Hüter der Macht
konnte.
»Wollt Ihr mich bestechen, dass ich Euch entkommen lasse?«, fragte Malavolti geradeheraus und seine Miene hatte plötzlich jede Freundlichkeit verloren.
»Natürlich nicht! Ich weiß, dass Ihr ein Mann von Ehre seid und dass Ihr Euch diese von niemandem abkaufen lasst«, betonte Cosimo schnell. »Ich möchte Euch nur angemessen dafür entlohnen, dass Ihr ein Wort für mich bei Bernardo Guadagni einlegt, damit er mich nicht länger wie einen gewöhnlichen Verbrecher behandelt. Ich erwarte, dass er zu seinem Wort steht und dass er mich endlich hier in meiner Zelle aufsucht und mich darüber unterrichtet, was genau man mir zur Last legt. Auch soll er dafür sorgen, dass ich Besuch empfangen kann und dass ich Papier und Schreibutensilien erhalte. Ich denke, das ist man mir schuldig nach all dem, was ich für die Kommune getan habe.«
Malavolti nickte. »Das scheint auch mir nur recht und billig zu sein, Ser Cosimo. Ich werde mit dem Gonfaloniere sprechen.«
Am nächsten Morgen führte der Hauptmann Bernardo Guadagnis persönlichen Diener zu ihm in die Zelle und zog sich sogleich diskret zurück. Es wurde ein langes Gespräch unter vier Augen, dem noch am selben Abend endlich der Besuch des Gonfaloniere folgte. Er brachte Papier und Schreibutensilien mit und war die Verlegenheit in Person.
»Wir sollten zu einer Übereinkunft kommen, mit der wir beide gut leben können«, schlug Cosimo sogleich vor.
»Ich höre«, sagte Bernardo Guadagni.
Cosimo redete nicht lange um den heißen Brei herum und kam schnell zu dem einzigen Punkt, der den Gonfaloniere wirklich interessierte. »Wie viel, Bernardo?«, fragte er knapp, während er zu Papier und Feder griff.
Der Gonfaloniere blinzelte nervös und sah zu Boden. Schließlich nannte er einen Preis.
»Einverstanden.« Cosimo ließ sich seine Verachtung für den Gonfaloniere nicht anmerken, als er ihm das Schriftstück übergab. »Schickt den Hauptmann zu mir. Ich habe einen Auftrag für ihn.«
Guadagni senkte den Kopf und eilte aus der Zelle. Wenig später kehrte Malavolti zurück.
»Der Gonfaloniere hat angeordnet, dass Ihr von jetzt an Besuch empfangen dürft. Er sagt, Ihr hättet einen Auftrag für mich, den ich so ausführen soll, wie Ihr es wünscht.«
»Ich möchte, dass Ihr gleich morgen früh einen meiner Vertrauten aufsucht und ihm ausrichtet, dass ich ihn dringend zu sprechen wünsche. Sein Name ist Sandro Fontana. Ich weiß allerdings nicht, wo er sich im Augenblick aufhält. Geht zu meiner Tavola am Mercato Nuovo und fragt dort nach einem gewissen Matteo Trofaldo. Das ist ein guter Freund von Sandro Fontana. Er wird wissen, wie er Verbindung zu ihm aufnehmen kann. Es eilt.«
Als Cosimo wieder allein in seiner Zelle war, trat er an das vergitterte Fenster und blickte hinaus in die beginnende Dunkelheit. Zum ersten Mal, seit man ihn im Glockenturm eingesperrt hatte, durfte er hoffen, dass Rinaldo degli Albizzis Komplott gegen ihn vielleicht doch noch scheiterte und er mit dem Leben davonkam. Aber es war nur eine vage Hoffnung, selbst wenn Bernardo Guadagni, dieser ehrlose, käufliche Gonfaloniere, diesmal ausnahmsweise zu seinem Wort stehen würde.
Denn in der Balia mit ihren zweihundert Mitgliedern war Guadagni nicht das alles entscheidende Zünglein an der Waage. Nein, auch wenn der seidene Faden, an dem Cosimos Leben hing, jetzt ein wenig stärker geworden war, so konnte er doch noch immer reißen und den Medici in den Tod stürzen lassen!
7
M it nacktem Oberkörper stand Sandro im Licht einer Kerze über eine große Waschschüssel gebeugt und kippte sich aus einem Steinkrug Wasser über den Kopf. Wie wohltuend es war, sich den Schweiß von der Haut waschen zu können! Er wünschte nur, das Wasser im Krug wäre kühl und nicht lauwarm. Obwohl es schon Abend war, lag noch immer eine brütende Hitze über der Stadt.
Endlich hatte er es zurück nach Florenz geschafft. Nachdem er Niccolò da Tolentino die Nachricht von Cosimo de’ Medici überbracht hatte, hatte er sich, wie mit Cosimo vereinbart, unverzüglich auf den Rückweg nach Cafaggiolo gemacht. Die letzten Tage waren Averardo und er damit beschäftigt gewesen, auf den Ländereien der Medici unter den Bauern eine Miliz auszuheben und zu bewaffnen. Denn die wenigen Landsknechte, die bei Tolentino zurzeit im Sold standen, würden nicht ausreichen, wenn es hart auf hart kam.
Erst danach hatte er sich auf den Weg nach Florenz gemacht. Gott sei Dank hatten die Torwachen ihn ungehindert
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