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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
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vorangehen.
    Mit der Bahn erreichten sie die Stadtmitte ziemlich schnell. Wieder standen sie vor der Mauer mit dem Tor, das von zwei Wächtern flankiert wurde, wieder durchquerten sie das verwinkelte Gebäude und den Wald der Silberbuchen und betraten dann die Bibliothek.
    Sophia zeigte auf einen Korridor, der direkt hinter dem Eingangstor begann.
    „Hier entlang“, sagte sie munter. Emily rückte dichter auf. Der Korridor wirkte ziemlich unheimlich. Das Licht der Kerzen flackerte über uralte Gemälde, in dunklen Ecken zitterten Schatten, und durch die leeren Fensterchen in den Wänden sah Emily in weitere düstere Räume.
    Ihr schien es, als wären sie ewig lange unterwegs. Der Bibliotheksturm war noch riesiger, als sie geglaubt hatte. Endlich aber endete der Korridor in einem großen Raum. Emily fühlte sich wie im Bauch eines gewaltigen Tieres.
    „Das Herz der Bibliothek“, sagte Sophia andächtig.
    An einem Ende des Raumes befand sich ein steinerner Bogen. Wie das Eingangstor der Bibliothek war er verziert mit Drachenköpfen, Schlangen, seltsamen Pflanzen und Mustern. Eigentlich hätte man durch den Bogen die Rückwand des Raumes sehen müssen, doch er war mit einer schwarz schimmernden Substanz ausgefüllt. Vorsichtig trat Emily näher.
    „Kann man da durchgehen?“
    Sophia nickte. „Der Bogen führt in eine weitere Bibliothek mit sehr mächtigen Büchern, in die unterirdische Bibliothek. Nur Bibliothekare – also ich zum Beispiel – können dorthin gelangen. Wenn jemand anders mit dieser Absicht durch den Bogen geht, verirrt er sich im endlosen Zwischenraum und geht verloren. Du hältst dich also besser davon fern.“ Sophia trat zu einer kleinen Nische. „Und hier ist das Buch der Auserwählten.“
    Auf einem hölzernen Gestell lag ein dickes aufgeschlagenes Buch. Neugierig überflog Emily die Namensliste, die auf die linke Seite geschrieben war. Es musste in Arcanastra ziemlich viele Kinder geben, überlegte sie.
    „Siehst du“, meinte Sophia. „Du bist in guter Gesellschaft… alle diese Kinder sind zum ersten Mal hier in Arcanastra. Einige kommen von so weit her, dass sie noch nie in ihrem Leben eine Mechanik oder ein Luftschiff gesehen haben. Andere haben noch nicht einmal in einer Stadt gelebt. Und manche von ihnen wollten zuerst gar nicht herkommen, obwohl sie ausgewählt wurden.“
    Das Mädchen aus der Straßenbahn gehörte bestimmt dazu, dachte Emily. Es hatte jedenfalls nicht gerade so ausgesehen, als würde es sich auf die Stadt freuen. Sie suchte in der Liste weiter… und entdeckte tatsächlich ihren eigenen Namen.
    „Es stimmt“, murmelte sie.
    „Aber natürlich stimmt es“, nickte Sophia heiter. „Du wirst übrigens zu den Buchbindern gehören, wie alle aus unserer Familie.“
    „Aber ich dachte, du bist Bibliothekarin?“, fragte Emily.
    „Jeder Bibliothekar war zuerst Buchbinder“, erklärte Sophia. Eine Weile blätterte sie im Buch der Auserwählten. Manchmal legte sie einen Finger auf einen Namen, und jedes Mal las Emily dort Rubinstern.
    „Die Tradition der Buchbinder in unserer Familie ist sehr lang“, sagte Sophia. „Manche übten diesen Beruf in Arcanastra aus – andere drüben. Auch dein Vater beschäftigt sich mit dieser Kunst, nicht wahr?“
    Emily nickte. „Er hat mir auch schon ziemlich viel darüber beigebracht.“
    „Und es wird dir hier von Nutzen sein“, meinte Sophia. Sie blätterte weiter durch das Buch.
    „Einige dieser Rubinsterns leben noch“, erklärte sie. „Doch keiner von ihnen wohnt in Arcanastra.“
    „Wo steht eigentlich Andris Name?“, fragte Emily.
    Sophia schüttelte den Kopf. „Nicht in diesem Buch.“
    „Aber…“, begann Emily.
    „Seine Geschichte liegt im Dunkeln“, erklärte Sophia. „Was ihm hier genau passiert ist, weiß keiner… nur, dass von da an immer wieder Rubinsterns als Hüter ausgewählt wurden.“
    Emily sah sie erstaunt an. „Du meinst, Andri war selbst gar kein Hüter?“
    „Vielleicht war er einer, vielleicht auch nicht“, erwiderte Sophia. Sie blätterte wieder zur Seite zurück, auf der Emilys Name stand.
    „Und was tun Buchbinder genau?“, fragte Emily.
    „Oh, sie kümmern sich natürlich um all die Bücher der Bibliothek“, meinte Sophia abwesend. Wieder musterte sie die Namensliste. „Aber das werden dir Madame Foucault und Signor Montague nächste Woche genauer erklären. Bis dahin kannst du dir ein bisschen die Stadt und die Bibliothek anschauen. Doch ich muss dich warnen: Lies besser in

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