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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Kerl. Aber jetzt gehe ich in die Ferien! Zwei Tote aus Garmisch, der eine lag ja nur zufällig bei uns im Wickel rum. Das ist Ihr Fall, das ist Ihre Region. Das sind Ihre Leichen. Ich informiere meine Dienststelle und die Staatsanwaltschaft. Das liegt jetzt in Ihrer Zuständigkeit, Frau Mangold.«
    »Was, Sie können doch nicht …« Irmi war selten sprachlos, nun aber schon.
    »Natürlich kann ich. Ich kann auch noch einen Amtshilfeantrag stellen. Und natürlich lass ich Ihnen unsere Ermittlungsakte zukommen, da unterstütz ich Sie doch gern.«
    Na, das war ja mal ein pfiffiges Kerlchen. Schwerer Körper, reger Geist. Und ein Faultier war er wohl auch, der Herr Kollege Riedele. Der konnte das doch nicht einfach auf sie abwälzen!
    »Es ist aber noch lange nicht erwiesen, dass ein Zusammenhang besteht. So lange sind Sie in jedem Fall gefragt!«, rief Irmi.
    »Natürlich besteht ein Zusammenhang, lesen Sie mal meine Akten. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie da einiges Erhellende finden. Im Zusammenhang mit Ihrem Herrn Fischer bekommt das alles eine andere Bedeutung. Mich erreichen Sie wieder in akkurat drei Wochen, meine Leute sind natürlich für alle Fragen Ihrerseits offen.«
    Es klackte. Der hatte echt aufgelegt. Das durfte doch nicht wahr sein! Sie konnte jetzt natürlich Wallung machen, aber was half das? Ein Kollege, der nicht mit ihr zusammenarbeiten wollte, würde auf Zwang sicher nicht kooperativ reagieren.
    Irmi sank in ihren neuen Bürostuhl. Die Rückenlehne reagierte mit einem Wippen. Es war nämlich eines dieser ergonomisch wertvollen Teile. Rückenschmerzen hatte sie dennoch. Gerade jetzt. Das war sicher psychosomatisch. Irmi versuchte sich zu konzentrieren.
    Die beiden Männer waren also oben am Hausberg gewesen. Xaver Fischer war am Freitag ermordet, aber erst am Montag in der Früh gefunden worden. Martin Maurer lag einen Tag später tot in Oberstaufen. Er musste also nach dem Mord an Fischer nach Oberstaufen gefahren sein, wo er wohl schon seit Längerem eine Ferienwohnung gemietet hatte. War er auf der Flucht vor Fischers Mörder gewesen? Und wenn: Wäre es sinnvoll gewesen, nach Oberstaufen zu flüchten? Vielleicht ja, wahrscheinlich hätte der Mörder ihn eher in Frankfurt gesucht. Hatte der Mörder überhaupt beide Männer im Visier gehabt? Und warum hatten sich Fischer und Maurer da oben getroffen?
    Das war alles so undurchsichtig. Und wenn sie mal annahm, dass jemand an zwei aufeinanderfolgenden Tagen zwei Männer ermordet hatte, was ja nahelag bei den Insulinspritzen, dann war die Art und Weise aber immer noch sehr verwirrend. Bei Fischer dieser inszenierte, fast kultische Platz. Während Maurer ganz und gar unkultisch in einem Schrothkurwickel gelegen hatte. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, welche Botschaft ausgerechnet in einem Schrothkurwickel stecken sollte.
    Aber jetzt musste sie erst mal zu Hans Fischer. Irmi wusste, dass Andrea darauf brannte, mitzukommen, aber ihr war gar nicht nach Gesellschaft. Sie kannte auch die Vorschriften, dass man zu zweit aufzukreuzen habe, sie hörte den Chef und den Staatsanwalt meckern. Aber sie konnte einfach nicht. Konnte im Moment niemanden ertragen – und beauftragte Andrea, die Wege des Hüttenwirts Franz Utschneider zu recherchieren.
    Andrea war enttäuscht. Es tat Irmi fast schon wieder leid, aber nein, ab und zu musste sie mal auf sich selbst hören, das hatte sie schwer genug gelernt. Und so recht gelang es ihr bis heute nicht. Manchmal beherrschte sie die Kunst des Neinsagens ganz gut, manchmal standen ihr aber doch vermeintliche Verpflichtungen und Höflichkeiten im Weg.

10
    Hans Fischers Hof in Burgrain war ein stattliches und sehr gepflegtes Anwesen. Die Autos mit den nordischen Kennzeichen legten die Vermutung nahe, dass Fischer auch Ferienwohnungen vermietete. Auf einer Obstbaumwiese vor dem Haus standen die Rinder, die Irmis Interesse ganz besonders weckten. Irgendwer hatte wohl die Kühe zu heiß gewaschen, diese Tiere waren tatsächlich kaum höher als einen Meter.
    Der Mann, der aus dem Haus trat, war wie angekündigt grün gewandet, besagten Hut hatte er auch auf. Irmi verdrückte ein Grinsen. Fischer wurde von zwei Hunden begleitet: einem Weimaraner und einem Dackel, wobei sich Letzterer gleich auf Irmi stürzte und sie ankläffte.
    »Hektor!«, brüllte Fischer, woraufhin der Dackel augenblicklich retour schoss.
    Hans Fischer war mittelgroß, schlank und sah Irmi prüfend durch eine runde Brille an.

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