Hüter der Macht
nicht die Absicht, ihm das Oberkommando über unsere Söldnertruppen streitig zu machen. Ganz im Gegenteil! Wir werden dafür sorgen, dass wir Medici im Kriegsrat vertreten sind, und wir werden Rinaldos Ernennung zum Kriegskommissar unterstützen.«
Lorenz sah ihn fragend an.
Cosimo lächelte hintersinnig. »Wie du ja weißt, hat ein Kriegskommissar die Aufgabe, draußen im Feldlager bei unserem Söldnerhauptmann zu sein und darauf zu achten, dass er mit seinen Truppen die richtigen Entscheidungen fällt«, sagte er. »Und das bedeutet nichts anderes, als dass Albizzi für lange Zeit fern von Florenz sein wird und sich hier kaum noch in die Politik einmischen kann. Das verschafft uns einen großen Spielraum. Und wenn der Kriegsverlauf dann doch nicht den hoch gesteckten Erwartungen entspricht, die seine Partei im Volk geweckt hat, dann wird er das bitter zu spüren bekommen! Ich bezweifle noch immer, lieber Bruder, dass Lucca sich so leicht geschlagen gibt – und dass Mailand sich heraushält. Ganz abgesehen davon, dass unser Erzfeind Siena auch nicht untätig zusehen wird.«
Lorenzos Miene entspannte sich ein wenig, als er sah, worauf sein Bruder hinauswollte. »Aber dann wird Florenz ein ernsthaftes Problem bekommen«, wandte er ein.
»Richtig, aber das wird man dann nicht uns, sondern den Albizzi und ihren Parteigängern ankreiden. Wir müssen nur zur Stelle sein, wenn der Wind sich dreht und das Volk umzuschwenken beginnt.«
4
S andro konnte es im Überschwang seiner Gefühle nicht erwarten, dass der Sonntag kam und er Tessa davon erzählen konnte, dass sein Vorschlag bei den Medici nicht nur auf große Zustimmung gestoßen war, sondern dass er an diesen Vorsprechtagen eine gewichtige Rolle spielen würde. Am liebsten wäre er auf der Stelle in die Via San Gallo gelaufen und hätte versucht, sie aus dem Palazzo der Vasetti zu locken. Aber das versagte er sich, denn er wusste, dass dort täglich mit der Niederkunft ihrer Herrin gerechnet wurde, und er wollte Tessa keine Scherereien bereiten.
In der Zeit, die sie sich mittlerweile kannten, waren sie recht vertraut geworden. Zwar waren die Momente, die ihnen miteinander beschieden war, nach wie vor sehr kurz, aber Sandro staunte ein ums andere Mal, wie sehr er sich auf die Gespräche mit Tessa freute. Ihr Lob und ihre Anerkennung waren ihm sogar mehr wert, als wenn sie von Portinari kamen. Manchmal ertappte er sich dabei, wie er sich der Hoffnung hingab, dass mehr als Freundschaft daraus werden würde. Doch Tessa war und blieb eine Sklavin, mahnte er sich dann wieder zur Vernunft. Er sollte dankbar sein, sich mit dem zu begnügen, was ihm geschenkt worden war: eine Freundin, die ganz von selbst zu verstehen schien, welches Fieber ihn in seinem Leben vorwärtstrieb, und die ahnte, dass Sandro Fontana sich geschworen hatte, etwas in seinem Leben zu erreichen.
Als er vier Tage später endlich nach der Messe vor der Kirche von Santissima Annunziata mit Tessa zusammentraf, stutzte er. Das Mädchen sah bedrückt aus und so hielt er seine wunderbare Neuigkeit erst einmal zurück.
»Du wirkst niedergeschlagen«, sagte er vorsichtig. »Lastet etwas auf deiner Seele oder ist etwas mit deiner Herrin? Hat sie inzwischen ihr Kind bekommen?«
Tessa nickte. »Sie hat fest mit einem Sohn gerechnet, aber leider ist es ein Mädchen geworden und nun ist sie todunglücklich. Sie schließt sich in ihr Zimmer ein und weint den ganzen Tag lang. Nur ich darf noch ihr Gemach betreten. Sogar die Mahlzeiten lässt sie sich nach oben bringen. Und Lionetto Vasetti läuft mit finsterer Miene durchs Haus und denkt nicht daran, ihr ein wenig Trost zu schenken, ganz im Gegenteil.«
»Was ist denn gegen Mädchen einzuwenden?«, fragte Sandro scherzhaft. »Ich mag Mädchen und eines ganz besonders.«
Eine leichte Röte färbte Tessas Wangen. Sie lächelte, doch rasch wurde ihre Miene wieder ernst. »Stell dir vor, Fiametta hat ihre Tochter nicht einmal sehen, geschweige denn stillen wollen. Sie hat es sofort zur Amme aufs Land geschickt, wo es die ersten Jahre bleiben wird. Ich weiß, das wird mit den Söhnen auch so gemacht. Aber dass sie ihr Kind nicht wenigstens ein paar Tage bei sich behalten hat, verstehe ich nicht. Manchmal wünschte ich, ich könnte sie schütteln und ihr einmal gehörig die Meinung sagen. Aber das würde mich teuer zu stehen kommen, so unleidlich, wie sie mal wieder ist!«
»Es tut mir leid, dass du es so schwer bei ihr hast«, sagte Sandro mitfühlend.
Sie
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