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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Ich bin sicher, der hat sogar grüne Unterhosen und setzt seinen grünen Ziegenschamhaarhut nicht mal beim Schlafen ab.«
    Andrea gluckste, Irmi grinste. »Und warum hatte er Zoff mit dem Bruder? Was hat das mit der Beweidung zu tun?«, fragte Irmi dann.
    »Hans ist der große Fürsprecher der Almbeweidung. Er hat extra Jungvieh zugekauft, um es in die Berge zu schicken. Er lässt Pferde auf die Alm und verlangt nichts dafür. Das stellen Sie sich mal vor: ein Bauer, der was umsonst macht.«
    Eigentlich hätte Irmi ihm jetzt in die Parade fahren müssen, stattdessen sagte sie beherrscht: »Aber was hat das jetzt mit seiner Jagdpassion zu tun? Er schießt ja nicht auf Kühe oder Pferde!«
    »Natürlich nicht. Obwohl es solche ja auch gibt. Die das ungeliebte Pony auf der Waldrandweise mit einem Reh verwechselt haben wollen. Ja, äh, aber zurück zu Hans. Er schießt auf Wild. Und das kommt auf unbewirtschafteten Almen nicht mehr vor.«
    »Das versteh ich jetzt nicht«, meinte Andrea. »Leere Almen, viel Wald – das müsste die Rehe doch freuen.«
    »Ist aber nicht so«, meinte Franz Utschneider. »Aber das lassen Sie sich wohl besser von Hans erklären. Ich nehme doch stark an, dass Sie die Familie von Xaver Fischer befragen wollen.«
    »Versuchen Sie, uns da ganz elegant einen Verdächtigen zu liefern?«, fragte Irmi.
    »Ach was, das mit der Mörderjagd überlass ich Ihnen. Und ganz ehrlich: Ich glaub, ich vergieß sogar ein paar kleine Tränen wegen Xaver. Er war ja fast schon so was wie ein Maskottchen für uns.«
    Mittlerweile hatten Sie die Aulealm passiert und fuhren auf dem gesperrten Teerweg durch den Talboden. Unvermittelt sagte er: »Da, jetzt schauen Sie sich diese Stadl an! Hunderte! Die gelten als siedlungstechnisches Erbe. Gegen die alten Stadl sag ich ja nichts, aber da stehen neu gebaute dazwischen mit Holzsockel, groß wie Dreifachgaragen. Da lagert doch kein Heu mehr drin! Die Landwirte verarschen uns doch alle.«
    Wieder tobte in Irmi ein Kampf: Bauernehre gegen Amüsement. Letzteres siegte. Er hatte ja recht.
    »Ach, noch eines: Sie sind nicht zufällig Diabetiker?«
    »Was? Nein, ich bin ein gesunder Mensch mit den üblichen Ausfallerscheinungen über vierzig. Warum?«
    »Ach, nur so. Haben Sie jemanden in der Familie mit Diabetes?«
    »Nein.«
    Weil ihm kurz vor dem Parkplatz ein Lkw die Vorfahrt nahm, konnte er nicht mehr nachfragen, was diese Frage solle, und setzte stattdessen unter Fluchen die beiden Damen am Auto ab.
    »Tja, interessanter Typ«, sagte Irmi, als Franz Utschneider außer Sichtweite war. »Und, war er es?«
    Andrea erstarrte richtiggehend. »Ich weiß doch nicht, keine Ahnung, äh …«
    »Entspann dich! Ich weiß es auch nicht. Was für einen Eindruck hast du?«
    »Er ist intelligent, gebildet. Einen Hüttenwirt stell ich mir anders vor«, sagte Andrea zögerlich.
    »Almöhi mit Bart, der erst mal ein Schnapserl ausgibt?«
    »Ja, so ungefähr.«
    »Das Leben ist ganz anders. Lass dich nicht von Klischees leiten. Und nicht davon, dass er sympathisch ist. Klug kann auch heißen, dass er perfekt manipulieren kann. Außerdem wissen wir einfach zu wenig. In jedem Fall werden wir seine Angaben und die Liste der Mitarbeiter überprüfen, und wir besuchen den Bruder.«
    »Was ist mit den Naturschützern?«, fragte Andrea.
    »Auch eine Spur, aber mir ist der Bruder näher. Im Familienkreis schlummern immer die besten Motive.« Irmi sah auf die Uhr, es war fast sieben. »Madl, geh du mal heim. Morgen ist auch noch ein Tag.«
    Sie selbst fuhr noch ins Büro, wo sie eine Notiz von Sailer vorfand:

    Hans Fischer, Bruder vom toten Fischer, hat angerufen. Wollt wissen, wann Beerdigung möglich. Will, dass einer rückruft. Hab gesagt, die Frau Chefin meldet sich. Heute 15.10 Uhr war das.

    Er hatte mit einem schwungvollen »S.« unterzeichnet und die Nummer notiert. Irmi grinste. Ja, die Frau Chefin war natürlich für alles zuständig.
    Sie wählte die Nummer von Hans Fischer. Nach endlosem Läuten ging ein Mann an den Apparat. Irmi fand sich gleich in einer Schimpftirade wieder, wie es denn angehen könne, dass er nicht sofort informiert worden sei, sondern erst auf dem Umweg über Kanada vom Tod seines Bruders erfahren habe. Nachdem ihm Irmi versichert hatte, dass die allerengsten Verwandten, also in dem Fall die Tochter, stets zuerst in Kenntnis gesetzt würden, beruhigte er sich und versprach, am nächsten Vormittag für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen.
    Irmi legte seufzend auf.

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