Human

zumindest schwer verletzen würde.
    Denn Whispr konnte dem kleineren Attentäter mit seinen langen, manipulierten Beinen davonlaufen, sie jedoch nicht.
    ***
    Als der Morgen anbrach, waren sie auch nicht schlauer geworden. Von Molé oder der Kreatur, die ihn gejagt hatte, war nichts zu sehen. Gelegentlich tröpfelte es ein wenig, was sie eine Weile wach hielt, bis sie schließlich nicht mehr laufen konnten.
    Erstaunlich, wie schnell man den einfachsten Komfort zu schätzen weiß, schoss es ihr durch den Kopf, als sie sich auf dem Boden niederließ und sehnsüchtig an ihr Bett aus Reben zurückdachte. Sie schaffte es jedoch nicht mehr, sich erneut eins zu bauen. Da sie beide besorgt waren, was sie bei dieser Rast erwartete, beschlossen sie, dass einer Wache halten würde, während der andere schlief.
    Es gelang ihr nicht, auch nur so lange wach zu bleiben, um Whispr zu bitten, die erste Wache zu übernehmen.
    Nach einer Zeitspanne, die ihr wie Tage vorkamen, aber nur Stunden umfasst hatte, wurde sie von einem kräftigen Duft geweckt. Ihr Begleiter saß in der Nähe auf einem Stein. Etwas Kleines, Vierfüßiges und viel zu Niedliches brutzelte über einem offenen Feuer. Das Fett zischte jedes Mal, wenn es in die Flammen tropfte. Sie war froh, dass er wenigstens den Kopf und den Großteil des Fells entfernt hatte. Der Rest war inzwischen schwarz und knusprig geworden. Angeekelt stellte sie fest, dass sie den Geruch sehr appetitlich fand.
    Vom Schlafen auf dem nackten Boden taten ihr alle Knochen weh, und sie reckte sich vorsichtig. Wundersamerweise schien alles noch intakt zu sein. Sie deutete wortlos auf das, was wie ein gegrillter Hase aussah.
    »Ich hab ihn schlafend im Gras gefunden, mich angeschlichen und ihm mit einem Stein den Kopf eingeschlagen, bevor er mich sehen und weglaufen konnte.« Er grinste. »Normalerweise schleiche ich mich an Beute auf zwei Beinen an. Aber das scheint auch bei Tieren zu funktionieren.«
    Sie starrte das wartende Mahl an und schluckte schwer, während ihr Verstand mit ihrem Magen kämpfte. »Wie   … Wie hast du ihn gehäutet?«
    »Ich hab einen Stock mit den Zähnen angespitzt. Hat ’ne Weile gedauert. Den Kopf habe ich so lange gedreht, bis er abgegangen ist. Wenn man die Haut am Hals erst mal abhat, geht der Rest relativ leicht.«
    Die Bilder, die vor ihrem inneren Auge aufstiegen, hätten einem normalen Zuhörer Übelkeit bereitet, aber nicht Ingrid Seastrom. Sie wusste besser als die meisten anderen, wie ein Körper aussah, wenn man die Epidermis entfernt hatte.
    »Was ist mit dem Feuer?«
    »Dafür hab ich denselben Stock benutzt. Ich habe ein paar Zweige gefunden, die nicht vom Regen durchnässt waren, und angefangen, ihn zu drehen. Erstaunlich, was man aus Unterhaltungs-Vids so alles lernen kann.« Er deutete auf ihr rasch braun werdendes Frühstück. »Das eigentliche Braten habe ich gelernt, als ich ein Jahr in Charleston fast nur von Dachhasen gelebt habe.«
    »›Dachhasen‹?«, fragte sie und sah ihn unsicher an.
    Er grinste. »Ratten. Capybara schmecken wesentlich besser, aber es fällt den Bullen deutlich schwerer, jemanden zu übersehen, der mitten im Park ein Wasserschwein grillt.« Dann hob er den Stock vom Feuer und sah sich das rauchende Resultat mit geübtem Auge an. »Ich glaube, er ist durch. Willst du eine Keule?«
    Sie schluckte. Es war eine Sache, dieses Phänomen mitakademischer Abgeklärtheit zu beobachten und zu analysieren, aber das Verspeisen war eine ganz andere. Doch diesen Streit gewann ihr Magen. Sie nahm ihre Portion dankbar entgegen, aß allerdings mit geschlossenen Augen. Es schmeckte erstaunlich gut.
    Noch besser war jedoch, dass auch danach noch nichts von ihrem unbarmherzigen Verfolger zu sehen war.
    »Man sollte doch meinen, dass er den Rauch gesehen hat.« Whispr trat die verkohlten Äste mit dem Fuß zur Seite. »Es war zwar nur ein kleines Feuer, aber dieser gerissene Bastard Molé ist ein verbesserter Meld. Er hätte es sehen müssen.«
    »Es sei denn, er wurde gefressen oder getötet.«
    Ingrids Hoffnung wuchs, je länger nichts von dem Attentäter zu sehen war. Wenn ihr Erzfeind seine nächtliche Begegnung mit dem Monster überlebt hatte, hätte er sie inzwischen bestimmt eingeholt. Das hieß aber noch lange nicht, dass er tot war. Er konnte auch am Leben und verwundet sein. Dieser Gedanke bewirkte, dass sie aufsprang. Das geheimnisvolle Protein, das sie verspeist hatte, schenkte ihr neue Lebenskraft. Da sie sich auf Whisprs