Hulamädchen auf Abwegen
gut. Ich bringe Ihnen jetzt
Ihren Drink, Mr. Boyd. Und außerdem werde ich Mr. Mayes von Ihrer Anwesenheit
in Kenntnis setzen. Das verstehen Sie doch?«
»Natürlich«, antwortete ich.
»Wann fängt Ulani an zu tanzen?«
»In etwa zwanzig Minuten.«
»Fein«, sagte ich. »Dann hätte
ich gern vorher noch etwas zu essen. Irgend etwas ,
was meine Nerven beruhigt. Die sind in letzter Zeit etwas strapaziert worden.
Vielleicht wäre ein Steak gerade das richtige? Ist das möglich?«
»Aber natürlich.« Kemo fand augenblicklich zu einer streng dienstlichen
Haltung zurück, mit Block und Bleistift in der Hand. »Darf es gegrillt sein?«
fragte er. »À la Hawaii?« _
»Was ist der Unterschied
zwischen einem normal gegrillten Steak und einem hawaiianisch gegrillten?«
»Bei einem hawaiianischen«,
erwiderte er ernsthaft, »bekommen die Rinder eine hei um den Hals
gehängt, ehe man sie schlachtet. Wir sind ein sentimentales Volk. Alle unsere
Steaks sind sehr zart.«
Das erinnerte mich
augenblicklich an die Lei, die man Blanche Arlington um den Hals gehängt
hatte.
»Da Sie gerade von Leis sprechen«, sagte ich mit leuchtenden Augen, »haben die roten Hibiskusblüten zufällig eine symbolische Bedeutung?«
Er sah mich einen Moment
erschrocken an. »Hibiskus ist das Wahrzeichen Hawaiis«, entgegnete er.
»Aha«, meinte ich. »War Pete
Rochelle heute abend schon hier?«
»Nicht daß ich wüßte«,
antwortete Kemo hastig. »Wenn Sie mich jetzt bitte
entschuldigen würden, Mr. Boyd, damit ich Ihren Drink und Ihr Steak bestellen
kann.« Er verschwand so schnell, daß ich keine Möglichkeit mehr hatte, ihm
weitere Fragen zu stellen.
Ich zündete mir eine Zigarette
an und sah auf die Uhr. Es war fünf nach zehn. Die Nacht war noch jung, obwohl
Danny Boyd in den vergangenen Stunden um mindestens zehn Jahre gealtert war.
Als ich wieder aufsah, blickte ich mitten in ein Paar mir durchaus vertraute
blaue Augen. Vor mir stand Eddie Mayes, der sich gelassen einen Stuhl unter dem
Tisch hervorzog und sich unaufgefordert neben mich setzte.
»Sie sind gekommen, um Ulani wieder tanzen zu sehen«, lispelte er. »Ich bin
entzückt.«
»Warum sagen Sie nicht Danny zu
mir?« fragte ich. »Nachdem wir doch offensichtlich so viele Dinge gemeinsam
haben?«
»Wie reizend von Ihnen, das
anzunehmen — Danny«, versetzte er kalt. »Um was für Gemeinsamkeiten handelt es
sich denn?«
»Och«, meinte ich und gab mir
den Anschein, heftig nachzudenken. »Zum Bespiel sehen wir beide gern Ulanis Tänzen zu.«
»Stimmt«, bestätigte er- »Nur
sind sich darin alle Männer in Honolulu einig.«
»Ferner haben wir gemeinsame
Freunde«, fuhr ich fort. »Sie wissen schon: der Freund eines Freundes ist ein
Freund – solange er einen nicht anpumpt.«
»Gemeinsame Freunde?« fragte er
mißbilligend. Er zog gedankenvoll die Augenbrauen in die Höhe. »Ach so«, sagte
er dann. »Sie meinen Mrs. Reid und Captain Larsen?«
»Im Moment dachte ich eher an
Pete Rochelle«, entgegnete ich. »Der gute alte Pete. Wir sind nämlich ganz alte
Kumpels müssen Sie wissen. Seit eh und je! Jedenfalls spätestens, seit ihm
jemand den Gedanken eingegeben hat, ich hätte seine Freundin umgebracht.«
Mayes betrachtete mich
kopfschüttelnd. Ein paar widerspenstige Locken lösten sich aus dem
glattpomadisierten Haar, jedoch völlig geräuschlos, was mich eigentlich etwas
überraschte. »Tut mir leid«, sagte er höflich. »Ich verstehe nicht.«
»Na, na«, meinte ich, »Sie
werden doch Ihre Freunde nicht verleugnen wollen. Zu unserem gemeinsamen
Bekanntenkreis gehören, wie Sie schon sagten, Virginia Reid und Erik, Kayo Choy — und auch Pete
Rochelle.«
»Dieser Rochelle ist mir kein
Begriff, Danny«, versetzte er liebenswürdig. »Wie kommen Sie überhaupt darauf,
daß ich ihn kennen müßte?«
»Nun tun Sie doch nicht so,
Eddie!« Ich stieß ihn vertraulich an die Schulter. »Sie sind so bescheiden.
Warum zieren Sie sich denn so? Er ist doch jeden Tag hier. Und Sie wissen auch
genau, weshalb er immer herkommt. Weil er dringend mit Ulani sprechen will. Und nachdem Sie doch alle Leute, die etwas von Ulani wollen, kennenlernen.«
»Warum möchte dieser — wie
heißt er gleich? — dieser Rochelle Ulani unbedingt
sprechen?« fragte er höflich.
»Nun, Sie wissen doch, wie das
ist, Eddie«, erklärte ich ihm strahlend. »Wenn sich zwei Leute treffen, die aus
derselben Stadt kommen, haben sie sich doch schrecklich viel zu erzählen.«
»Wenn dieser
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