Hummeldumm
du überall mal kitzeln, aber Bauch und Hals, ne, das mag er am liebsten, da hat der mal Spaß, ne!«
Das ließ sich die Gruberin nicht zweimal sagen, und wie ein Breakdancer drehte sich Carlos auf dem Rücken, als sie ihn kitzelte. Immer wieder schnappte Carlos nach ihrer Hand, aber leider riss er sie nie in Stücke, was mir gut gefallen hätte: Ja, so a liabs Viachal, wies mir so putzig die Hand abg'rissen hat, dass des Blut nur so umanand gspritzt is, ahhh ... ganz hertzig, wirkliche Doch Carlos spielte nur.
Widerwillig übergab die Gruberin schließlich die Kitzelrechte an Sina, der sofort das Herz aufging, als sie über Carlos' braunen Rücken strich und ihn kitzelte an der Seite. Carlos krächzte vor Vergnügen und schnappte nach Sinas Finger. Es war schön, sie so glücklich zu sehen.
»Herrlich!«, strahlte Sina, als sie wieder aus der Hocke kam, doch als sie sah, dass ich vor ihr stand, war es mit der Herrlichkeit vorbei.
»Sina?«, begann ich schwach. »Mal reden?«
»Ich glaub, ich bin noch nicht so weit«, seufzte sie. Trotzdem sah es kurz so aus, als wollte sie meine Hand nehmen. Leider wollte sie nur den Zimmerschlüssel von Bahee, der hinter mir stand. In meiner Ratlosigkeit blickte ich zu Breitling, doch der zuckte nur mit den Schultern, und ich meine, dass sein Mund das Wort >Weiber!< formte.
Mit einem finalen Quieken hoppelte Carlos schließlich davon und stellte sich mit den Hinterläufen neben das Eingangstor der Lodge.
»Der passt auf uns auf, oder?«, fragte Sina verzückt.
»No!«, bestätigte Schnabel, und ich hätte ihm schon wieder eine scheuern können.
Dann wurde das Gepäck ausgeladen, und Bahee kündigte an, dass es in einer halben Stunde schon wieder losgehen sollte zur White Lady, der berühmten Felsmalerei. Ich kündigte an, dass ich auf der Lodge bleiben würde für eine dringende Abhängerei.
»Is dir wieder schlecht oder so?«, fragte Bahee. Es war eine Frage, die ich lieber von Sina gehört hätte.
»Nein«, sagte ich, »ich würde einfach nur wahnsinnig gerne nicht mitfahren.«
Eine Stunde darauf saß ich wie ein Häufchen Elend mit einer Flasche Wein auf meiner kleinen Terrasse und hasste mich dafür, dass ich mit einer Flasche Wein auf meiner kleinen Terrasse saß und mich hasste. Wollte ich denn bis zum Ende unseres Urlaubs immer weiter jammern und saufen? Was war denn mit mir los? Wo war ich denn hin? Hier war ich jedenfalls nicht, denn das, was da mit zerschundenen Beinen in einem schmutzigen weißen Plastikstuhl apathisch vor sich hin sabberte, war bestenfalls ein trauriger Abklatsch meiner selbst. Wer auch immer wen schnäbelte und mit wem wohin zog — so ging es nicht weiter.
Ich musste aufwachen und was machen. Mir selbst beweisen, dass es mich noch gab, und Sina, dass es uns gab. Und ich musste es heute tun und nicht irgendwann. Aber was könnte das sein? Ein Blumenstrauß? Langweilig. Auf die Knie fallen und um Verzeihung bitten? Erbärmlich. Carlos eine Rose in die Pfoten drücken und zu Sina schicken? Unrealistisch - er würde sie entweder aufessen oder vergraben. Es müsste irgendetwas anderes sein, etwas, was Sina daran erinnerte, wie ich wirklich war, und im besten Falle romantisch! Vielleicht, so seufzte ich, war das ein kleines bisschen viel verlangt für einen einzigen Abend, nach allem, was passiert war.
Die Nacht brach herein, ich saß noch immer mit kurzer Hose auf der Terrasse und starrte trübselig auf die unberührte Weinflasche. Und als ich so fror und mich fragte, ob man in Namibia Glühwein überhaupt kannte, da hatte ich eine Idee, von der ich glaubte, dass sie Sina überzeugen könnte. Aufgeregt sprang ich auf und rannte den staubigen Weg hoch ins Restaurantgebäude.
32
»You want me to cook the wine?«
Die schwarze Barkeeperin musterte mich misstrauisch. Sie war sehr jung, keine zwanzig vermutlich, trug eine graue Bluse mit dem Logo der Lodge und ihre Haare als Zopf. Vor allem aber hatte sie große Augen mit sehr langen Wimpern, so wie die Mädchen in asiatischen Zeichentrickfilmen.
»Yes, please. Cook the wine and put it in a ... Thermoskanne. And ... I also need Mandeln ... almonds! And two cups.«
Zappelig trat ich von einem Fuß auf den anderen. Die Truppe konnte jederzeit zurückkommen vom bemalten Felsen, und doch war das Einzige, was sich beim Mädchen hinter dem Tresen bewegte, ihre Augen: Sie klickten auf und zu, sonst passierte nichts.
»Where are you from?«
»Germany!«, antwortete ich und trommelte nervös
Weitere Kostenlose Bücher