Hulamädchen auf Abwegen
und sie
nicht für ihn arbeitete, sondern für mich.«
»Und Sie wiederum arbeiten für
Reid«, traf ich die logische Schlußfolgerung. »Und da ich selber gestern noch
auf Reids Lohnliste stand, habe ich sie in seinem Auftrag umgelegt. Ist es so?«
»Hören Sie doch auf mit dem
Unsinn, Sie hätten für Reid gearbeitet!« fauchte er wütend.
»Es stimmt aber«, versetzte
ich. »Warum fragen Sie ihn nicht? Ich habe Ihre Freundin nicht umgebracht,
Pete.«
»Natürlich! Wer denn sonst?«
Die Narbe auf seiner Wange hob sich blutrot von der dunkleren Haut ab. »Es gibt
keinen, der mich vom Gegenteil überzeugen könnte. Aber das verspreche ich
Ihnen, Boyd, ich werde Ihnen denselben Gefallen tun! Sie werden das Vergnügen
haben, genau denselben Tod zu sterben wie Blanche — nur viel langsamer. Ich
werde Ihnen den Hals von einem Ohr zum anderen aufschlitzen — Zentimeter um
Zentimeter.«
»Pete«, sagte ich verdrossen,
»Sie langweilen mich. Ich versichere Ihnen zum letztenmal ,
Sie haben leider den Falschen erwischt. Und jetzt hauen Sie ab. — Gehen Sie
hin, wo der Pfeffer wächst, und lassen Sie sich nie wieder bei mir sehen!«
»Sie stehen auf meiner Abschußliste «, zischte er böse. »Und was ich verspreche,
halte ich!«
»Sie scheinen in San Quentin zu
viele Schläge auf den Kopf bekommen zu haben!« höhnte ich. »Der Verstand muß
darunter gelitten haben. Doch nachdem Sie mir mit so reizenden Versprechungen
kommen, will ich nicht zurückstehen. Das gebietet schon der Anstand. Kommen Sie
mir noch einmal in die Quere, so verspreche ich Ihnen, Sie so
zusammenzustauchen, daß Sie in keinen Koffer mehr passen.«
»Ich bin nicht allein, Boyd!«
krächzte er triumphierend. » Ich habe eine Menge Freunde in der Stadt. Wenn Sie mir auch nur ein Haar krümmen
würden, denen entkämen Sie nicht!« Er stürzte seinen Drink hinunter, drehte
sich abrupt um und verließ die Bar.
Ich ließ ihm etwa zehn Sekunden
Zeit, ehe ich austrank und ihm folgte. Er schritt quer durchs Foyer zum
Ausgang, weshalb ich ein paar weitere Sekunden im Innern der Bar wartete, falls
er auf die Idee kommen sollte, sich umzublicken. Dann folgte ich ihm in
angemessenem Abstand, und als ich am Eingang angelangt war, stellte ich fest,
daß er am Parkplatz drüben auf einen etwa fünf Jahre alten Chevrolet zuging.
Gebückt schlich ich mich hinter
den parkenden Wagen zu meinem geliehenen Dodge. Ich sprang hinein, ließ den
Motor an und wartete ab.
Als Rochelle auf die
Hauptstraße hinausfuhr, war ich zwei Wagen hinter ihm.
Nach fünfzehn Minuten
eintöniger Fahrerei hatte ich das Gefühl, als sei die Straße mir keineswegs
fremd. Nach weiteren fünf Minuten wußte ich mit Bestimmtheit, das ich sie kannte.
Die Straße wand sich zwischen nackten Felsen über qualvolle Haarnadelkurven
nach oben, Rochelle war über den Pali-Paß zur Kaneohe Bay gefahren. Mochte der Himmel wissen, was er vorhatte. Vielleicht wollte er
Blanche Arlington die letzte Reverenz erweisen. Die Richtung stimmte
jedenfalls. Als ich mich in der Bar entschlossen hatte, ihm zu folgen, hatte
ich gehofft, er würde jemand anrufen — irgend jemand ,
der ihm erzählt hatte, ich sei der Mörder von Blanche Arlington, und den ich
hoffte zu kennen. Inzwischen hatte sich die Lage völlig verändert. Wen kannte
ich schon, der so weit draußen wohnte?
Ach zum Teufel, dachte ich. Was
soll’s. War ich ihm schon bis hierher nachgefahren, konnte ich ihm auch weiter
folgen und feststellen, was er hier draußen wollte. Inzwischen hatte ich die
erste der Haarnadelkurven erreicht — nun blieb mir für nichts anderes Zeit, als
auf meine eigenen Fahrkünste zu achten.
Es passierte, als ich nur noch
zwei Kurven zu bewältigen hatte, bevor ich den Kamm des Passes erreichte. Irgendwo
aus dem Niemandsland hinter mir fraßen sich ein Paar Scheinwerfer an mich
heran, ich konnte sie im Rückspiegel Sekunde für Sekunde näher kommen sehen.
Einen Augenblick lang verlor ich sie aus den Augen, weil ich gerade eine enge
Kurve fuhr. Aber sie tauchten wieder auf, ehe ich noch in die folgende Gerade
eingebogen war.
Noch eine Minute, dachte ich
voller Entsetzen, und sie würden mich kichernd den »verschiedenen Mr. Boyd«
nennen, den wilden Burschen, der sich in Honolulu so wohl gefühlt hatte, kaum daß
er hawaiianischen Boden betreten hatte, und der inzwischen vermutlich an den
Folgen eines akuten Sonnenbrands draufgegangen war. Besonders Rochelle, der
sich als Köder verdingt hatte und dem ich mit vollen
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