Hüter der Macht
Stunde durch einen Hausdiener mitteilen lassen, sodass ihm die schmale Manntür im Tor von einer dort wartenden Bediensteten geöffnet wurde, noch bevor er sie erreicht hatte. Er nickte ihr kurz zu und begab sich hinauf in das große Schlafgemach seiner Geliebten.
Maddalena erwartete ihn bereits. Sie war in ein Gewand gehüllt, das ihren sinnlichen Körper reizvoll betonte. Auf einem Tisch neben dem Bett standen eine große Schale mit frischem Obst sowie zwei Glaspokale und ein Krug Wein bereit.
»Du siehst heute recht müde aus, Cosimo«, begrüßte sie ihn und zupfte anscheinend gedankenlos an ihrem Gewand.
»Vielleicht wegen des Bankgeschäfts und weil ich mir wegen der politischen Lage den Kopf zerbreche, nicht jedoch wegen dir«, erwiderte er und lächelte zu ihr hinunter.
Sie streckte die Arme nach ihm aus und Cosimo wusste, dass sie ihm für die nächsten Stunden das Vergessen schenken würde, nach dem er sich, wenn die Sorgen zu drängend wurden, oft sehnte.
Später, als sein Verlangen gestillt war, lagen sie zusammen und Maddalena reichte ihm ein Glas Wein. Dann lenkte sie das Gespräch auf das, was sie seit einiger Zeit sehr beschäftigte, wie er wohl wusste.
»Carlo wird bald zehn, Cosimo«, begann sie vorsichtig.
Er nickte und sagte zwischen zwei Schlucken Wein: »Kaum zu glauben, wie schnell die Jahre vergehen.«
»Er macht sich gut und lernt rasch, wie ich von den Hauslehrern gehört habe, die du angestellt hast«, fuhr sie fort.
»Das tut er in der Tat. Er hat einen wachen Geist und übertrifft manchmal sogar Piero«, bestätigte Cosimo, der seinen illegitimen Sohn zusammen mit Piero und Giovanni in seinem Haus aufziehen ließ, was in der florentiner Gesellschaft gang und gäbe war. Uneheliche Sprösslinge waren kein Makel, der einen Schatten auf einen ehrbaren Namen warf. Fleischliche Verfehlungen dieser Art galten vielmehr als lässliche Sünden, von denen man sich durch die Beichte, das Lesen einiger Messen und vor allem durch wohltätige Werke für die Armen, Kranken und Waisen leicht reinwaschen konnte.
»Meinst du nicht, dass es langsam an der Zeit ist, Carlos Zukunft ins Auge zu fassen?«
Er nickte nachdenklich. »Du meinst seine Ausbildung zum Priester?«, fragte er.
Es war üblich, dass man uneheliche Kinder in ein Kloster gab und ihnen das Gelübde des Zölibats abverlangte. Das war ein weiteres allseits beliebtes Mittel, um irdische Verfehlungen zu sühnen.
»Bei deinem Einfluss und den großzügigen Schenkungen, mit denen du so viele Klöster bedenkst, sollte es später nicht allzu schwer sein, ihn zum Abt ernennen zu lassen und ihm ein einträgliches Leben zu sichern«, erwiderte Maddalena.
Er lachte. »Du siehst Carlo also schon als Abt! Aber warum auch nicht? Vielleicht ist eines Tages sogar ein Kardinalshut für ihn erreichbar. Er wäre dann auch wahrlich nicht der erste illegitime Sohn, der sich in Purpur kleiden kann. Und was für die Söhne päpstlicher Mätressen möglich ist, sollte für einen unehelichen Medici-Sprössling erst recht gelten. Nun, wir werden sehen, was die Zukunft an entsprechend günstigen Gelegenheiten bietet.«
»Dann wirst du das also in die Hand nehmen und hoffentlich schon bald?«, vergewisserte sich Maddalena voller Freude.
»Ja, das werde ich«, versprach er und stellte den Weinpokal zurück auf den Beistelltisch. »Aber jetzt habe ich anderes im Sinn als Carlo.« Er lächelte sie an und rückte näher zu ihr. »Wie du weißt, werde ich bald mit dem ganzen Tross nach Cafaggiolo aufbrechen. Das werden lange Wochen ohne dich.« Er seufzte und strich ihr über die Wange. »Eigentlich wäre es besser, noch in der Stadt zu bleiben, als dort draußen so weit ab vom Schuss zu sein. Denn wer weiß, was die Albizzi und ihre Verbündeten noch alles aushecken!«
»Sie werden genau wie ihr vor der Hitze und dem Gestank der Stadt hinaus aufs Land fliehen. Und jetzt vergiss gefälligst die Politik und all die neidvollen Feinde des Hauses Medici!«, sagte sie energisch. Ihre Hand glitt über seine Brust. »Sonst müsste ich annehmen, ich hätte meinen Zauber über dich verloren.«
»Kein Sorge, dein Zauber hat noch nichts von seiner betörenden Wirkung verloren«, versicherte er und ließ nun all seine Sorgen und Gedanken an die Widersacher des Hauses Medici fahren. Letzteren würde er sich mit der gebotenen Entschlossenheit und Härte widmen, wenn die dafür richtige Stunde gekommen war. Und sie würde kommen, dessen war er gewiss.
Während Cosimo sich
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