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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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aber auch ausgerechnet mitten in der Nacht niederkommen muss! Kann man denn nicht ein Mal seine verdiente Ruhe haben?«
    »Nun reg dich nicht gleich so auf, Alte!«, sagte die andere Wache grinsend und nickte seinem Kameraden zu. »Das hat alles seine Richtigkeit. Das ist Piera Tossa, unsere Hebamme. Die hat immer freien Zugang zu den Kerkergewölben.«
    Der andere brummte eine mürrische Erwiderung.
    Maffeo wandte sich an die Hebamme. »Seit wann hast du denn einen Gehilfen? Den hab ich ja noch nie hier gesehen.«
    »Bestimmt nicht, weil ich von euch Halsabschneidern so gut bezahlt werde!«, blaffte Piera Tossa. »Aber allmählich werde ich zu alt für dieses mies bezahlte Geschäft. Meine Knochen tun weh und ich kann meine Gerätschaften nicht mehr allein tragen.«
    »Und der da?« Maffeo deutete mit dem Kopf auf Sandro.
    Die Hebamme spuckte aus. »Was kann so einer denn schon im Gefängnis wollen? Das elende Weibsstück, das da zu guter Letzt noch einen Balg zur Welt bringt, scheint das Höllenfeuer mehr zu fürchten als den Strick und will die Beichte ablegen.« Sie neigte sich den Wachen zu. »Ob das noch was hilft bei der, darauf würde ich nicht einen lausigen Furz wetten.«
    Die Wachen lachten und ließen sie passieren.
    Sandro tat sein Bestes, um den Wachen würdevoll zuzunicken, als er an ihnen vorüberging. Dann atmete er tief durch. Die erste Hürde hatten sie erfolgreich genommen. Aber noch lag die zweite vor ihnen und die würde vielleicht nicht so leicht zu bewältigen sein.
    Vor der Wachstube trafen sie auf zwei ältere Wärter namens Nofrio und Giacomo, mit denen die Hebamme jedoch glücklicherweise auf gutem Fuß stand. Auch sie zeigten sich verwundert, dass Piera Tossa diesmal in Begleitung eines Gehilfen und eines Paters erschien. Aber genauso wenig wie ihre Kameraden schöpften sie Verdacht, als die Hebamme ihnen auf ihre ruppige Art erklärte, was es mit Jacopo und dem Mönch auf sich hatte. Doch ohne einen Blick in die Holzkiste wollten die Wärter sie nicht durchlassen.
    »Verdammt, was soll ich denn darin versteckt haben, Giacomo? Vielleicht den Heiligen Geist?«, maulte die Hebamme. »Da sind nur die Gerätschaften drin, die ich für eine Geburt brauche, falls der Balg nicht von selbst herausflutscht.«
    »Eine Flasche hast du ganz sicher auch da drin!«, spottete Giacomo. »Los, mach endlich die Kiste auf! Vorschrift ist Vorschrift, da gibt es keine Ausnahme, auch nicht bei dir, Piera.«
    »Mir soll’s egal sein, wenn eure Giftmischerin in der Zwischenzeit ihr Kind kriegt und dabei verblutet. Wär vielleicht gar nicht so schlecht, dann könnte ich nämlich gleich wieder zurück in mein warmes Bett«, knurrte die Hebamme verdrossen und stieß Jacopo an. »Worauf wartest du denn noch, du Schlafmütze? Hast du nicht gehört, dass du die Kiste aufmachen sollst?«
    Wortlos setzte Jacopo die Kiste ab und hob den Deckel.
    Giacomo beugte sich vor und wühlte in dem Durcheinander aus gebogenen Eisenstäben, unterarmlangen Zangen mit löffelartigen Enden, nierenförmigen Schalen, hölzernen Tiegeln und Dosen und alten, aber sauberen Tüchern herum. Auf der einen Schmalseite der Kiste ragten die Hälse von zwei verkorkten Weinflaschen hervor.
    Sandro hielt den Atem an. Jetzt durfte nichts schiefgehen.
    »Ha! Wusste ich es doch!«, sagte Giacomo vergnügt, nahm eine der Flaschen an sich und sagte spöttisch zu Nofrio: »Ich denke, die halten wir besser hier unter Verschluss, damit Piera nicht im Suff die Geburt verschläft!«
    »Gute Idee«, pflichtete Nofrio ihm grinsend bei.
    Die Hebamme schlug fluchend den Deckel zu. »Ihr verdammten Blutsauger! Ihr könnt froh sein, dass ich ein so weiches Herz habe und eure gemeine Schurkerei nicht dem Kerkermeister melde! Denn ich weiß jetzt schon, dass ich die Flasche nachher leer zurückkriege!«
    »Du und ein weiches Herz! Dass ich nicht lache! So dumm wirst du nicht sein, uns bei Vicenzo zu verpfeifen. Wenn du das tust, hast du hier im Gefängnis zum letzten Mal eine Geburt verpfuscht!«, sagte Giacomo warnend und rief dann über die Schulter: »He, Bartolo! Komm und schnapp dir den Schlüsselbund! Du hast die Ehre, die feine Gesellschaft nach unten zur Giftmörderin zu bringen!«
    Ein hagerer, einfältig dreinblickender junger Mann kam mit einem dicken Schlüsselbund und zwei Laternen aus der Wachstube. »Aber lasst mir was übrig«, sagte er und leckte sich über die Lippen, als er die Weinflaschen entdeckte.
    »Wirst schon deinen Anteil kriegen«, sagte

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