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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
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werden.
    Schließlich blieb die Kutsche stehen.
    „Von hier an geht es zu Fuß weiter“, sagte der Mann. Crispin stieg aus und sah, dass sie am Rande eines Moors angehalten hatten. Er folgte dem Mann zwischen Bäumen und Sträuchern hindurch. Nach einer Weile erblickte er einen winzigen Bahnhof auf einem gepflasterten Platz, der von Gaslampen gesäumt war. Auf dem Schild am Backsteingebäude stand Straßenbahn nach Arcanastra. Schienen kamen aus dem Moor, liefen einmal um den Platz und verschwanden dann wieder zwischen den Bäumen.
    Nun denn“, sagte der Mann. „Von hier an kommst du bestimmt alleine zurecht. Da, gib das den Pferden als Fahrkarte.“
    Er drückte Crispin einige kleine Äpfel in die Hände. Dann tippte er sich an die Hutkrempe, drehte sich um und verließ das Moor. Crispin schaute ihm nach.
    Bald darauf hörte er in der Ferne ein Quietschen und Rumpeln, das rasch näher kam. Dann tauchte eine Bahn auf, die von blinden Pferden gezogen wurde. Ungeduldig stupsten sie Crispin an, und er streckte ihnen hastig die Äpfel hin.
    Kaum war er in den Wagen gestiegen, zogen die Pferde an. Crispin war der einzige Fahrgast. Durch die Fenster betrachtete er das Moor, das vorüberzog. Tagsüber war es wunderschön, voller blühender Pflanzen, Libellen und Bienen. Trotzdem konnte Crispin sich vorstellen, wie unheimlich es hier mitten in der Nacht sein mochte. Er umklammerte den steinernen Anhänger, den er noch immer um den Hals trug.
    Zwischen den Bäumen tauchte eine riesige Stadtmauer auf. Die Bahn fuhr durch das Tor und hielt auf einem weiteren winzigen Bahnhof. Mit klopfendem Herzen stieg Crispin aus. Er schaute sich um und versuchte zu begreifen, dass seine Träume wahr geworden waren: Er hatte Arcanastra betreten, und in dieser Stadt würde er von nun an leben. Hier würde er hingehören.
    Erst jetzt bemerkte er, dass drei Menschen auf dem Bahnhof standen und ihn stumm beobachteten. Eine der beiden Frauen trug ein seltsam geblümtes Kleid mit passendem Hut, die andere hatte einen stechenden Blick, und der Mann in Hemd und Weste wirkte sehr kühl. Auf dem Kopf trug er einen Zylinderhut, und er stützte sich auf einen Gehstock.
    „Du bist also Crispin Caligo?“, fragte die Frau mit dem durchdringenden Blick. Crispin nickte nervös. Die drei Erwachsenen schauten sich an. Crispin konnte an ihren Mienen nicht ablesen, was sie dachten. Schließlich ergriff der kühl wirkende Mann das Wort.
    „Nun denn – willkommen in Arcanastra, Crispin.“
    Und Crispin hatte das Gefühl, endlich nach Hause gekommen zu sein.

Epilog
    „So, hier wären wir“, sagte Sophia. Vor einer Mauer blieb sie stehen. Verwirrt starrte Emily darauf.
    „Und was soll hier sein?“, fragte sie vorsichtig. Sie hatte noch immer keine Ahnung, warum Sophia mit ihr in die Ringstadt gefahren war und sie in diese kleine Gasse geführt hatte.
    „Die Tür natürlich.“ Sophia drückte sacht gegen die Mauer, und im nächsten Augenblick schwang eine Tür auf. Emily hätte geschworen, dass sie vorher noch nicht dort gewesen war.
    „Nach dir“, sagte Sophia. Emily zögerte. Dann holte sie tief Luft und trat durch die Tür, direkt in ein belebtes Kaffeehaus.
    Es war sehr schön eingerichtet. Mosaiktischchen mit verschnörkelten Beinen standen dort, es gab Blumen, Spitzendeckchen und vergoldete Kronleuchter. Trotz der vielen Gäste schien der Wirt hinter der Theke ein Schläfchen zu halten. Jedenfalls schnarchte er ziemlich laut und bemerkte nicht, dass sein Haustier – eine junge Henne – alle Kuchenstücke in der Auslage anpickte.
    „Emily“, rief in diesem Moment jemand. Emilys Herz schlug schneller. Das konnte doch nicht sein…
    Doch im nächsten Moment stürzten ihre Eltern auf sie zu und strahlten sie an. Ihr Vater umarmte sie, und ihre Mutter umarmte sie beide. Emily begriff überhaupt nichts. Wie waren die beiden hierhergekommen, mitten in die Ringstadt?
    Ihre Eltern schienen nicht vorzuhaben, sie je wieder loszulassen. Wahrscheinlich wäre Emily irgendwann in ihrer Umarmung erstickt, wenn das Huhn sie nicht gerettet hätte.
    „Hilda“, rief der Wirt vorwurfsvoll. Das Huhn hatte seine Nase für ein Kuchenstück gehalten und kräftig hinein gepickt. Als der Wirt erwacht war, hatte er die Bescherung entdeckt. Jetzt jagte er das Huhn quer durch das Kaffeehaus. Hilda floh gackernd über die Tische, landete mehrmals in einer Kaffeetasse und hinterließ im ganzen Raum Federn.
    „Verzeihung… Sie müssen entschuldigen…“, murmelte der

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