Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
die Leiche draußen lag, hatte auch niemand der Galerie allzu viel Beachtung geschenkt.
Draußen vor der Galerie hatte sich eine Menschenmenge versammelt. Die Schaulustigen liefen an der Absperrung entlang und redeten alle gleichzeitig. Stefan war dankbar für den dichten Nebel, der sich nicht gelichtet hatte, sondern sogar noch schlimmer zu werden schien. Inez winkte Blythe durch die Menge zu sich und machte dem Wachposten an der Tür klar, sie könne hereinkommen, da die Polizei jetzt mit der Vernehmung der Zeugen fertig war.
Stefan konnte sehen, dass Inez und Frank erschöpft wirkten. Er gab Judith ein Zeichen und wies sie auf das Paar hin, als Blythe beide umarmte.
Judith reagierte augenblicklich. »Wir haben alle unsere Aussagen gemacht. Könnten Sie die Galerie räumen und uns eine Erholungspause gönnen?«, fragte sie den Beamten an der Tür.
Er nickte und schickte alle hinaus, trat in den Wintergarten, schloss die Tür hinter sich und schnitt sie damit nachhaltig von dem Chaos und dem Lärm auf der Straße ab.
»Mr. Vincent«, sagte Inez und wandte sich an ihn. »Ich danke Ihnen. Wenn Sie nicht gewesen wären, wären wir jetzt wahrscheinlich alle tot. Ich kann immer noch nicht glauben, dass Sie so rasch reagiert haben.«
Er tat es mit einem Achselzucken ab und nahm behutsam ihren Arm. »Sie sind verletzt, Inez. Sie sollten sich von den Sanitätern untersuchen lassen.«
»Ich bin alt«, sagte sie mit einem matten Lächeln. »Da lässt die Sprungkraft nach. Es sind nur blaue Flecken, weiter nichts.«
Blythe reichte Stefan ein Paket. »Hannah, die Frau von Jonas, hat mich angerufen und mir berichtet, was passiert ist. Sie hat vorgeschlagen, ich sollte Ihnen etwas zum Anziehen mitbringen. Jonas haben sie die Uniform und alles andere abgenommen und er ist im Krankenhaus. Wenn ein Beamter an einem Mord beteiligt ist, nehmen sie ihm immer Blut ab …«
»An einem Mord? «, protestierte Inez. »Jonas hatte gar keine andere Wahl. Dieser Mann hat versucht, Mr. Vincent zu töten. Er hätte uns alle getötet. Jonas blieb gar nichts anderes übrig.«
Blythe umarmte sie. »Jonas wird nichts passieren. Das ist reine Routine, wenn jemand auf diese Weise getötet wird, sei es durch einen Polizeibeamten oder durch jemand anderen. Der Fall wird untersucht, die Aussagen von Ihnen liegen vor und Jonas hat nichts zu befürchten. Machen Sie sich um ihn keine Sorgen, Inez. Hannah macht sich genug Sorgen für uns alle. Vielleicht schauen Sie später mal nach ihr, nur um zu sehen, wie es ihr geht.«
»Ja. Ja, das ist eine gute Idee«, stimmte Inez ihr zu. Ihre Schultern sackten herab und sie ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Das war ein ganz furchtbarer Tag. Erst hat ein Vandale in der Galerie gewütet und dann hat dieser grässliche Mann versucht uns zu töten.« Sie sah sich mit einem besorgten Gesichtsausdruck im Raum um. »Wenn er Bills Sachen hatte und an seinem Platz geschlafen hat, wo ist dann Bill?«
Stille trat ein. Blythe seufzte. »Es tut mir so leid, Inez. Ich weiß, dass Sie mit Bill zur Schule gegangen sind.«
»Er war wirklich ein anständiger Kerl. Der Krieg hat ihn kaputt gemacht, das ist alles«, sagte Inez. »Er hat hierher gehört. Wir haben uns alle um ihn gekümmert. Ich verstehe das nicht. Weshalb sollte dieser Mann Bill etwas antun und dann seinen Platz einnehmen wollen?«
»Möglicherweise werden wir darauf nie eine Antwort bekommen«, sagte Blythe.
Stefan ging mit den Kleidungsstücken, die Blythe ihm mitgebracht hatte, nach hinten und zog sich um. Er hielt sich keineswegs für eitel, aber ein Papieroverall flößte ihm nicht gerade großes Vertrauen ein, was dessen Haltbarkeit betraf. Ihn tröstete nur der Gedanke, dass auch Jonas Harrington die Demütigung erleiden musste, ein solches Kleidungsstück zu tragen.
Judith hatte sich die meiste Zeit auf der anderen Seite des Raums aufgehalten, doch er konnte ihr das Bedürfnis ansehen, in seinen Armen gehalten und von ihm getröstet zu werden, selbst wenn es ihr nicht bewusst war. Er konnte nicht zu ihr gehen, solange er von Kopf bis Fuß mit dem Blut eines anderen Mannes besudelt war, und daher war er sehr dankbar für die kleine Duschkabine, die jemand vor Jahren eingebaut hatte. Sie funktionierte zwar nicht besonders gut, denn der Wasserdruck war niedrig und das Wasser kam abwechselnd glühend heiß und eiskalt heraus, doch er lernte schnell, wie er damit umgehen konnte.
Er warf einen Blick in den Spiegel. Verdammt noch mal. Er war müde
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