Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
Vom Netzwerk:
Käfige.
    „Komm ruhig rein“, rief er.
    Emily trat durch das Tor und ging zu dem Käfig.
    „Du willst dir bestimmt den Schieferstachler anschauen“, meinte der Hüter und stützte sich auf die Schaufel.
    Emily nickte. „Ja, deshalb bin ich hergekommen.“
    „Der ist momentan sowieso das einzige Tier, das sich in einem oberirdischen Käfig befindet“, erzählte der Hüter. „Eigentlich ist er zu gefährlich dafür, aber in den unterirdischen Käfigen brüllt und faucht er den ganzen Tag. Du findest ihn dort vorne.“
    Emily ging in die Richtung, in die er zeigte. Vorsichtig näherte sie sich dem Käfig. Er war so groß, dass sogar Bäume in ihm wuchsen. Auf einer Seite befand sich ein Fels mit einer Höhle. Offensichtlich war der Schieferstachler gerade dort drin, denn Emily konnte ihn sonst nirgends entdecken.
    Sie wartete eine Weile, doch nichts geschah. Vielleicht wusste der Hüter, wie man den Schieferstachler aus der Höhle locken konnte? Sie schaute sich um. Der Hüter hatte seine Arbeit aber mittlerweile erledigt und war verschwunden. Emily befand sich allein auf dem Gelände.
    Enttäuscht kickte sie einige Steine vom Weg in den Käfig und wollte gerade wieder gehen, als ein durchdringendes Brüllen ertönte. Erschrocken wich Emily einige Schritte zurück, bis sie gegen den leeren Käfig auf der anderen Seite des Weges stieß. Und als der Schieferstachler mit einem riesigen Satz aus seiner Höhle sprang, wäre sie gerne noch viel weiter zurückgewichen.
    Das Wesen sah aus wie eine Raubkatze, doch es war doppelt so groß wie ein Pferd und schiefergrau. Den Rücken und den Schwanz bedeckte eine Reihe furchterregender Stacheln, die das Tier jetzt drohend aufstellte. Es fixierte Emily, sprang los und prallte mit voller Wucht gegen die Gitterstäbe seines Käfigs. Das Metall dröhnte.
    Und Emily rannte los, so schnell sie konnte. Erst auf der Straße blieb sie keuchend stehen. Das wütende Fauchen und Brüllen des Tieres war noch immer zu hören.
    „Meine Güte“, murmelte Emily.
    Wenigstens wusste sie jetzt, was ein Schieferstachler war.
    Sie entschied, für den Rest des Tages in den Büchern zu lesen. Das war bestimmt sicherer als der Besuch im Bestiarium. Sie fuhr zur Stadtmitte. Dort trat sie durch das Tor und durchquerte eines der Gebäude vor der Bibliothek, in dem sich die Auditorien befanden. In diesen Räumen hielten die Hüter verschiedene Versammlungen ab. Als Emily an einem von ihnen vorüberkam, öffnete sich gerade die Tür, und mehrere Hüter strömten heraus. Sie sahen alle sehr gelehrt und klug aus, wie Mr. Shaddock, der ebenfalls unter ihnen war. Er nickte Emily knapp zu, als er an ihr vorüber schritt.
    Emily saß so lange in der Bibliothek, bis die Sonne untergegangen war. Die Schrift des Buches, in dem sie gerade las, war ungewohnt und voller Schnörkel. Emily musste sich ziemlich konzentrieren. Das Werk handelte von verschiedenen Heilmitteln, die man aus Pflanzen herstellen konnte. Es gab zahlreiche Abbildungen, doch Emily hatte die meisten der Pflanzen noch nie gesehen. Eine davon erkannte sie allerdings, nämlich die gepunktete Blume, die auch in Sophias Garten wuchs. Man konnte aus ihr eine Salbe herstellen. Diese half gegen Verletzungen durch verschiedenste seltsame Wesen.
    Irgendwann tauchte Finn auf.
    „Interessant?“, fragte er. Emily nickte, ohne aufzusehen. Das Buch war einfach zu spannend.
    „Emma“, seufzte Finn und ließ sich neben Emily auf die Bank sinken. „Irgendwann werde ich noch wahnsinnig wegen ihr. Wahrscheinlich spätestens morgen. Ich hoffe, sie hat nicht gesehen, dass ich in die Bibliothek gekommen bin.“
    Er schaute sich misstrauisch um. Von Emma war aber weit und breit nichts zu sehen.
    „Liest du noch lange, oder gehen wir?“, fragte er.
    „Gleich“, murmelte Emily. „Nur noch eine Seite.“
    Sie las den Abschnitt zu Ende. Gerade wollte sie das Buch zuklappen, als es geschah.
    „Oh“, sagte Emily verdutzt.
    Es fühlte sich seltsam an. In ihrem ganzen Körper kribbelte es, als würden tausend Ameisen durch ihre Venen sausen. Emily begriff nicht, warum es geschah… aber sie verstand, dass das Buch sich nach ihr ausstreckte und in ihr etwas zu verändern begann. Erschrocken schlug sie es zu. Im nächsten Moment war es, als ob eine unsichtbare Verbindung durchtrennt worden wäre. Hastig schob Emily das Buch zurück ins Regal und trat einen Schritt zurück. Erst jetzt bemerkte sie den Stern, der sich auf seinem Rücken befand.
    „Was hast du?“,

Weitere Kostenlose Bücher