Hummeldumm
den Kofferraum auf und begann die Taschen zu durchwühlen. Als wir Sekunden später alle neugierig hinter ihm standen, öffnete er die beige Stofftasche der Gruberin, und heraus schaute: Carlos! Bahee schäumte wie ein Mousse au Chocolat in der Mikrowelle:
»Sag mal, Käthe, spinnst du?«
Trotz und Scham stülpten das Rosinengesicht beinahe nach innen. »I hob an net mitbracht, der is da reingehüpft!«, quetschte sie heraus.
»Klar, ne!«, polterte Bahee. »Und dann hat er die Reißverschluss von inne zugemacht! Mensch Käthe, das geht doch nicht, du kannst doch nicht einfach die Carlos von seine Lodge da mal hijacken!«
»Aber es is so a liabs Viachal!«, seufzte die Gruberin, und wie auf Befehl sprang das Erdmännchen aus der Tasche, stellte sich aufrecht daneben und blickte verblüfft in die neue Umgebung. Glücklich deutete die Gruberin auf das Tier. »Sixt? Fühlt sich scho wohl!«
Bahee war anderer Meinung, und es entbrannte ein heftiger Streit. Der Streit war natürlich auch eine Chance. So aufgeregt pfiffen die Anschuldigungen hin und her, dass ich mir meine Ausrede, ich müsste dringend auf Toilette, sparen konnte: Noch auf halber Strecke zur Rezeption drangen Satzfetzen wie «... da musst du auch mal ein bikkie Respekt haben!« und »Jetzt geht's aber los!« an mein Ohr. Atemlos erreichte ich die Gebäude der Erongo Wilderness Lodge und trat in das kleine Rezeptionshäuschen. Eine englisch aussehende Frau mit dünnen Lippen und blassem Teint hieß mich auf der Lodge willkommen. Da ich längst aus dem Wettbewerb »Höflichster Tourist« ausgeschieden war, fragte ich ohne Umschweife, ob es Telefon gab.
»Of course.«
»Great. And where is the telephone?«
»Here you go!«, antwortete sie und schob mir ein eierschalenfarbenes Telefon hin. Zitternd wählte ich die Nummer von Immovest, ich kannte sie auswendig inzwischen. Es tutete.
»Bitte, bitte, bitte!«, flehte ich, und die dünnlippige Engländerin schaute auf. Es knackte, dann meldete sich die vertraute Stimme von Frau Metzger.
»Klein hier aus dem Urlaub. Matthias Klein!«
»Oh ...«, rauschte es am Hörer. Metzger schien Auto zu fahren, die Verbindung war schlechter als sonst. »Mit Ihnen hab ich gar nicht mehr gerechnet, ehrlich gesagt.«
»Da bin ich aber! Und ... tja ... Frage: Ist unsere Wohnung denn noch zu haben?«
Es rauschte und knackte, auch schien die Engländerin mich zu verstehen, denn sie blickte mich gespannt an.
»Hallo?«, hakte ich nach, »Frau Metzger?«
»Da bin ich wieder. Ich musste nur kurz das Telefon nach unten halten wegen der Polizei. Was haben Sie gefragt?« »Ob die Wohnung noch zu haben ist!« »Sie wollen sie doch?« »Ja!«
»Also, das ist natürlich jetzt ein bisschen unglücklich, weil ich fahr gerade zu einer Besichtigung! Nettes Pärchen Mitte dreißig, sie Arztin, er bei RTL -«
»Frau Metzger!«, unterbrach ich sie, »sagen Sie mir bitte einfach nur: Was muss ich machen, dass diese Wohnung an uns geht?«
»Sie verstehen, dass ich nicht mehr das allergrößte Vertrauen in Ihre Entscheidungen habe, oder?«
»Verstehe ich. Was muss ich machen?«
»Das Gleiche wie letzte Woche. Überweisen Sie die Reservierungsgebühr.« »Danke!«
»Und zwar heute!«
»Alles klar. Danke! Ich ruf in DER Sekunde bei meiner Sparkasse an.«
Hätte ich auch tatsächlich gemacht, wäre Sina nicht in die Rezeption gekommen. Unauffällig schob ich das Telefon zur Seite und versuchte mich an einem hastigen Lächeln.
»Und? Was macht Carlos?«
»Sie wollen ihn morgen zurückbringen. Und die Käthe heult.« »Na super!«
»Und du? Hast du uns schon ein schönes Häuschen ausgesucht?«
»Was? Ach so. Ah ...«
Mit einem verschwörerischen Lächeln reichte mir die Engländerin einen Holzchip mit einer Nummer. »Klar!«
Dann wurde ich von Sina aus der Rezeption gezogen. Über einen Holzsteg, wie man ihn von großen Sandstränden her kennt, schnauften wir nach oben in den Fels, in den die Häuser hineingebaut waren.
»Super hier, oder?«, rief Sina begeistert. »Absolut!«
Meine Gedanken vibrierten. Gleich schon war Abmarsch zum Sundowner Walk. Da konnte ich auf keinen Fall mit. Ich jedenfalls musste bis 18 Uhr bei Herrn Pfingst anrufen und die 4995 Euro überweisen. Als wir atemlos die Terrasse unserer Hütte erreicht hatten, hielt Sina inne. Zu Recht - es war eine herrliche Aussicht, und über Gesträuch und Gefels konnte man weit weg schauen auf noch mehr Naturzeugs.
Das Problem war nur, dass ich es im Augenblick
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