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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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sich diese Frage hätte schenken können.
    »Irmi! Du kennst ihn doch, natürlich kurzärmlig. Der trägt doch erst bei vierzig Grad minus einen Pullover.«
    Sailer würde sie sich gleich ansehen, beschloss Irmi.
    »Und die Leiche?«
    »Du hast sie doch echt nicht mehr alle! Modeberatung an einem Toten?«
    »Die Leiche!«
    »Kurze Lederhose, Wadlstrümpf, Hemd, Janker. Irmi, hallo, ist da jemand daheim in deinem Schädel?«
    »Durchaus, gute Besserung!« Irmi hatte aufgelegt. Sie malte sich aus, wie Kathi sich wohl gerade aufregte über ihre offenbar vollkommen irre Chefin.
    Dann zitierte sie Sailer zu sich.
    »Sailer, auch wenn Ihnen die Frage komisch vorkommt. Hatten Sie kürzlich mal einen Hautausschlag?«
    Sailer starrte sie an. »Ja, scho. San Sie Hellseherin?«
    »Nein. Haben Sie den Ausschlag am Arm bekommen, nachdem Sie da oben am Hausberg bei der Leiche waren?«, fragte Irmi weiter.
    Sailer war nun wirklich platt. »Sie san ja doch a Hellseherin.«
    »Nein, Sailer, das nicht. Zinnkraut hilft übrigens.«
    »Des woaß i auch. Den ham mir immer im Haus.«
    Na, das gesamte Werdenfels schien hausmitteltechnisch besser informiert zu sein als sie selbst.
    »Danke, Sailer, das war’s schon!«
    Ihr nächster Anruf galt dem Allgäuer Kollegen Anderl Riedele, der ihr Ansinnen zwar seltsam fand, sich aber bereit erklärte, in der Gerichtsmedizin nachzufragen. Und er versprach, sich »nochhert« zu melden. Irmi hoffte, dass »nochhert« bei Riedele bald war, sehr bald.
    Dann erreichte sie auf einigen Umwegen den Pathologen, der Xaver Fischer obduziert hatte. Der war über Irmis Frage gar nicht so sehr verwundert. »Ja, das war auffällig. Ich hab das auch in den Bericht geschrieben. Vielleicht haben Sie das überlesen. Annahme einer Photodermatitis induziert durch Xanthotoxin, Psoralen, Bergapten oder Ähnliches. Daran ist er aber nicht gestorben.« Der Mann lachte meckernd wie ein Ziegenbock.
    »Nein, sicher nicht, auch wenn einen der Juckreiz schier umbringt«, bemerkte Irmi.
    »Hydrocortison oder …« Er meckerte erneut. »Ihr Frauen seid ja so cortisonfeindlich – dann eben Halicar Salbe. Da kommt die Substanz aus der guten Ballonrebe. Frau Mangold, hat mich gefreut. Bis die Tage.«
    Klar, vom Zinnkraut wusste er als Schulmediziner natürlich nichts.
    Und nun saß sie da. Wie ein Teenie, der auf den Anruf des Typen wartet, der garantiert nicht anruft. Genau genommen hatte sie öfter auf Anrufe gewartet, auch in späteren Jahren. Auf Martins Anrufe sehr häufig.
    In dem Moment läutete das Telefon. Es war Riedele. Das war definitiv ein schnelles »nochhert« gewesen.
    »Also, der Herr Maurer war recht verbrennt am Arm und an de Fiaß. Kontaktallergie, hot der Mann g’sagt. Aber it gegn den Wickel. Er moint, des war scho vorher do, und die Handschuh hot der ag’hett für an Salbenverband, weil es an de Händ am schlimmschte war.« Er atmete tief durch und fuhr auf Hochdeutsch fort. »Und was sagt uns das jetzt, Frau Kollegin? Sie schienen mir bei Ihrem letzten Anruf auch schon etwas … äh … äh … wa… äh … wirr.«
    Nett, dass er ihr statt Wahnsinn doch nur Wirrnis attestierte. Irmi seufzte. Und versuchte möglichst stringent und kühl vom Fall Fischer in Garmisch zu berichten. Sie erzählte, dass Fischer durch eine Insulinspritze gestorben war, wie Maurer auch. Dass sie nun nach einer Verbindung zwischen Maurer und Fischer suchten. Und dass sie nun eher zufällig auch noch nachgewiesen hatte, dass die beiden Herren am Hausberg gewesen waren.
    »Bleibt die Frage nach dem Warum«, schloss sie. »Die beiden müssen sich wohl gekannt haben.«
    Es blieb kurz still am andern Ende. Anderl Riedele räusperte sich und meinte: »Außerdem frage ich mich, ob Herr Maurer und Herr Fischer einen gemeinsamen Feind gehabt haben, der beide mit einer sauberen Insulinspritze aus dem Weg geräumt hat? Das bietet sich ja an.« Er schnaufte wie ein Walross und sagte dann fast triumphierend: »Da machen Sie mir jetzt eine große Freude, Frau Mangold. Denn Sie finden den Mörder, und wir sind fein raus.«
    Zweierlei irritierte Irmi. Das »Sie« und das »wir«. Mit diesem »wir« hatte sie erst kürzlich sehr schlechte Erfahrungen gemacht, als »wir« einer Schrothkur zugestimmt hatten. Bevor sie reagieren konnte, fuhr der Allgäuer fort: »Frau Mangold, für mich ändern Ihre Erkenntnisse eine Menge. Ich habe meinen schon fünfmal verschobenen Urlaub erneut verschoben wegen Ihrem Ex. War mir schon deshalb unsympathisch, der

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