Tals wider, durch die Wälder von Poitou, bis die Berge selbst zu stöhnen und die Wolken laut zu klagen schienen. Begleitet von dieser furchtbaren Musik glitzerten goldene Rüstungen, und feingeschmiedete, polierte Stahlspeere zischten wie Blitze durch die Luft und vernichteten alles Leben, das sich ihnen in den Weg stellte. Die englischen Armbrustschützen machten den Tag zur Nacht und überschütteten die Franzosen mit einer dichten Wolke aus Bolzen, und dieser tödliche Regen wurde von den Pfeilen der Bogenschützen noch verstärkt.
Die Soldaten des Prinzen stürmen voran
gegen den dichten Schilderwall
die Rüstung des Feindes zu spalten und
das Herz zu durchbohren unter des Harnisches Schutz.
Nun nahm auch Eduard, der Prinz von Wales, an der Schlacht teil, schlug sich seinen Weg durch die Reihen der Feinde und hinterließ überall Tod und Verderben:
Mit wildem Streich
führt er sein Schwert,
den Feind zu treffen,
ihn niederzustrecken.
So fällt jeder Mann,
den sein Hieb nur berührt.
Die Reihen der Franzosen lichteten sich und gerieten in Unordnung. Eduard marschierte nun unaufhaltsam auf König Johann und sein Gefolge zu. Die französischen Standartenträger wurden niedergemacht und fielen zu Boden. Manche wurden von Männern und Pferden niedergetrampelt, ihre Leiber aufgerissen; andere wurden von englischen Speeren am Boden aufgespießt; wieder anderen wurden die Arme vom Körper geschlagen. Von denen, die fielen, ertranken manche in dem Blut, das sich um sie herum sammelte, andere schrien und wimmerten, als sie vom Gewicht derjenigen erdrückt wurden, die auf sie fielen.
Die Schreie der Sterbenden begleitete der schreckliche Kriegslärm, und das Blut von Bauern und Adligen vermischte sich zu einem einzigen Strom, der die nahe gelegenen Flüsse rot färbte.
Und so bahnte sich der schwarze Prinz, der wilde Eber von Cornwall, dessen Pfad von Leichen gesäumt ist,
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