Hummeldumm
wie?
Ohne Handy kam ich ja nicht mal an die Telefonnummer von Immovest! Ich konnte es drehen und wenden, wie ich wollte: Ich brauchte einen funktionierenden Adapter! Mit zusammengekniffenen Lippen starrte ich zunächst auf den Reiseadapter und dann nach draußen zum Pool, wo Sina sich entspannt sonnte. »Siiiinnaaaaaaa!«
Meine Freundin fiel fast von ihrer Liege, so laut schrie ich. Sie hasste es, wenn ich so nach ihr rief, konnte aber auch nicht gegen ihre Neugierde ankämpfen, und so stand sie schließlich doch mit Bikini und Ikea-Katalog im Türrahmen.
»Was ist denn?«
Ich präsentierte ihr den Reiseadapter, als sei er das wichtigste Beweisstück in einem Jahrhundertprozess. »Hier!« »Was >hier«
»Dein Adapter passt nicht!«
Sinas Miene verfinsterte sich. »Wieso denn >dein< Adapter?« »Du hast ihn doch besorgt, oder?«
»Weil du keine Zeit hattest und mich drum gebeten hast. Zeig mal.«
Sina setzte sich neben mich aufs Bett und las die Rückseite der Verpackung.
»Also hier steht, dass der in 149 Ländern geht.«
»Dann ist Namibia halt keines dieser 149 Länder! Glaub mir, ich hab alle Steckdosen ausprobiert.«
Sina ließ ihren Zeigefinger über die in Zwergenschrift gedruckte Länderliste wandern.
»Stimmt. Ausgerechnet von Namibia steht hier nichts!«
Ich nahm ihr die Verpackung wieder ab.
»Na, super! Und was mach ich jetzt ohne Strom?«
»Was würdest du denn mit Strom machen? Draußen scheint die Sonne, Matze. Wir sind in Afrika. Wir haben einen Pool und zwei freie Liegen!«
»Ich muss nur leider trotz der zwei freien afrikanischen Liegen mein Handy aufladen, weil ...« »Weil?«
»Ich ... noch mal im Büro anrufen muss.« »Jetzt sag aber nicht, wegen der Tasse!«
»Ich weiß nicht, warum, hab nur ne SMS bekommen, dass ich anrufen soll.«
»Dann frag doch mal an der Rezeption, die haben bestimmt irgend so einen Stecker. Was hältst du denn von der Kommode hier?«
Verdutzt blickte ich in den Ikea-Katalog, wo eine rosa Kommode mit schwarzen Beschlägen abgebildet war. »Nix!«
Ein zweites Mal verschwand Sina und ließ mich stromlos und offline zurück. Stöhnend sank ich aufs Bett und überlegte, was ich tun konnte. Es war kurz vor 17 Uhr, und Namibia hatte meines Wissens nur eine Stunde Zeitverschiebung. Ich musste logisch vorgehen. Okay ... was hatte ich? Ich hatte eine Freundin am Pool, ein leeres Handy und vermutlich keinen Empfang. Ich hatte jede Menge Kabel, eine Digitalkamera und mein altes Notebook.
Ha! Ich schnellte aus dem Bett wie aus einem Trampolin. Das war es doch: Die Batterie meines Notebooks würde mein Handy aufladen! Hastig verband ich Notebook und Handy, und tatsächlich: Die Ladeanzeige meines iPhones blinkte und saugte sich das letzte bisschen Strom aus meinem Notebook. Nach exakt 14 Minuten war der Akku meines Notebooks platt und der meines Handys bei 7 %, Netz hatte ich allerdings noch immer keins. Dafür aber eine neue Idee: Warum sollte ich der Frau Metzger von Immovest umständlich erklären, wieso und weshalb ich die Gebühr noch nicht überwiesen hatte, wenn ich es gleich tun konnte? Statt Immovest konnte ich doch direkt meine Sparkasse anrufen. Der Herr Pfingst kannte mich seit fast dreißig Jahren, außerdem wäre es nicht das erste Mal, dass ich eine Überweisung per Telefon machte. Ich würde kein Internet brauchen und nicht mal meine abfotografierte Tan-Liste, ich würde ihn einfach von der Rezeption aus anrufen.
Aufgeregt schlich ich mich an Sina vorbei über einen Steinweg durch den Garten. Vor dem mit bunten Blumen bewachsenen Rezeptionsgebäude saßen Breitling und Brenda unter einem grünen Sonnenschirm, rauchten und tranken Wein. Offenbar hatten sie es ebenfalls vorgezogen, die zweistündige Wanderung zum Einlaufen der Schuhe ausfallen zu lassen. Mit einem geschickten Schlenker um eine große Kübelpflanze konnte ich verhindern, dass die beiden mich sahen.
Durch den Haupteingang trat ich zur Rezeption, die Nummer meiner Sparkasse wartete bereits auf meinem Handydisplay. Nur an der Rezeption wartete keiner. »Hello?«, rief ich, »is there anybody?« Es war nobody hinter der Rezeption und daneben auch nicht. Ein Telefon suchte ich vergebens, ich musste mich also wohl oder übel doch auf die Suche nach einer Stelle mit Empfang machen. Auf dem Parkplatz vor der Lodge gab es einen Dekofelsen. Ich stellte mich drauf und starrte aufs Handydisplay: Ladestand: 7 %. Netz: keines. Da fiel mein Blick auf unseren Toyota Quantum.
Vorsichtig
Weitere Kostenlose Bücher