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Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Sina an der Spitze. Ich erstarrte augenblicklich zu Stein.
    »Vielleicht sollte ich deinem Papa grade mal das Rezept mailen?«, hörte ich Herrn Pfingst noch am Ohr, dann legte ich auf. Meine Reisegruppe starrte mich an, als hätte sie Barack Obama beim Onanieren erwischt. In ihren Blicken sah ich Vorwurf, Unverständnis, aber vor allem Scham. Und Sina weinte nun sogar. Ich wollte aufspringen, doch Bahee drückte mich zurück auf die Couch. Vor meine Nase hielt er eine kleine Plastiktüte.
    »Matze?«
    »Ja?«, fragte ich verschüchtert und ahnte doch bereits das Schlimmste.
    »Paviane kacke anders!«
    In diesem Augenblick wusste ich, dass ich nun zwar eine Wohnung, vielleicht aber keine Freundin mehr hatte.
     

34
    Stocksauer und mit hochrotem Kopf stapfte Sina den Holzsteg herunter, ihre eilig gepackte Reisetasche rumpelnd hinter sich herziehend.
    »Sina! Jetzt lass mich doch mal erklären!«, rief ich laut und stolperte hinterher.
    »Siiiinaaaa, verdammt nochmal! Jetzt bleib doch mal stehen!«
    Sina blieb stehen, allerdings so ruckartig, dass ich gegen ihre Tasche krachte und mich fast auf die Felsen legte.
    »Matze, kapierst du's nicht? Du hast in einen fremden Rucksack gekackt, da gibt's doch nichts mehr zu erklären!«
    »Ich hab markiert, nicht gekackt!«, protestierte ich. Jetzt wurde ICH sauer. Es war ja alles schon peinlich genug. Musste Sina jetzt auch noch so laut herumschreien, dass man es bis nach Windhoek hörte? Sie musste.
    »Du drehst jetzt echt durch, oder?«
    »Seh ich nicht so«, antwortete ich ruhig.
    »Dann bist du aber hier der Einzige!«
    Sprach's und polterte sich und ihre Reisetasche auf die Terrasse von Brendas Chalet. Ich versuchte sie festzuhalten, erwischte aber nur ein winziges Stück ihrer Jacke.
    »Sina! Bleib sofort stehen!«
    »Nein!«
    Mit der Kraft einer bulgarischen Kugelstoßerin wuchtete Sina ihre Tasche hoch auf die Terrasse von Brenda, die auch gleich gutgelaunt ihren Kopf aus der Türplane steckte. Wie immer hatte sie ein perfektes Gefühl für die Situation.
    »Na, ihr beiden, alles klar?«
    »Nein!«, bölkten Sina und ich gleichzeitig zurück, woraufhin Brendas Kopf schnell wieder hinter der Zeltplane verschwand. »Du schläfst hier?« »Ja!«
    »Und Breitling? Äh ... Max?«
    »Alleine, wie du.«
    »Oh!«
    Ich war so lange abgelenkt, wie Sina auf der letzten Holzstufe stand. Nun aber hob sie ihre Tasche und griff zur Türplane.
    »Sina! Jetzt lass mich doch einfach mal erklären, warum ich das gemacht habe!«
    »Und warum sollte ich mir das anhören?«
    »Weil du dann nicht mehr sauer sein wirst! Ich weiß, es klingt komisch, aber ... das eben in Käthes Zelt ... das war echt wichtig ... das hab ich quasi für uns getan.«
    »Du tickst doch durch! Weißt du denn überhaupt, was du da redest?«
    »Ja! Schau mich an: Ich fühl mich gut, ich fühl mich frei, ich bin entspannt! Das wolltest du doch die ganze Zeit, oder?« »Du? Entspannt? Ha!«
    Sina schaute mich an wie einen Irren. Sie stemmte ihre Hände in die Hüfte und ging sogar einen Schritt auf mich zu.
    »Matze! Du willst mir nicht ernsthaft erzählen, dass du uns in eine bessere Zukunft gekackt hast.«
    »Jetzt >besser< nicht, aber solider«, lächelte ich, »ich hab sozusagen die Basis erkackt!«
    Vergeblich versuchte ich, ihre Hände zu greifen. Statt mein Friedensangebot anzunehmen, schloss Sina die Augen und holte tief Luft.
    »Matze?«
    »Ja?«
    »Folgendes: Ich geh jetzt da rein und du nicht. Schaffst du so was?«
    »Ja, und ... und dann?«
    »Dann bin ich da drin und du nicht. Ob du das schaffst?!«
    Ich dachte kurz nach und nickte dann. So was würde ich eventuell noch schaffen. Als Sina verschwand, fiepte mein Handy. Für wenige Sekunden sah ich folgende Kurznachricht, ehe das Display schwarz wurde.
     
    Hallo Matze, Überweisung ist rausgegangen, schöne Tage noch. Beste Grüße. B. Pfingst. PS: Mein Petry-Auftritt ist schon bei youtube, einfach Pfingst und Petry suchen!
     
    Mein Abendessen nahm ich freiwillig alleine ein. Während meine Gruppe auf peinlichste Art und Weise um die Gunst von Carlos buhlte, saß ich ein paar Meter weiter in einem schweren, braunen Sofa am Kamin, aß Oryx-Geschnetzeltes und las in einem Buch, das ich mir aus der Gästebibliothek gefischt hatte. Es war so eine Art Erlebnisbericht zweier Geologen, die 1935 aus Nazideutschland nach Südwestafrika ausgewandert waren. Als sie dort wegen der Ereignisse in Europa plötzlich als feindliche Ausländer galten, beschlossen sie, sich

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