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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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hättest.
    »Es ist ein trauriger Tag gewesen, Margaret, und wir müssen beten, dass es damit erst einmal ein Bewenden hat. Viele unserer Männer sind gestorben, und noch viel mehr liegen schreiend unter den Messern der Feldscher.«
    Margaret stand auf und blickte Bolingbroke in die Augen. »Aber Ihr habt gewonnen, mein Lord, und Ihr seid am Leben.«
    Und dafür lebe ich, dachte sie und wusste, dass auch er es wusste.
    Raby stöhnte auf, als der Kammerdiener den Waschlappen zu fest auf eine Hautabschürfung drückte, und Margaret und Bolingbroke richteten den Blick wieder auf ihn.
    »Ich muss gehen«, sagte Bolingbroke. »Mein Vater wird bald eintreffen.«
    »Ich danke Euch herzlich für Eure Sorge«, sagte Raby, und Bolingbroke nickte und verließ das Zelt.
    Margaret murmelte Raby und seinen Knappen eine Entschuldigung zu und eilte hinter Bolingbroke her.
    Als sie draußen waren und die Zeltklappe sich hinter ihnen geschlossen hatte, umarmten sie einander kurz und heftig und lösten sich dann rasch wieder voneinander, damit niemand sie sah.
    »Hal«, sagte sie, »ich trage ein Kind in mir.«
    Er sog scharf die Luft ein. »Dann hat es also begonnen«, sagte er. »Wir müssen unsere Pflicht tun.«

Kapitel Drei
     
    Der Donnerstag vor dem Fest des heiligen Michael
    Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III.
    (23. September 1378)
     
     
     
    Der Tag war so heiß, als hätte Satan die Tore der Hölle geöffnet, um ein wenig von seiner teuflischen Glut in die Welt hinauszuschicken und damit die armen Seelen der Christenmenschen zu quälen. Thomas ritt durch eine vor Hitze flirrende Landschaft aus stoppeligen Kornfeldern und aufgewirbeltem Staub. Sein Pferd war schweißbedeckt, und Thomas war nicht in besserer Verfassung. Er hatte seinen schwarzen Umhang abgelegt und die Ärmel seiner weißen Tunika beim Reiten hochgerollt. Hin und wieder zog er den Ausschnitt seines groben wollenen Gewands etwas herunter, um mehr Luft an seine feuchte, zerkratzte Haut herankommen zu lassen.
    Obwohl es früher Herbst war, war ein heißer Tag wie dieser nichts Ungewöhnliches. Es war die Jahreszeit, in der Seuchen in der anhaltenden Hitze des Sommers gediehen und die Ernten vernichteten; Maden krochen durch die Misthaufen, Ratten wühlten im Stroh, und Flöhe, Zecken und Milben bissen sich tief in das Fleisch von Mensch und Tier.
    Es war die beste Jahreszeit für Krankheiten und Epidemien, der man stets mit Furcht entgegensah, und Thomas war in den Dörfern, durch die er in den letzten Wochen geritten war, mit Eifer und Argwohn gleichermaßen betrachtet worden. Die Bauern suchten zwar seine Nähe nicht, doch sie wollten gleichzeitig die neusten Neuigkeiten von ihm erfahren. Hatte er Leichen am Straßenrand liegen sehen? Oder frisch ausgehobene Gräber? Hatte er Männern oder Frauen das letzte Geleit gegeben, deren Armbeugen oder Lenden von der Pest angeschwollen gewesen waren?
    All diese Fragen konnte Thomas verneinen. Manchmal gaben ihm die Bauern widerstrebend etwas zu essen, das sie ihm mit ausgestrecktem Arm reichten, für den Fall, dass er unwissentlich irgendeine Krankheit in sich trug, und hin und wieder gewährten sie ihm auch ein Obdach.
    Auf seiner Reise von Domremy nach Westen mied Thomas andere Reisende und zog es vor, allein zu bleiben. Er konnte sich mit dem, was von Marcels Gold übriggeblieben war, auf den Märkten in den Kleinstädten Proviant kaufen, und die Nächte waren warm und angenehm und luden dazu ein, nur in eine Decke gehüllt unter freiem Himmel zu schlafen.
    Thomas machte es nichts aus, größtenteils auf sich selbst gestellt zu sein. Er wusste, dass der Weg, der vor ihm lag, beschwerlich sein würde – und, den Worten des heiligen Michael zufolge, oft verwirrend –, doch er vertraute auf Gott und den Erzengel. Ihm und Jeannette würde es gelingen, die gesamte Christenheit von der dämonischen Seuche zu befreien und ihr ihre Frömmigkeit und Redlichkeit zurückzugeben. Thomas zweifelte nicht daran, dass er auf diesem Kreuzzug ein großer Streiter Gottes sein würde, ein Oberbefehlshaber einer kirchlichen oder weltlichen Armee, doch er fragte sich manchmal, welche Rolle Jeannette wohl spielen sollte. Vielleicht das Gewissen eines Königs? Sollte sie einem ruhmreichen Ritter aufmunternde und fromme Worte zuflüstern, damit er Thomas beistand? Was blieb einem einfachen Bauernmädchen schon übrig, als eine verdienstvolle Nonne zu werden?
    Thomas’ Weg lag nun deutlich vor ihm, wenn er auch sehr

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