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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
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ihr immer schwerer vor, und die Riemen des Rucksacks schnitten in ihre Schulter. Endlich blieb Sophia vor einem Haus stehen. Rundherum lief eine bröcklige Mauer, auf der ein schmiedeeiserner Zaun saß. Mindestens sieben Nachbarhäuser grenzten direkt daran.
    „Hier wohne ich“, erklärte Sophia strahlend. Sie zog einen Schlüssel hervor und öffnete das Tor. Quietschend drehte es sich in den Angeln. Emily zuckte zusammen. Aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, dass es besser wäre, nicht allzu viel Lärm zu machen. Hastig ging sie hinter ihrer Großtante durch den Garten.
    Sophia Rubinstern stand an einem windschiefen Briefkasten. Mitten im Gemüsegarten baumelte eine Vogelscheuche von einer Bohnenstange und schaukelte im Wind hin und her. Im Halbdunkel sah sie ziemlich gruselig aus und fast ein bisschen lebendig.
    „Hm, wo habe ich ihn …“, murmelte Sophia, während sie unter der Fußmatte nachschaute, Blumentöpfe umdrehte und in Mauernischen tastete.
    „Ich verstecke den Hausschlüssel immer an einem anderen Ort“, erklärte sie. „Aber ich kann mich gerade nicht erinnern, wo ich ihn diesmal hingetan habe.“
    „Oh.“ Emily dachte unbehaglich darüber nach, wo sie wohl die Nacht verbringen würde, wenn ihre Großtante den Schlüssel nicht fand. Sie stellte Koffer und Rucksack hin und half beim Suchen.
    „Jetzt fällt es mir wieder ein“, rief Sophia auf einmal. „Ich habe ihn im Blumenbeet vergraben.“
    Emily sah sich um. Das Blumenbeet war riesig.
    „Und wo da genau?“, fragte sie stirnrunzelnd.
    „Ach, wir graben einfach mal. Wir werden ihn schon finden“, erwiderte Sophia zuversichtlich. Sie kniete sich hin und begann, die Erde neben einer Reihe kleiner blauer Blumen wegzubuddeln. Emily starrte sie an. Dann seufzte sie, ging zum Ende eines Beetes und begann ebenfalls zu graben. Hoffentlich lag der Schlüssel nicht allzu tief.
    Wenig später gluckste ihre Großtante erfreut und holte etwas aus der Erde.
    „Hast du ihn?“, fragte Emily hoffnungsvoll und richtete sich auf.
    „Den Schlüssel nicht, aber meine Taschenuhr“, antwortete Sophia. „Hm, sie ist etwas angerostet…“
    Emily zog es vor, nicht danach zu fragen, warum Sophia eine Taschenuhr im Blumenbeet vergraben hatte.
    Wahrscheinlich hätten sie die ganze Nacht lang gesucht, wenn nicht irgendwann Amy aus dem Rucksack geklettert und schnurstracks zu einer Gruppe gepunkteter Blumen gelaufen wäre. Sie scharrte mit den Vorderpfoten die Erde weg und miaute gelangweilt in Emilys Richtung, als der Schlüssel darunter zum Vorschein kam.
    „Gut gemacht, Amy“, murmelte Emily und schaute besorgt zu ihrer Großtante. Was würde sie zu der Katze sagen?
    „Ach, ein kluges Tier hast du“, freute Sophia sich, klaubte den Schlüssel aus der Kuhle und schüttelte Erdkrümel davon weg. „Wie heißt sie?“
    „Amethyst, oder Amy“, stellte Emily sie erleichtert vor. Viel schien ihre Großtante nicht gegen die Katze zu haben.
    Amethyst wartete nicht darauf, dass Sophia endlich die Tür öffnete. Mit erhobenem Schwanz stolzierte sie an ihr vorbei und entschwand durch eine Katzenklappe im Innern des Hauses. Sophia hatte wohl auch eine Katze, dachte Emily. Hoffentlich würden Amy und sie sich gut verstehen.
    Sie hob Koffer und Rucksack hoch und folgte ihrer Großtante durch die Tür, doch bereits im Flur blieb sie überrascht wieder stehen.
    Das war kein Wohnhaus.
    Das war eine weitere Bibliothek! Tausende von Büchern standen in Regalen, waren in kühnen Stapeln an den Wänden entlang aufgeschichtet, begruben Tischchen und Stühle unter sich und bedeckten die Garderobe, auf der sich weder für Jacken noch Schuhe Platz fand. Sogar von der Decke baumelten Bücher, und über allem lag der behagliche Schein der Kerzen, die in Laternen leuchteten. Emily ging von einem Raum zum nächsten, und überall bot sich das gleiche Bild: Jede kleinste Ecke, war mit Büchern vollgestopft. Auf den breiten Fenstersimsen stapelten sie sich meterhoch, so dass wohl niemals auch nur ein einziger Sonnenstrahl den Weg ins Haus fand.
    „Kommst du ins Wohnzimmer?“, rief Sophia.
    Emily irrte eine Weile durchs Erdgeschoss, bis sie das richtige Zimmer fand. Sophia war gerade dabei, zwei Stühle und ein Stückchen eines Esstischs von Büchern zu befreien. Im Kamin knisterte ein gemütliches Feuer.
    „Hast du Hunger?“, fragte Sophia.
    Erst jetzt fiel Emily auf, wie lange sie schon nichts mehr gegessen hatte. Sie nickte.
    „Ich hole uns etwas“, meinte Sophia

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