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Hummeldumm

Hummeldumm

Titel: Hummeldumm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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ist, dann ist es deines.«
    Langsam senkte sich Trixis Hand und damit das Spray. Auch ich nahm meine Hand nach unten. Dafür begann sie nun zu schluchzen.
    »Ich hab Carlos ermordet!«
    »Nein, Trixi, Mord ist mit Vorsatz! Es war einfach nur ein Unfall!«
    Kraftlos ließ Trixi sich auf einer großen Felsplatte nieder, und ich wagte einen weiteren Schritt in ihre Richtung.
    »Ich hab immer gewusst, dass irgendwann mal was Schlimmes passiert, weil ich so schusselig bin.« Sämtliche Wut war aus Trixis Stimme verschwunden, sie klang nun trotz ihrer vermutlich bald 50 Jahre wie ein kleines, trauriges Mädchen.
    Ich räusperte mich: »Darf ich jetzt vielleicht mal zu dir hochkommen?«
    »Weiß nich ...«
    Trixi blickte mich an, als erwarte sie die Antwort von mir. Ich beschloss, ihr noch ein wenig mehr Zeit zu geben.
    »Dann ... setze ich mich jetzt hier auf den Stein, und wenn ich hochkommen darf, dann sagst du Bescheid, okay?«
    Trixi nickte, mein Vorschlag beruhigte sie.
    »Gut!«
    Ich drehte mich um und sah auf die in den Hang gestreuten Blockhütten. Sie waren hübsch beleuchtet und wirkten doch wie putzige Lichtpünktchen auf dem endlosen schwarzen Vorhang der Nacht. Ich bemerkte, dass einige der Lichter hin und her huschten, und vermutete, dass man sich mal wieder mit Taschenlampen auf die Suche nach uns gemacht hatte. Ob Sina auch nach mir suchte?
    »Jetzt«, hörte ich Trixis Stimme. Ich erhob mich und ging die fehlenden Meter hoch zu ihr. Der überdrehte Schussel hatte sich in ein zitterndes Häufchen Elend verwandelt. Schluchzend gab sie mir ihre rote Sprühdose. Darauf stand:
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. Hält wirkungsvoll Insekten fern<. Behutsam nahm ich auf Trixis Felsplatte Platz.
    »Meine Eltern haben immer gesagt, dass ich nicht mehr ausgelacht werde oder gehänselt, wenn ich mal erwachsen bin, aber ... es hat nie aufgehört. Früher war es die Schule, jetzt ist es die Arbeit, und ... selbst im Urlaub bau ich nur Mist!«
    Was sollte ich sagen? Wahrscheinlich war es so. Also sagte ich nichts und setzte mich ein wenig näher zu Trixi.
    »Wo arbeitest du überhaupt?«
    »Bei Ikea in Spreitenbach.«
     »Und ... wo genau ist das?«
    »In der Müslistraße!«
    »Ich meinte eigentlich, wo Spreitenbach liegt.«
    »Ach so ... bei Zürich.«
    »Und da ärgern die dich auch?«
    Trixi nickte schwach.
    »Ich hab da mitbekommen, wie sie in der Reklamationsabteilung darüber getuschelt haben, wo ich wohl am wenigsten Schaden anrichten würde. Weißt du, was eine Kollegin gesagt hat?«
    Ich schüttelte mit dem Kopf.
    »Im Urlaub!«
    Ich zuckte kurz, weil ich ein Lachen unterdrücken wollte. »Erst hab ich gedacht, das war wieder so was Deutschenfeindliches aber ... war es nicht!«
    Nun musste ich doch lachen.
    »Tut mir leid, aber das ist komisch!«
    Trixi war nicht sauer, aber immer noch in Gedanken versunken.
    »Jedenfalls habe ich dann Urlaub genommen wegen dieser blöden Kollegen.«
    »Und ... ist das dieser Urlaub hier? Unsere Rundreise?«
    Trixis Antwort war ein erneuter Schluchzanfall. Jetzt gab es nur eine Rettung, also fragte ich: »Willst du wissen, warum ich in Käthes Rucksack gekackt habe?«
    Trixi strich sich die Tränen aus den Augen und wiederholte weinerlich meine Frage, wobei sich ihre Stimme überschlug.
    »Warum hast du denn in den Rucksack gekackt?«
    »Weil ich zu stolz bin, meiner Freundin zu sagen, dass ich einen Fehler gemacht habe.«
    »Was denn für einen Fehler?«
    »Die Wohnung, von der ich erzählt habe bei unserem Abendessen in der Namib ...«
    »Ja?«
    »Ich hab vergessen, sie zu reservieren. Deswegen muss ich heimlich telefonieren. Deswegen brauche ich Adapter. Deswegen kacke ich in Rucksäcke! Und jetzt frag ich dich, Trixi: Wer auf dieser Felsplatte hier ist schusseliger? Du oder ich?«
    Erleichtert schaute Trixi mich an. »Du bist nicht schusselig, du bist bekloppt!«
    »Such dir was aus.«
    In diesem Moment erwischte uns auch schon der erste schwache Lichtkegel von Bahees Taschenlampe. »Trixi? Matze?«, hörte ich seine Stimme.
    »Was meinst du?«, fragte ich Trixi, »sollen wir wieder zurück zu unserer Gurkentruppe oder uns hinter den Felsen verschanzen, bis es hell wird?«
    »Lieber Gurkentruppe«, flüsterte Trixi, und dann kraxelten wir hinab.
     

36
    Die milde Morgensonne ließ die bizarre Granitfelslandschaft um die Lodge in den prächtigsten Farben erstrahlen. Sie tauchte die Berge in ein kräftiges Rot, die Gräser in glühendes Gold und meine Seele in tiefstes Schwarz.
    Bis weit

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