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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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genauer!« Lissi lachte hell.
    »Na ja, wie Wiesenschaumkraut, bloß viel größer. Grad so am Verblühen.«
    Lissi überlegte, dann huschte ein Lächeln über ihre Lippen. »Du hast Bekanntschaft mit einer Herkulesstaude gemacht, besser bekannt als Riesen-Bärenklau. Ist zwar für einen Doldenblütler ziemlich spät, aber auf der Höhe kann das schon sein. Wo der wohl herkommt?«
    »Wo soll der herkommen? Aus dem Boden? Aus dem Samen?«
    Lissi lachte. »Ich sehe schon, ich spreche mit einer komplett Damischen. Würdest du ab und zu mal bei den Landfrauen mitgehen, dann hättest du kürzlich einen interessanten Vortrag hören können: Neophyten und deren Schaden.«
    »Neo… wer?«
    »Neophyten sind eingeschleppte Pflanzen, die eigentlich von ganz woanders stammen, sich aber ziemlich explosionsartig ausbreiten können. Die Herkulesstaude zum Beispiel war mal im Kaukasus ansässig und wurde in Europa als Zierpflanze angesät. Über Wind, Tiere, Menschen werden die Samen verschleppt – und ruckzuck hast du solche Neophyten überall. Der Hausberg ist zwar ein seltsamer Platz, aber wenn da der Boden Stickstoff enthält und nicht allzu sauer ist, wächst das Zeug wie Hölle.« Lissi klang wie eine Oberlehrerin.
    »Und davon kriegt man so einen Ausschlag?«
    »Der Riesen-Bärenklau ist ein ganz schön giftiges Kerlchen. Er enthält photosensibilisierende Substanzen, die in Verbindung mit Sonne Symptome wie Verbrennungen hervorrufen. Die giftigen Bestandteile sind in allen Pflanzenteilen enthalten. Giftfrei sind die Stängel erst dann, wenn sie vollständig abgestorben sind.«
    »Was du alles weißt!« Irmi war wirklich beeindruckt.
    »Tja, meine liebe Nachbarin. Ich bin nicht bloß die dumme Bäuerin hinter den sieben Bergen.« Lissi lachte.
    »Das hätte ich dir nie unterstellt!« Irmi wusste, dass Lissi blitzgescheit war. In einer anderen familiären Konstellation hätte sie sicher Abitur gemacht und später studiert. Biologie zum Beispiel. »Und was mach ich jetzt mit meinem Arm?«
    »Für den Moment Umschläge mit Obstessig. Warte.«
    Wenig später kam sie mit einem Geschirrtuch wieder, das essigsauer roch. »Drumbinden, ab und zu erneuern. Ich geb dir den Essig mit. Außerdem setz ich dir Zinnkraut an. Muss ich aber erst noch kochen und den Sud abkühlen lassen. Hol dir das Zeug heut Abend ab!« Lissi überlegte kurz. »War außer dir noch jemand dabei? Ich mein, das Zeug ist hochaggressiv, da kann es leicht sein, dass deine Begleiter auch so aussehen. Kathi, war die dabei?«
    »Nein, die ist krank. Kriegt keinen Ton mehr raus, fast möchte ich sagen: So ein Glück! Andrea war dabei, aber sie ist, soweit ich mich erinnern kann, nicht in der Nähe von diesem Klau-Dingsda gewesen.«
    »Also wie gesagt: Die meisten Menschen reagieren auf das Zeug. Alles, was du brauchst, ist nackte Haut und UV-Strahlung. Feuchte oder verschwitzte Haut verstärkt meistens die Wirkung der phototoxischen Stoffe. Merk dir das!«
    Plötzlich durchfuhr Irmi ein Gedanke. Die meisten Menschen … Der Gedanke war kühn, vielleicht auch abwegig, womöglich auch ein Resultat ihrer verzweifelten Suche nach Antworten. Aber der Gedanke war gut.
    »Lissi, ich muss weg. Ich komm heute Abend wieder. Danke, du bist die Beste. Die Allerbeste. Du geniales Wesen.«
    Lissi verzog den Mund und tippte sich an die Stirn. »Ich glaub, du brauchst Urlaub. Und zwar ohne Schrothkur.«
    Das mochte stimmen. Aber dafür war momentan keine Zeit. Sie musste einige Telefonate führen. Zuerst mit Kathi.
    »Madl, wie war das Wetter, als ihr am Montag die Leiche in Augenschein genommen habt?«
    »Scheiße. Es hat genieselt. Ganz kurz war mal die Sonne da, aber es war ziemlich nass. Drum bin ich ja nun auch krank!« Sie nieste.
    »Hast du irgendeinen Hautausschlag?«
    »Was? Ich hab ’ne Erkältung.«
    »Und was hast du angehabt?«, fragte Irmi eindringlich.
    »Jeans, meine neue Jacke und leider nur meine Leinenturnschuhe. Du hättest mir sicher gesagt, ich soll g’scheite Treter anlegen.«
    »Was hatten die anderen an? Die Zeugen? Was hatte Sailer an?«
    »Willst du ’ne Beratungsstelle für richtige Bekleidung am Berg aufmachen? Gibt’s ’ne neue Polizeivorschrift, oder was?«, blaffte Kathi.
    »Beantworte meine Frage: Wer hatte was an?«
    »Diese Schwaben waren so top ausgerüstete Bergfexe. Alles in dieser Marke mit der Tatze, du weißt schon.«
    »Lange Hosen und Ärmel?«
    »Klar, es war ja nicht gerade tropisch warm.«
    »Und Sailer?«, fragte Irmi, obgleich sie

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