Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
Schreibtisch durchwühlt. Von Kunst hat er nichts verstanden, denn sonst hätte er Ihre wertvollsten Stücke mitgenommen.«
Er konnte fühlen, dass Judith verzweifelt versuchte, ihre Fassung wiederzufinden. Jean-Claude war ein Ungeheuer aus ihrer Vergangenheit, und im Lauf der letzten fünf Jahre hatte er sich zu einem solchen Dämon ausgewachsen, dass Stefan nicht sicher war, ob Judith ihn noch realistisch einschätzen konnte.
»Judith.« Blythes Stimme hatte einen betont ruhigen Klang angenommen und schnitt sich durch den immensen Kummer und das blanke Entsetzen. »Es gibt nichts, was wir gemeinsam nicht durchstehen können. Wir sind stärker als die Vergangenheit von jeder von uns. Wir alle zusammen. Thomas ist bei dir und Levi ebenfalls. Wovor auch immer du dich fürchtest – diesmal bist du nicht allein.«
Stefan fühlte sich alarmiert. Blythe. Sie war noch geheimnisvoller als die anderen Frauen. Bei ihr steckte noch viel mehr dahinter als das, was sie zu sein schien. Man brauchte große Kraft und Selbstbeherrschung, um die Woge emotionaler Energien zu durchdringen, die Judith abstrahlte. Die Reaktionen von Frank und Inez hatten ihre Gefühle noch verstärkt. Er fühlte Kraft, die in Wellen auf ihn zukam, auf ihn einschlug wie das Meer und unablässig und erbarmungslos auf seine Gefühle eindrosch. Es gelang ihm, nicht darin unterzugehen und gleichzeitig die anderen im Raum abzuschirmen, doch Blythe blieb unversehrt von den Wogen der Kraft, obwohl sie Judiths Einfluss deutlich spürte.
»Vielleicht war es ein Jugendlicher«, wagte sich Inez vor. Sie versuchte offensichtlich, Judith zu besänftigen, doch ihre Hände zitterten. »Die meisten von ihnen kenne ich und mir fällt auf Anhieb keiner ein, der den Wunsch haben könnte, Frank oder mir zu schaden, aber vielleicht musste ich mal bei einem oder zweien einen strengen Ton anschlagen, wenn sie während ihrer Mittagspause in das Lebensmittelgeschäft gekommen sind. Sie versuchen nicht zu stehlen, das Problem hatte ich nie, aber sie rauchen Pot und sie riechen danach.«
»Wer auch immer es war«, sagte Stefan mit fester Stimme, »hat nichts Wertvolles mitgenommen, und wenn ich Judith jetzt nach Hause bringe, kann sie den Schaden reparieren, bevor die Farbe Sprünge bekommt.« Er hielt Blythe die Wagenschlüssel hin. »Ich wüsste es sehr zu schätzen, wenn Sie Judiths Wagen holen und dann ihren Schwestern versichern würden, dass es ihr gut geht, dass sie sich jedoch gleich an die Arbeit machen muss.«
Blythe sah ihm über Judiths Schulter hinweg in die Augen. Sie streckte die Hand so langsam nach den Schlüsseln aus, als hätte sie sich noch keine endgültige Meinung über ihn gebildet. »Danke, dass Sie Judith, Inez und Frank gerettet haben«, sagte sie leise, als sie die Schlüssel nahm. »Alle sagen, wenn Sie nicht gewesen wären, hätte dieser Killer sie wahrscheinlich allesamt erschossen.«
»Ich weiß nicht, ob das stimmt, Blythe«, erwiderte Stefan mit ebenso leiser Stimme in einem beruhigenden Tonfall. Judith gelang es bereits, ihre Emotionen von den anderen zurückzuziehen. »Aber ich kann Ihnen versichern, dass nichts Judith etwas anhaben wird, solange ich in ihrer Nähe bin.«
Blythe nickte. »Es ist gut, das zu wissen. Sie wird von uns allen sehr geliebt.«
»Das kann ich deutlich sehen.« Er schlang seine Arme fester um Judith und seine Eingeweide schnürten sich enger zusammen.
Er wollte unter gar keinen Umständen mit ihr über Jean-Claude La Roux reden müssen. Es würde sehr schwierig sein, ihr zu erklären, dass er nicht nur nach Sea Haven gekommen war, um seinen Bruder zu warnen. Die Unterlassungssünde blähte sich inzwischen gewaltig auf und ihm blieb nur noch die Wahrheit. Er ließ seinen Kopf auf ihren sinken und seine Gedanken überschlugen sich. Er war in seiner beruflichen Laufbahn schon eine Million Mal in die Enge getrieben worden. Es war um Leben und Tod gegangen, töten oder getötet werden. Das war das Leben, das er kannte. Aber das hier … das hier war etwas vollkommen anderes.
Für ihn war es indiskutabel, Judith zu verlieren, und er hatte das Gefühl, hier handelte es sich um eines der sehr wichtigen Dinge in Beziehungen, die er gerade erst zu verstehen begann. Judith vertraute ihm. Sie glaubte an ihn und sie hatte ihm jede Gelegenheit zu einer Enthüllung gegeben.
Wir kriegen das hin, moj padschij angel. Ich gehe nicht fort von hier, denn du gehörst mir. Er wusste, dass seine gemurmelten Beteuerungen mehr ihm
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