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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
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war
selbst erstaunt, wie sehr seine Hände zitterten - mühte er sich mit den
Türriegeln ab. Offenbar hatte das Kreischen der Toten ihn stärker mitgenommen,
als er für möglich gehalten hätte. Als ihm das klar wurde, wandte er sich
voller

Zorn noch einmal von der Tür ab, um sich den Störenfrieden
zu stellen, aber da waren die beiden auch schon verschwunden, und nur der Nachhall
ihres Schreis hing noch im Zimmer.
    Den letzten Riegel beförderte Henry mit einem heftigen
Ruck aus dem Holz. Dann flog die Tür auf.
    „Tony!"
    Zusammengekrümmt wie ein Säugling kauerte Tony im
Eingangsflur und schlug wieder und wieder seine Stirn auf ein Knie. Eine
monotone Bewegung, zu der er schrill und im Rhythmus der Schläge leise vor sich
hinwimmerte. Henry ließ sich auf den Boden fallen, legte beide Hände um den
Kopf des Freundes und zwang ihn, stillzuhalten. „Es ist vorbei. Hör doch: Es
ist vorbei." Sanft, aber stetig drehte er den Kopf des Jüngeren so, daß
er ihm in die wild starrenden Augen sehen konnte. Seine Muskeln wurden ganz
schlapp vor lauter Erleichterung; erst jetzt mochte er sich eingestehen, wie
sehr er befürchtet hatte und wie wenig es ihn erstaunt hätte, in Tonys Augen
Wahnsinn zu sehen, und er ließ sich auf die Hacken sinken. „Alles ist gut. Ich
habe dich."
    „Hen... Henry?"
    „Ja. Ich bin es." Henry schob einen Arm unter Tonys
zitternde Schultern und zog den Freund an die Brust.
    „Es war dunkler..."
    Henry legte die Wange auf schweißgetränktes Haar.
    Tony seufzte und drängte sich an Henrys Körper, als wolle
er sich dessen Stärke vergewissern, genau spüren, daß ein starker Schild über
ihn wachte. Dann fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen und lehnte sich so
weit zurück, daß er dem besorgten Blick des Älteren begegnen konnte.
„Henry?"
    „Ja?"
    „Was zum Teufel hast du ihn gefragt?"
    „Das frage ich mich auch gerade."
    Henry schaffte es, ein Knurren zu unterdrücken; er hatte
gespürt, wie Tony reagierte, als er sich verspannte. „Die Frage lautet auch
nicht mehr: Was hast du ihn gefragt?" fuhr er fort und warf Vicki, die
hinter ihnen aufgetaucht war, einen warnenden Blick zu, unter keinen Umständen
näherzukommen. „Sie muß lauten: Was hast du sie gefragt?"
    „Deinen griechischen Chor? Die Schreier im
Hintergrund?" Als Henry den Kopf schüttelte, verstand Vicki, wie er das
gemeint hatte. Zornentbrannt schlug sie mit der Faust ein Loch in die Mauer
des Durchgangs zum Wohnzimmer. „Verfluchte Scheiße!"

Tony zuckte zusammen.
    Henry schloß ihn fester in die Arme. „Damit machst du es
auch nicht besser", brummte er.
    „Ich weiß. Tut mir leid." Vicki holte tief Luft und
rang um Fassung. „Alles in Ordnung mit dir?"
    Tony schluckte. Immer noch in die Obhut von Henrys Armen
gekuschelt, zuckte er die Achseln. „Es ging mir schon besser."
    Aus der Ferne erklang der Lärm rasch näherkommender
Sirenen und schnitt Vickis Antwort ab. Tony schloß die Augen. „Es hätte aber
auch schlimmer kommen können."
    Als die Sirenen verstummt waren und die dichten Wände des
Hauses die Geräusche der Sanitäter schluckten, drückte Henry Tony mit einem Arm
an sich und sah Vicki direkt an. „Hat Mike auch was abbekommen?"
    „Nein. Der ist Gott sei Dank noch nicht wieder
zurück."
    „Zurück von wo?"
    „Woher soll ich das wissen? Das kannst du ihn selbst
fragen, wenn er auftaucht."
    „Mit Celluci oder ohne ihn: Wir müssen uns
zusammensetzen."
    Sie nickte und wandte sich um.
    „Vicki!"
    Aus dem Vorwärtsschritt wurde eine Pirouette.
    „Wohin willst du?"
    „Mich anziehen." Eine Hand hielt den rüschenbesetzten
Morgenrock geschlossen, der Vicki mindestens zwei Nummern zu klein war und ganz
offensichtlich dem von Mrs. Munro zurückgelassenen Kleiderbestand entliehen
worden war. Mit der anderen Hand, deren Knöchel der Putz der Mauer weiß gefärbt
hatte, zeigte Vicki auf Henry. „Das solltest du übrigens auch in Erwägung
ziehen."
    Henry war nackt, und mit einem Mal wurde ihm das auch
wieder bewußt. „Wir sind in ungefähr einer halben Stunde bei dir drüben."
    „Ich dachte, es sei sicherer, wenn wir nur deine Wohnung
benutzen."
    „Wir sind nicht die einzigen, um die es geht." Henry
konnte zusehen, wie Vickis Züge immer weicher wurden, während sie - letztlich
erfolgreich - versuchte, seinem Gedankengang zu folgen. Sie warf einen Blick
auf Tony, der sicher gern ein wenig Distanz zwischen sich und den eben
ausgestandenen Schrecken würde legen wollen, nickte und

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