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Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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auf seine Witzschleuder gespannt zu haben, allzu froh rollten seine Augen hinter seiner dicken Brille.
    »Jetzt setzen wir uns da hin!«, tuschelte Sina.
    »Im Leben nicht!«, presste ich zwischen zwei grinsenden Backen hervor, »weil wir uns schön hier an den Zweiertisch setzen, das war Teil der Abmachung.«
    »Das kannst du nicht bringen, nicht am ersten Abend!«, zischte Sina, und dann zog sie mich lachend zum Gruppentisch. »Hallo! Na ihr?«
    Mist, dachte ich noch, das war echt ein Fehler, ihre Hand zu nehmen, da stand ich auch schon in Breitlings Qualmwolke und berechnete mögliche Sitzpositionen. Das erschütternde Resultat meiner Berechnungen war, dass ich mein erstes Abendessen in Afrika entweder zwischen Bahee und Breitling oder zwischen Schnabel und dem Wetterfloh einnehmen musste. Ich entschied mich für das kleinere Übel und nahm neben Bahee Platz, der uns freudig begrüßte.
    »Na, habt ihr a bikkie geplanscht im Pool?«
    »Ja, wunderbar war das«, antwortete Sina, »oder?«
    »Absolut!«, antwortete Schnabel, noch bevor ich etwas sagen konnte. Irritiert blickte ich auf. Dass die beiden zusammen am Pool waren, hatte ich gar nicht mitbekommen.
    »Und mit eure Zimmer alles okay?«, schmatzte Bahee, der sich bereits ein Brot genommen hatte.
    »Echt schön, nichts zu meckern! Sehr stilvoll, da ist so manche Anregung dabei für uns, oder?« Immerhin: Sina schaute dieses Mal mich an.
    »Absolut!«, bestätigte ich, »aber ... wie sieht's denn so mit Adaptern aus?«
    »Also, ich hab normalerweise immer zwei dabei, aber eine ist kaputt, und die andere hab ich vorhin die Käthe mal gegeben, ne.«
    Als die Gruberin ihren Vornamen hörte, blickte sie neugierig auf. »Wer hot was?«, wienerte es von schräg gegenüber.
    »Wegen des Adapters ...«, setzte ich höflich an, da schlug mir schon ein unwirsches »Den brauch i für'n Fön!« ins Gesicht. Kritisch blickte ich auf die kurzen grauen Haare der Wienerin.
    »Trotzdem ... wenn's irgendwie geht, brauchte ich den mal ganz kurz morgen, nach dem Fönen! Kriegst ihn auch sofort zurück.«
    »Na, ach so, des is ka Problem, wenn i des Steckerl am Obend wieder hob.«
    Ich war beruhigt. Gleich am nächsten Tag würde ich alles aufladen, dann erst mal Immovest simsen, dass die Kohle unterwegs ist, und dann die Gebühr überweisen; irgendwann würde mein Sparkassenberater sein Waffeleisen ja vielleicht mal verlassen.
    Eine knubbelige schwarze Bedienung fragte uns auf Englisch, was wir trinken wollen. Breitling bestellte auf Deutsch eine Flasche teuren südafrikanischen Rotwein, Sina und ich auf Englisch zwei Windhoek Lager, Bahee ein Rock Shandy und Schnabel ein Wasser.
    »Nur ein Wasser?«, fragte ich interessiert. Schnabel nickte und sagte »No!«, was er so schnell aussprach wie »Na!«, wobei er mit der Srimme nach oben ging.
    »No?«, wiederholte ich amüsiert.
    »Also >No< im Sinne von >Ja    »Aha!«
    »Is thüringisch.«
    »Okay. Also ... keinen Wein? Oder Bier?« »Schmeckt mir nicht«, war Schnabels trockene Antwort.
    »Dir schmeckt kein Bier UND kein Wein?«, fragte ich und blickte ihn kritisch an.
    »Mir schmeckt einfach kein Alkohol!«
    »Jetzt echt?«
    »No!«
    Ich nickte beeindruckt, und noch bevor ich fragen konnte, ob er denn schon mal Alkohol probiert habe, stieß Pepi Gruber mit seiner Gabel ans Weinglas und erhob sich von seinem Stuhl. Er hatte einen Zettel in der Hand, und ich fürchtete schon, er wolle eine Tischrede halten. Es kam schlimmer. Pepi Gruber hatte ein Gedicht über den ersten Reisetag geschrieben und war guten Mutes, dieses auch laut vorzutragen. Feierlich nahm er seinen Speckhut ab, erhob sich und hielt den Zettel vor seine Lesebrille. Dann begann er in glasklarem Wienerisch:
    »Reisetagebuch Namibia, Tag Ans.
    Am ersten Tag von unserer Reise,
    hamma Schwarze g'sehen und Weiße.
    Der Max, der hat sei Uhr beholten,
    die Leud im Township sie net wollten.
    Am Obend dann wusst ma im Nu,
    ob was kneift und zwickt im Schuh.
    Max und Brenda, Matze, Sina -
    hört's diesen Tipp hier von am Wiener:
    A Wanderschuh g'hört eingelaufen,
    danach kommt erst die Zeit zum ...«
    Mit weit aufgerissenen, erwartungsfrohen Augen wartete Speckhut auf eine Reaktion von uns.
    »Saufen?«, hustete Breitling desinteressiert. »... Tratschen! Hahahaha! Reingfallen!«
    Ich atmete ein, und ich atmete aus. Dann schaute ich in die Runde, um sicherzugehen, dass das Gedicht auch bei den anderen Schrecken und Atemlähmung ausgelöst hatte. Leider war dem nicht so.

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