Hulamädchen auf Abwegen
Segeln auf den Leim
gegangen war. Seine Freunde hatten entweder mit abgeblendetem Licht in einem
Seitenweg auf mich gewartet, oder aber sie waren mir schon von der Bar mit
abgeblendetem Licht seit etwa fünfzehn Meilen gefolgt. Nun ja, jetzt spielte es
auch keine Rolle mehr. Ich näherte mich der letzten Haarnadelkurve, und wenn
ich an Rochelles Stelle gewesen wäre, hätte ich mir in einem solchen Fall auch
nichts anderes als die Paßhöhe ausgesucht.
Deshalb nahm es mich nicht
wunder, als ich seinen Wagen plötzlich vor mir stehen sah, mitten auf dem Paß.
Ich bremste meinen Dodge, und auch der Wagen hinter mir kam mit einem häßlichen
Quietschen zum Stehen. Da die beiden Wagen ihre Lichter brennen ließen, übergoß mich strahlende Helle. Die Burschen hatten mir in
einer Anwandlung von Großmut die Wahl überlassen: Ich konnte mich im Wagen
umbringen lassen oder auch draußen, ganz wie es mir beliebte.
Es gab wirklich keinen Ausweg.
Rechts und links gähnten die nackten Felswände. Nicht einmal ein Kaninchen
hätte entkommen können. Somit war diese Frage schon geklärt. Captain Boyd würde
sein Schiff nicht verlassen.
Den anderen und weniger
sentimentalen Entschluß mußte ich in den nächsten fünf Sekunden fassen. Was,
zum Teure, sollte ich als nächstes tun? Ganz egal, wer hinter mir in dem Wagen
saß, sie würden sich an mich heranschleichen, ohne da ich auch nur die mindeste
Möglichkeit hatte, sie kommen zu sehen, schon gar nicht bei den aufgeblendeten
Scheinwerfern-
Plötzlich jedoch fiel mir die
Vielseitigkeit moderner Kraftfahrzeuge ein. Sie können nicht nur vorwärts, sondern
auch rückwärts fahren .
Ich wartete, bis sich die Achtunddreißiger innig in meine Hand schmiegte, und
lauschte aufmerksam nach draußen, ob sich nicht eine Wagentür hinter mir
öffnete. Ich war nicht einmal sicher, daß ich es hören würde, falls nicht der oder
die Insassen nach dem Aussteigen die Tür wieder zuwarfen, und für einen solchen
Grad von Dummheit konnte ich wirklich keine Garantie verlangen. So zählte ich
bis zwanzig, ohne daß sich etwas rührte, und beschloß dann kurzerhand,
zurückzustoßen. Ich ließ den Motor an, schaltete den Rückwärtsgang ein, und der
Dodge setzte sich in Bewegung. Dann preßte ich meinen Fuß aufs Gaspedal,
stemmte mich mit steifen Armen gegen das Steuerrad und warf mich im Fahrersitz
zurück.
Ich hörte erst einen Schuß,
dann noch einen und kurz darauf einen Aufschrei, dem ein dumpfer Stoß folgte,
als die Räder über etwas fuhren, was auf der Straße lag — und dann krachte es.
Das Steuer entglitt meiner Herrschaft, und ich wurde zurückgeschleudert. Ich
vernahm das kreischende Geräusch von vergewaltigtem Metall und das helle
Klirren splitternden Glases. Der Dodge neigte sich schon gefährlich zur Seite,
als es mir glücklich gelang, die Tür aufzustoßen; schützend legte ich die Arme
um den Kopf und ließ mich hinausfallen.
Mit größter Mühe bekam ich
Boden unter die Füße, dann stolperte ich und sank auf die Knie. Das war meine
Rettung; denn eine Kugel pfiff über meinen Kopf hinweg und prallte mit einem
ärgerlichen Geräusch vom Felsen ab. Irgendwo schrie jemand; es war ein schriller,
anhaltender Ton, der über meine Nerven glitt wie eine Stahlfeile.
Der Wagen hinter mir war durch
die Wucht des Aufpralls quer über die Straße geschleudert worden, so daß die
Vorderräder genau den Rand des Felsabhanges berührten. Ich starrte angestrengt
durch die Scheiben, konnte aber nichts entdecken. Plötzlich schien mir, als ob
sich etwas auf dem Beifahrersitz bewegte. Blitzschnell warf ich mich zur Seite;
keine Sekunde zu früh, denn wieder knallte ein Schuß.
Vielleicht war der Bursche in
dem Wagen nur deshalb so heftig geworden, weil er befürchtete, der Wagen könnte
in den Abgrund stürzen, bevor es ihm gelang, sich in Sicherheit zu bringen.
Jedenfalls beschloß er, um jeden Preis den Wagen zu verlassen, und das war sein
Fehler; denn als er ins Freie trat hoben sich die Umrisse seines Körpers von
der helleren Farbe des Wagens ab. Ich zog den Abzug meiner Achtunddreißiger durch, und plötzlich stand er ein paar Sekunden regungslos, dann sank er wie in
Zeitlupe ganz langsam vornüber und blieb, mit dem Gesicht auf dem Boden, auf
der Straße liegen.
Ich schlich zum Dodge zurück
und sah mich vorsichtig um. Rochelles Chevrolet stand immer noch quer über die
Straße. Es fragte sich nur, ob er noch im Wagen saß. Nun, es gab eine einfache
Lösung, das herauszufinden.
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