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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
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verschwand.
    Tony wartete, bis er hörte, wie sich die Tür hinter ihr
schloß. Dann löste er sich aus Henrys Armen. „Henry, ich kann jetzt
nicht..."

Henry brauchte eine Weile, um zu begreifen, was der junge
Mann ihm damit sagen wollte. „Das habe ich auch nicht erwartet", sagte er
sanft und fragte sich, ob er Tony je Veranlassung zu der Annahme gegeben hatte,
er würde die Befriedigung seiner Bedürfnisse derart rücksichtslos verfolgen.
    „Aber du hast gesagt... zu Victory hast du gesagt: in
einer halben Stunde."
    „Ich weiß." Henry stand auf und half dem anderen auf
die Beine, wobei er ihn fast hochziehen mußte. „Aber dabei dachte ich eher an
dich. Du willst doch bestimmt duschen."
    Tony blickte an sich herunter, sah den dunklen Fleck vorn
auf seinen Radlerhosen, und ihm war plötzlich bewußt, was dieser Fleck zu bedeuten
hatte. Er wurde knallrot. „Oh Gott! Meinst du, Victory hat das mitbekommen?"
    Es wäre wenig sinnvoll gewesen, ihn daran zu erinnern, daß
Vicki über den Geruchssinn eines Raubtiers verfügte; also log Henry.
    „Er ist immer noch nicht zurück?"
    Vicki schnaubte und ging vor den anderen beiden her in die
Wohnung. „Das weißt du genau! Die Sonne ist wirklich und ganz und gar untergegangen;
er weiß also, daß ich wach bin."
    „Wahrscheinlich geht er einem Hinweis nach."
    „Das weiß ich selbst, Henry!"
    Henry blieb am vorderen Ende des Sofas stehen und
ermöglichte es Vicki so, die ganze Breite des Wohnzimmers als Distanz zwischen
sich und ihn zu legen. Distanz war für sie beide trotz der Ereignisse der
vergangenen Nacht immer noch die beste Verteidigung. „Machst du dir
Sorgen?"
    „Nein. Ich bin genervt. Der Schweinehund hat mir noch
nicht einmal einen verdammten Zettel hingelegt." Hinter Vickis Rücken
warfen Henry und Tony einander beredte Blicke zu. Vicki drehte sich gerade
rechtzeitig um, um den letzten davon aufzufangen. ,Was?"
    „Wenn du dir Sorgen machst, fluchst du noch mehr als
sonst", rief Henry ihr ins Gedächtnis.
    Vicki zeigte ihm den Stinkefinger: „Soviel sorge ich
mich!"
    ,Vicki..."

„Tut mir leid." Sie drehte sich um, lehnte die Stirn
gegen das Fenster und zerdrückte in der Rechten eine Handvoll antiken
Satinvorhang. „Deine Geister machen mich nur völlig nervös. Es gibt für Mike
keinen zwingenden Grund, bei Sonnenuntergang hier zu sein. Der Mann ist fast
vierzig, Herrgott noch mal! Es ist ja nun nicht so, als könne er nicht selbst
auf sich aufpassen."
    „Ich kann mir sogar vorstellen, daß er ziemlich gut darin
ist, auf sich selbst aufzupassen."
    „Ich habe dich nicht gebeten, mich zu beruhigen!"
    Tony öffnete den Mund, aber Henry hob warnend die Hand,
und so schloß er ihn wieder.
    Einen Herzschlag später seufzte Vicki. „Na schön. Ja. Ich
habe darum gebeten, beruhigt zu werden." Sie ließ den Vorhang los, sah
sich suchend um, entdeckte ihre Notizen auf dem Beistelltisch, der sich direkt
neben Henrys Knie befand, trat einen Schritt vor und blieb gleich wieder stehen.
    Henrys Blick wanderte von dem Spiralblock zurück zu Vicki.
    Vicki verlagerte ihr Gewicht auf die Ballen. Sie bereitete
sich auf alles vor, was Henry tun mochte, war aber nicht willens, selbst den
ersten Schritt zu tun. Das unerwartete Ende, das das Blutbad der vergangenen
Nacht gefunden hatte, hatte sie an alles erinnert, woran sie bei ihrer Ankunft
in Vancouver so fest geglaubt hatte. Wenn sie und Henry nur wirklich bereit
wären, es miteinander zu versuchen, dann würden sie es auch schaffen; dann
würden sie miteinander auskommen, auch im selben Raum. Wenn wir bereit sind,
vorher erst einmal ein gutes Dutzend Leute umzulegen, dann können wir
miteinander auskommen! beharrte eine Stimme in ihrem Hinterkopf, die Stimme
der Erinnerung.
    Ohne den Block noch einmal anzusehen, beugte sich Henry
vor, nahm ihn vom Tisch und gab ihn Vicki.
    Tonys Nackenhaare sträubten sich immer stärker, bis er das
Gefühl hatte, alle Haare auf seinem Kopf stünden zu Berge. Jesses, auf der
Spannung zwischen den beiden könnte man ,Dueling Banjos' spielen! Er
unterdrückte das völlig irrationale Bedürfnis, an der Luft herumzuzupfen wie an
Banjosaiten, wartete und fragte sich, was er tun sollte - und ob er überhaupt
etwas tun sollte! Was er am liebsten getan hätte, war ihm klar: Er hätte gern
noch mindestens eine Lampe eingeschaltet. Sie kamen ja von allein nie auf den
Gedanken, daß Menschen, mit denen sie zusammen waren, sich vor den Schatten
fürchten mochten!

Langsam durchquerte Vicki

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