Hummeldumm
auf den Tresen. Dieser war ebenfalls aus einem geteilten Baumstamm gefertigt, man schien eine Schwäche zu haben für halbe Stämme hier am Brandberg. Klick, klick machten die Augen der Barkeeperin, und ich fragte mich, ob das Mädchen vom Stamm der Klickaugen war und mir gerade so was zuklickte wie: >Ich finde sie sehr seltsam!< Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht blinzelte sie einfach nur, weil sie ihre eigenen Wimpern kitzelten.
»Wir können deutsch sprechen!«
»Aber nicht alle, oder?«, fragte ich irritiert und schaute mich um. Es war aber sonst keiner mehr da.
»Nein, wir beide können deutsch sprechen. Miteinander.« Erst jetzt begriff ich.
»Oh. Entschuldigung. Vielen Dank. Das freut mich. Also ... dann auf Deutsch: Wäre es möglich, dass -«
»Ich hab Sie schon auf Englisch verstanden«, unterbrach mich das schwarze Manga-Mädchen augenklickend, »Sie möchten, dass ich eine Flasche Wein heiß mache für Sie und in eine Thermoskanne schütte mit zwei Tassen dazu. Und Mandeln.«
»Genau!«
»Die kommen aber nicht in den Wein, oder?« »Nein! Einfach nur heiß machen den Wein und die Mandeln extra.«
»Und ... was wollen Sie dann mit dem heißen Wein?« »Meiner Freundin vor die Tür stellen und die Mandeln auch.« »Die Mandeln auch?« »Die Mandeln auch!« »Brauchen Sie dann auch Stiefel?« »Wie bitte?«
»Machen das die Deutschen nicht mit Stiefeln?« Es war zum Verrücktwerden: Die Bedienung sprach nahezu akzentfrei Deutsch, aber weiter kam ich dennoch nicht. »Ach ... Sie meinen Nikolaus?«
»Ich weiß nicht, wie das heißt. Ich hab nur gehört, dass die Deutschen sich gerne Stiefel vor die Tür stellen und Sachen reintun, wenn es kalt ist.«
»Stimmt. Das machen wir gerne. Aber halt nur an Nikolaus. Aber das heute ist was anderes. Und es ist auch nicht schlimm, wenn Sie es nicht verstehen, weil - meine Freundin wird's verstehen!«
»Aber ich hab's verstanden.«
»Stimmt. Sie haben's ja auch gerade noch mal gesagt. Entschuldigung.«
Erschöpft setzte ich mich auf einen Barhocker und blickte ins Restaurant, einen einfachen großen Raum mit unverputzten Steinwänden, an dessen Holzdecke eine Kette mit farbigen Energiesparleuchten baumelte. Elegant war was anderes, aber das war mir natürlich egal, solange die Überraschung glückte. Dass die Wahrscheinlichkeit hierfür noch nicht allzu hoch lag, sah ich, als ich mich wieder meiner Klickaugenbedienung zuwendete, die seelenruhig ein Glas polierte. Erst als sie bemerkte, dass ich sie immer noch anstarrte, hörte sie auf damit.
»You want this now, not for dinner, right?«
»Bitte!«
»Kein Problem!«
»Und kann ich den kleinen Tisch in der Ecke da haben?« »Gerne!«
Endlich stellte die Klickaugenbedienung das Glas zur Seite und griff nach einer Flasche Wein. Als sie jedoch den Öffner ansetzte, zögerte sie schon wieder. Klick, klick.
»Und ... Sie wollen den Wein wirklich nur heiß gemacht haben?«
»Ja!«, antwortete ich ein wenig genervt, »warum fragen Sie das denn dauernd?«
»Ganz einfach, weil heißer Wein mit Zucker, Zimt, Nelken und ein bisschen Zitronenschale einfach besser schmeckt!«
Fassungslos strahlte ich die Barkeeperin an, und endlich strahlte sie zurück. Klick, klick.
»Wir nennen das Glühwein hier!« Klick, klick.
»Entschuldigung, ich bin ein Idiot!«
»Also zwei Glühwein?«
»Ja!«
Ich konnte Glühwein und Mandeln gerade noch rechtzeitig vor Sinas Tür positionieren, da tanzten auch schon die zwei Scheinwerfer unseres Busses am Horizont. Auf die Thermoskanne klebte ich einen Zettel mit der Nachricht:
>Ich glaub, ich bin versetzt worden: Abendessen zu zweit?<
Dann hetzte ich auf mein Zimmer, wühlte ein frisches Hemd aus meinem Rucksack und raste wieder ins Restaurant. Es war immer noch leer, dafür war der von mir gewünschte Tisch bereits eingedeckt worden: Neben den Tellern lagen sogar Papiersterne und ein kleiner Holzengel! Klick, klick machte das Manga-Mädchen von der Bar, und ich lächelte.
Ich war so zappelig, dass ich mich setzte, nur um Sekunden darauf wieder aufzustehen und nach draußen zu sehen. Als ich Bahees Stimme hörte, rannte ich zurück und nahm wieder Platz, wobei ich versuchte, so zu wirken, als säße ich hier seit Ewigkeiten in völligem Einklang mit mir und meiner Umwelt. Wie gesagt: Ich versuchte es. Denn als Sina im hübschen Kleid mit ihrer Mandeltüte und der Thermoskanne ins Restaurant kam, da war es irgendwie um mich geschehen; erst warf ich das Weinglas um und
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