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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Xaver Fischer und Martin Maurer waren ja definitiv am Hausberg gewesen und hatten sich beide den juckenden Ausschlag von derselben Pflanze eingefangen. Maurer hatte ein Motiv gehabt, Fischer zu ermorden und sich hinterher selbst umzubringen. So was kam ja wohl häufig genug vor.
    »Das kennen Sie doch nur zu gut! Ein Amoklauf und dann Selbsttötung. Nichts Ungewöhnliches, Frau Mangold.« Er hatte ja recht – und dennoch wollte sie das nicht akzeptieren. »Wo ist eigentlich Ihr Problem, Frau Mangold?« war der Satz, der Irmi aufschrecken ließ.
    Ihr Problem war, dass sie einen privaten Kreuzzug führte. Tief drinnen wusste sie das. Ohne eine Beteiligung von Martin hätte sie selbst darauf gedrungen, die Akten zu schließen. So aber gelang es ihr, zumindest noch etwas Zeit herauszuschlagen, um sich Hans Fischer noch mal vorzuknöpfen.
    Als sie im Besprechungszimmer auftauchte, saßen die anderen schon da. Diesmal hatte Kathi richtigen Cappuccino geholt, das war wohl wirklich ein Versuch, ein paar Wogen zu glätten.
    Irmi teilte den anderen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft mit.
    »Wenn wir sonst nichts mehr finden, müssen wir davon ausgehen, dass es ein Mord mit einem nachfolgenden Selbstmord ist. Nichts Ungewöhnliches in unserem Geschäft.« Jetzt plapperte sie auch noch die Sätze der Staatsanwaltschaft nach, um sich zu beruhigen, um Andrea zu beruhigen. Sie verteilte die Aufgaben und zog sich an ihren Schreibtisch zurück.
    Kurz darauf kam Kathi herein.
    »Danke für den Cappu«, sagte Irmi.
    »Du kannst ihn sicher brauchen nach der Nacht. Aber für Wally war es so doch am besten.«
    Irmi nickte.
    Kathi drückte sich noch ein bisschen im Zimmer herum. Irmi runzelte die Stirn. »Was ist los?«
    Kathi brauchte ein paar Sekunden, bis es aus ihr herausbrach: »Ach, Scheiße, ich dachte wirklich, dass du total den Realitätsbezug verlierst. Dass du jede Objektivität eingebüßt hast. Dass du einfach überfordert bist. Total überfordert, oder.«
    Irmi wartete.
    »Aber irgendwie kann ich den Gedanken einfach nicht loswerden, dass es noch nicht zu Ende sein kann. Nicht wegen der Angehörigen, wie unser Seelchen Andrea meint. Klar ist es für die grausam, aber mir geht’s einfach drum, dass ich einen Mörder nicht frei rumlaufen lassen will, weil wir zu blöd waren. Weil wir was übersehen haben.«
    Irmi betrachtete Kathi. Deren schmale Gestalt. Die Haarsträhnen, die ihr vor die Augen fielen. Das Engelsgesicht mit der Seele eines Teufelchens. Kathi war eine Landplage, aber sie hatte Biss. Sie gab nie auf. Sie beugte sich nicht. Ihre Methoden waren nicht die besten, aber man konnte Kathi wahrhaft nicht vorwerfen, dass sie kein Rückgrat besaß. Kathi war so weit vom Opportunistentum entfernt, wie die Erde vom Jupiter.
    »Wenn wir etwas übersehen haben, dann lassen wir einen Doppelmörder ungestraft davonkommen«, sagte Irmi dann. »Der Hüttenkauf ist eine Sackgasse, nehmen wir das mal als gegeben an. Der Unfall von Ann-Kathrin Maurer ist der Knackpunkt. Martin hat Fischer gehasst. Aber wenn Martin sich nicht selber umgebracht hat, wer hat ihn dann getötet? Das muss doch jemand gewesen sein, der ihn so gehasst hat, dass er ihn am liebsten tot sehen wollte. Und komm mir jetzt bitte nicht mit der Theorie, dass es sich um zwei Morde handelt, die gar nichts miteinander zu tun haben!« Irmi versuchte ein Lächeln. »Dann lauf ich hier schreiend raus!«
    »Nein, das mach ich nicht. Ich hab kürzlich mal einen Krimi im Fernsehen gesehen, da haben zwei schlechte Kommissare gearbeitet, und da ist genau so was passiert. Am Ende waren es zwei Mörder. Ich wollte den Drehbuchautor schon verklagen. So ein Schmarrn, total konstruiert. Da fällt diesen Flachwichsern …«
    »Kathi, zügle deine Zunge. Denk dran, du bist ein Vorbild – als Polizistin und als Mama«, sagte Irmi und hoffte, dass Kathi die leichte Ironie verstanden hatte.
    Hatte sie, denn sie fuhr fort: »Mein Arbiter Elegantiae, vielen Dank. Also nicht den Flachwichsern, sondern den Schreiberlingen. Denen fällt nichts ein, und dann gehen neunzig Minuten Krimi mit so einer Lösung zu Ende. Der hat sich doch einfach keine Mühe gegeben, der Typ! Die Fernsehkrimis werden eh immer schlechter, ich schau das bloß noch zur Abschreckung.«
    »Arbiter Elegantiae – seit wann bist du Altphilologin?«
    »Ach, das hab ich von Sven. Gefällt mir. Klingt gebildet.«
    »Ein Veganer mit Latinum, der Architektur studiert. Muss ja ein interessanter Typ sein.

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