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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
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gezogen, als sie plötzlich innehielt und statt dessen die durch
den Bleistift markierten Seiten aufschlug. Ihr Lesezeichen war der Stift nicht
-also mußte Celluci ihn im Buch gelassen haben.
    Nachdenklich fuhr sie mit dem Zeigefinger an den Anzeigen
der Privatkliniken entlang. Entweder gehörten die Bürger Vancouvers zu den
gesündesten des Landes, oder hier lebte eine Hypochonderkolonie! Anscheinend
hatte Mike genau das getan, was Vicki ihm vorgeschlagen hatte: sich auf die
Suche nach der Einrichtung begeben, in der man Henrys Geist die Niere entfernt
hatte. Die East Hastings-Klinik, Ecke East Hastings und Main Street, war
unterstrichen worden, und daneben hatte Celluci die Worte „hier anfangen"
gekritzelt.
    Nehmen wir an, er hat seinen Arsch so gegen zehn,
spätestens elf aus dem Bett bewegt und sich als erstes dorthin begeben. Dann
kann er unmöglich noch dort sein. Sie warf einen kurzen Blick auf ihre Uhr. Es
war schon nach 21:00 Uhr. Mike Celluci ist seit mehr als vierzehn Jahren Bulle
- er kann auf sich selbst aufpassen. Er hat wahrscheinlich in einer dieser
Kliniken Leute kennengelernt und ist dann mit denen Abendessen gegangen.

„Scheiße!" Wieder einmal mußte sie Bleistiftstücke
beiseite werfen! Sie beschimpfte sich selbst mit allen ihr in den Sinn
kommenden Ausdrücken als Volltrottel. Der Mann muß schließlich essen, Vicki!
Nur weil du und Henry ... das heißt noch lange nicht, daß er auch ...
    Aber Celluci war nicht dagewesen, als sie erwacht war und
hatte sich nicht telefonisch bei ihr gemeldet, und er wußte genau, daß sie
unbedingt erfahren wollte, was er bei seinen Recherchen herausgefunden hatte
-falls er etwas herausgefunden hatte.
    Die East Hastings-Klinik, Ecke East Hastings und Main
Street.
    Sie hatte Henry gesagt, sie würde auf Mikes Anruf warten -
oder so.
    Es sah ganz so aus, als wäre jetzt „oder so" dran.
    Zumindest hatte sie mit der Adresse einen Ansatzpunkt -
wenn auch vielleicht nicht mehr als das.
    „Wohin jetzt?" Henry drosselte das Tempo des BMW, um
einem Radfahrer Gelegenheit zu geben, sich um eine Reihe geparkter Autos herumzuschlängeln.
Er und Tony hatten ihre Suche nach dem Gefährten des Geists im Videoladen
begonnen und dann immer weitere Kreise gezogen - bisher ohne jeglichen Erfolg.
Niemand hatte einen Jugendlichen gesehen, auf den Tonys Beschreibung zutraf.
    „Das Jugendzentrum an der East Side. Wenn er da nicht ist,
kennt ihn dort wahrscheinlich jemand."
    „Das ist östlich von Gastown, oder?"
    Tony starrte weiter unverwandt aus dem Wagenfenster. „Ja
und?"
    „Ein bißchen weit weg. Wenn du ihn hier gesehen hast, in
diesem Viertel."
    „Im Jugendzentrum ist man sicher, Henry, und man nimmt
größere Entfernungen auf sich als die von hier nach Gastown, um irgendwo sicher
zu sein.
    „Tony."
    Auch wenn Henry nicht die Stimme des Fürsten der
Finsternis verwendet hatte, veranlaßte irgend etwas an seinem Ton Tony dazu,
sich umzuwenden.
    „Du bist bei mir immer noch sicher."
    „Das weiß ich." Zur Abwechslung schien Wegschauen
einmal der einfachere Weg - die haselnußbraunen Augen enthielten nicht eine
Spur

von Dunkelheit, nichts, das Tony zum Weitersprechen hätte
zwingen können. Er schluckte und fand die Kraft, etwas zu sagen: „Vielleicht zu
sicher." Eine Sekunde lang dachte er, Henry mache sich über ihn lustig,
aber dann konnte er erkennen, daß im Lächeln des Freundes ebensoviel Trauer wie
Spott lag.
    „Ich nehme an, du redest vom Leben im allgemeinen und
nicht von den unmittelbaren Umständen."
    „Was für Umstände? Daß du fährst, ohne auf die Straße zu
achten?" Bei den letzten Worten hatte Tony die Stimme erhoben, und nun
klammerte er sich am Armaturenbrett fest und mußte zusehen, wie die Welt immer
kleiner wurde, bis sie nur noch aus einem Tunnel aus rasendem Metall bestand.
„Himmel hilf, Henry! Das war ein LKW! Das waren zwei LKW!"
    Geschickt lenkte Henry den Wagen zurück auf seine eigene
Fahrspur. „Das ist mir klar."
    „Hör mal, wenn du nicht drüber reden willst, hättest du es
nicht zur Sprache bringen müssen."
    Hatte er das waghalsige Manöver absichtlich gefahren?
Henry war nicht sicher. Er hatte doch lediglich eine Lücke im Gegenverkehr entdeckt
und genutzt, oder? Geplant oder nicht: Der Augenblick für Vertraulichkeiten
war vorbei.
    Es gab in Vancouver wie in jeder Stadt vergleichbarer
Größe Stadtteile, die heruntergekommen waren. Das Gebiet östlich von Gastown
tauchte oft in Berichten über Armut und Kriminalität

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