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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Richtige?«
    Hatte sie das gedacht? »Ja, ich hatte das Gefühl, ich sei angekommen. Die Suche sei beendet. Es war für sehr kurze Zeit ein Gefühl, sich zurücklehnen zu können, ein gutes Gefühl war das.«
    »Aber das Gefühl ist nicht geblieben, oder?«
    »Nein.« Und Irmi begann zu erzählen. Von der Bösartigkeit in diesem Menschen. Von ihrem Unvermögen, das rechtzeitig erkannt zu haben. Von einem Menschen, der immer seine Masken für die Außenwelt übergestülpt hatte und dessen Inneres so zerstört gewesen sein musste.
    »Weißt du, wir sind ja sogar von Berufs wegen neugierig und wollen hinter die Dinge sehen. Doch Martin hat sich keiner meiner Befragungen je gestellt, ihn konnte ich auch leider nicht per Staatsanwalt oder Inhaftierung zum Reden zwingen. Er ist mir alle Antworten schuldig geblieben.«
    »Scheiße!«, sagte Kathi.
    Irmi war froh, dass nun keine Plattheiten wie »du musst trotzdem loslassen« aus Kathis Mund kamen. Das wusste sie alles, hatte sie immer gewusst.
    »Dann müssen wir aber wenigstens rausfinden, warum er tot ist. Wer das war. Wenn ich dir so zuhöre: Der hat sich nicht selber umgebracht. Der war eine feige Sau, eine ganz schön feige Sau!«
    Irmi musste lachen, unter Tränen, die in ihre Augen geschossen waren. Im entscheidenden Moment war Kathi immer da, sie brauchte anscheinend nur jedes Mal die Umwege, das Auflehnen, die Aggressionen, um letztlich doch auf den Punkt zu kommen. Das war eben Kathis Weg.
    Ihr eigener Weg, ständig durch die Täler der Tränen zu wandeln, war sicher auch nicht besser. Und Irmi war unendlich froh, dass Kathi ihr helfen wollte, das Rätsel um Xaver Fischer und Martin Maurer zu lösen. Egal wie es ausgehen würde. Und wenn es tatsächlich ein Selbstmord gewesen war, dann wollte Irmi wenigstens Beweise.
    »So«, sagte Kathi, »kann ich mir diese Akte des Unfalls einfach mal durchlesen? Also nicht, dass ich dir nicht traue … Ich mein nur, vielleicht fällt mir was auf, was dir nicht aufgefallen ist.«
    »Nur zu gern.« Irmi nestelte an ihrem Rucksack und förderte die Akte zutage. »Da, bitteschön. Was immer dir auffällt …« Es lag Hoffnung in ihrer Stimme.
    »Gut, du gehst so lange um den Block, holst uns noch einen g’scheiten Cappuccino, und dann legen wir los. Wir sind nämlich gut. Saublöd, aber saugut!«
    Irmi lachte. Das tat gut. Sie war heilfroh, dass jemand anders mal das Zepter in die Hand nahm. Zwanzig Minuten lief sie ziellos in der samstäglich hektischen Stadt umher. Als sie mit ihren Cappuccinos zurück war, fand sie Kathi am Telefon vor. Sie erhaschte ein paar Wortfetzen, in denen immer wieder »Johannes« vorkam.
    Irmi setzte die Pappbecher ab und ging zur Toilette. Sie sah schauderhaft aus, faltig und mit Schatten unter den Augen. Manchmal würde sie nur allzu gern der Werbung mit ihren großartigen Wundercremes glauben. Eine Woche schmieren und als Ergebnis ein faltenloser Teint. Bei Frau Schiffer oder Frau Ludowig funktionierte das. Die hatten leider nur weit bessere Maskenbildner als sie daheim im Bauernhofbadezimmer, das sie eigentlich seit Jahren renovieren lassen wollte.
    Als Irmi zurückkam, sah Kathi bestürzt aus.
    »Okay, jetzt bist du auch der Meinung, dass Martin es selber war? Du hast nichts gefunden und willst mir schonend beibringen, dass wir aufgeben sollen. Ist es das?« Irmi versuchte witzig zu klingen.
    »Nein.«
    »Nein, was?«
    Kathi war aufgestanden, tigerte kurz durch den Raum und setzte sich dann rittlings auf den Stuhl. »Ich habe die Akte gelesen, das ist ja eine scheußliche Geschichte. Und diesen Xaver Fischer würde ich ja sogar am liebsten post mortem für seine Selbstgefälligkeit umbringen. Die Eltern sollen aufpassen! Pah! Ich weiß ja nicht, was Brischitt für ein Kind war, aber phasenweise hast du keinen Zugriff mehr auf deine Kinder. Aufpassen, das ist doch der Hohn. Na ja, jedenfalls bin ich dann über einen Namen gestolpert. Margit Geipel aus Aidling.«
    »Das war die Fahrerin des Unfallwagens«, sagte Irmi.
    »Ja, genau, und der Name ist mir so bekannt vorgekommen. Und dann ist es mir eingefallen. Meine Freundin Yvonne, die mit der WG, in der auch Sven wohnt, hat einen Kumpel, der Johannes Geipel heißt. Ich hab ihn auch mal auf einem Fest getroffen, ein sehr Netter. Sieht auch wahnsinnig gut aus, dunkle Locken, grüne Augen, toller Körper. Ich glaub, Yvonne hätt ihn sich gern unter den Nagel gerissen, aber sie hat mal so was gesagt wie: Der Johannes blockt alles ab, was mit Gefühlen

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