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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Irgendetwas irritierte Irmi, bis ihr klar wurde, dass er zwei unterschiedliche Augen hatte. Ein braunes und ein grünliches.
    »Mangold mein Name. Herr Fischer? Wie haben telefoniert.«
    »Guten Tag, Frau Mangold. Und, gefallen Ihnen meine laufenden Meter?«, fragte er und zeigte auf die Kühe. Seine Stimme war kräftig, sein ganzes Auftreten war das eines Mannes, der wusste, was er wollte.
    »Dexter?«
    Das brachte ihn nun doch etwas aus dem Konzept. Eine Kommissarin, die Minikühe kannte.
    »Sind Sie vom Fach?«
    »Wir haben eine kleine Landwirtschaft in Schwaigen. Mein Bruder ist auch an neuen Ideen und Konzepten interessiert.«
    »Name?«
    »Was Name?«
    »Der Name vom Bruder. Den Mann muss ich mal anrufen!«
    »Bernhard, auch Mangold.«
    »Gleicher Name? Haben Sie sich nicht verehelicht?«
    Na, der hatte ja Nerven. Preschte voran, überrannte alle mit seiner Energie.
    »Nein«, erwiderte sie knapp. Und schon wieder diese Übelkeitswelle. Sie hatte sich sehr wohl verehelicht, allerdings mit bescheidenem Erfolg. Aber das ging Fischer nichts an.
    »G’scheit, Frau Mangold. Ganz g’scheit. Das hab ich mir auch gespart.« Er wies auf die Zwergrinder. »Hab ich mehr Zeit für die Natur. Diese Viecher kommen übrigens aus der Uckermark. Die Kühe werden um die ein Meter fünf, Bullen erreichen schon mal ein Meter fünfzehn. Der Rote ist der Bulle. Schönes Tier.«
    »Zweifellos. Wie sind Sie denn auf diese Tiere gekommen?«, wollte Irmi wissen.
    »Die Fleischqualität ist gewaltig. Dass die nur halb so viel Milch geben wie normal große Kühe ist für mich uninteressant. Außerdem produzieren sie zehnmal weniger Methan als die Großen. Mein Beitrag zur Reduzierung des Treibhauseffekts.« Er lachte. Der Mann war wirklich ein Unikum.
    »Wenn das Uckermärker sind, wie kommen die denn im Gebirge zurecht?«
    »Die Dexter-Rinder stammen ja ganz ursprünglich aus Irland. Hügel hat’s da auch, sind sehr trittsicher, die Kleinen. Ich hatte sie sogar auf der Alm.«
    »Das habe ich gehört, und dass Sie da anderer Meinung sind als Ihr Bruder.« Irmi sah ihm in diese seltsamen Augen.
    »Dieser Choleriker und Reaktionär!«
    Irmi runzelte die Stirn. Den trauernden Bruder gab er nicht gerade.
    »Falls Sie mich nun in tiefer Verzweiflung sehen wollen, tut es mir leid. Mein Bruder war zeitlebens ein Stänkerer, ein Stinkstiefel. Wundert mich, dass ihn die Maria damals genommen hat. War eine liebe Frau. Schön war sie auch, riesengroß mit langen Haaren. Begütert. Und heiratet so einen Wicht. Und muss dann total verkrebst sterben. Das war die negative Energie vom Xaver, das sag ich Ihnen.«
    Irmi schluckte. Der nahm kein Blatt vor den Mund. Und sie hatte dreierlei erfahren: Hans Fischer hatte seinen Bruder gehasst. Wahrscheinlich hätte er lieber die schöne Maria erobert, die aus für ihn unerfindlichen Gründen den kleinen Bruder genommen hatte. Und sie wusste endlich, warum Brischitt so ein großes Mädchen geworden war. Da war die Linie der Mutter durchgeschlagen.
    Noch immer lehnten sie am Zaun. Zwei der Minis waren nähergetreten. Die waren wirklich süß. Irmi streichelte den Kopf einer schwarzen Kuh und sagte: »Herr Fischer, Sie und Ihr Bruder hatten sehr unterschiedliche Ansichten. Auch wegen der Wiederaufforstung von Almhängen. Ich kenne die Argumente, was den Erosionsschutz und die Bergblumenwiesen betrifft, aber Sie sehen den Berg ja eher jagdlich, oder?«
    »Keine jagdfeindlichen Äußerungen, Frau Mangold! Die Volksseele, die uns für Tiermörder hält, ist mir zu laut. Ich erwarte von der Polizei, dass sie objektiv ist. Und Sie werden es kaum glauben, ich schätze die Bergblumenwiesen sehr. Als Äsung.«
    Er fühlte sich schnell auf den Schlips getreten. Irmi hatte ihre Worte eigentlich ziemlich neutral formuliert, und doch war er sofort hochgegangen. Es war ja mehr als augenscheinlich, dass Hans Fischer beim Bruder genau das bemängelte, was sein eigenes Problem war: die Hitzköpfigkeit. Irmi ging erst gar nicht darauf ein.
    »Ich verstehe Sie also richtig: Als Jäger befürworten Sie die Almen? Das verstehe ich nicht so ganz. Wäre eine aufgelassene Alm nicht eigentlich netter für die Rehe? Da könnten sie sich doch ganz ungestört tummeln?«
    »Das meint man nur, Frau Mangold. Durch die fehlende landwirtschaftliche Nutzung auf den Almflächen wird zwar vorübergehend der Lebensraum für das Wild vergrößert, aber die Attraktivität der Nahrung nimmt ab. Es wächst eine stufenlose, stängelreiche, blattarme

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