Hummeldumm
das Graben ein und krabbelte auf den von der Sonne aufgewärmten Felsen neben mich. Dann stellte er sich in Richtung der Abendsonne auf seine Hinterläufe. Er musste unfassbar müde sein nach den zwei Stunden im Tascherl der Rosinenhexe und dem ganzen Gestreichel und Geknipse. Immer wieder fielen ihm die Äuglein zu, immer wieder knickte sein hellbraunes Köpfchen im Zeitlupentempo nach unten, und immer wieder richtete er sich blitzschnell auf und guckte mich an, als wollte er sagen: >Hab nicht gepennt, sah nur so aus, ich pass auf, alles klar!<
Während Carlos weiterhin mehr oder weniger erfolgreich gegen den Schlaf kämpfte, überlegte ich, was ich in der verbleibenden Viertelstunde noch tun könnte, um zu telefonieren. Nach fünf Minuten hatte ich die Antwort: nichts!
»Bis später, Carlos!«
Er blinzelte noch einmal, dann schlief er ein. Frustriert schlurfte ich zurück zu unserem Chalet, als mir ein in der Abendsonne glänzender brauner Lederhut und ein unachtsam geöffnetes Zeltfenster den Weg zu meinem Glück aufzeigten. Starr stand ich davor und überlegte: Wo ein Speckhut glänzt, da ist die Gruberin nicht weit, und wo die Gruberin ist, da gibt es auch einen REISEADAPTER!
Vorsichtig zog ich den Reißverschluss der Zelttür auf, trat ein und rannte ins Bad. Wider Erwarten steckte er nicht im Fön. 16 Uhr 53! Zurück im Zimmer, durchwühlte ich das komplette Gepäck der Gruberin, es flogen Blusen, Socken und Trockenfrüchte, aber erst als ich ganz unten im Rucksack angekommen war, fühlte ich ein Kabel!
»Yes! Ja!«
Hastig steckte ich den Adapter in die Seitentasche meiner Hose und blickte auf das von mir angerichtete Chaos. Wenn die Gruberin das sah, würde es ein Riesengeschrei geben, und wenn dann noch der Adapter fehlte, war eh alles klar. Oder etwa nicht? Mein Blick fiel auf einen Beutel mit Trockenfrüchten. Ich steckte ihn ein. Eine halbe Packung Kekse und drei Rollen Bonbons ebenso, und dann ... ich fühlte kurz hinein in mein Innerstes, denn natürlich wollte ich hier nicht einfach so gehen, ohne Danke zu sagen. Es gelang!
Und als ich schließlich um 16 Uhr 58 den Reißverschluss der Türplane hinter mir zuzog, hatte ich einen gewaltigen Respekt vor Tieren, die so etwas auf Kommando konnten.
Zuerst wollte ich in unser Chalet rennen, da fiel mir ein, dass dort ja Sina schlief. Also hastete ich ein weiteres Mal Richtung Haupthaus, wo ich im Empfangsbereich einen freien Stecker neben einer Ledercouch fand. Zitternd steckte ich den Reiseadapter in den Stecker und das Handy in den Reiseadapter. Es passte! Und es war 18 Uhr Euskirchener Zeit.
Wie ein Specht tackerte ich die Nummer der Sparkasse ins Handy. Es tutete klar und deutlich, ein gutes Zeichen. Im Hintergrund konnte ich unsere Reisegruppe nach Carlos rufen hören - sie waren also schon zurück.
»Kreissparkasse Euskirchen, Pfingst?«
Ja, hatte ich denn mit einem Mal eine Glückssträhne?
»Mensch, der Matze Klein hier aus Namibia!«
»Sie sind ja noch am Platz!«
»Ich hab den Teig vergessen im Kühlschrank. Mensch, Matze, wie isses in Afrika?«
Herr Pfingst kannte mich schon, als ich noch ein kleiner Junge war: der Matze eben. Irgendwie hatte er dann aber den Übergang zum Sie verpasst, und nun, nach über zwei Jahrzehnten, war es natürlich zu spät. Ich blieb der kleine Matze, und Herr Pfingst, nun, das war halt einfach Herr Pfingst.
»Schön! Namibia ist super. Ich muss aber wahnsinnig dringend 4995 Euro überweisen!«
»Aber das ist doch kein Problem, dafür sind wir doch da. Hab deinen Papa getroffen am Immobilientag, fünf Waffeln hat er gegessen!«
»Is nicht wahr!«
Der schrille Schrei der Gruberin drang ins Haupthaus. Dann hörte ich andere Stimmen und Schritte.
»Die Überweisung geht jedenfalls an Immovest, die Kontodaten müssten Sie haben, weil ich schon fünf Euro überwiesen habe.«
»Ich ruf's mir grad mal auf, Matze. Klingst mir ein bisschen gehetzt, alles gut?«
»Ja!«
»Am liebsten mochte er die mit Nuss!« »Was?«
»Und Schokolade. Die mochte er auch. So, hier hab ich's, pass auf: Immovest Köln, Frau Metzger, Deutsche Bank, richtig?« »Ja!«
»4995 Euro von deinem privaten Girokonto zu Immovest.« »Absolut!«
»Ist hiermit überwiesen. Gute Entscheidung übrigens mit der Wohnung.«
Kraftlos sank ich in die Ledercouch. »Danke. Ich danke Ihnen!«
Ich hörte ein Räuspern hinter mir, und als ich mich erschrocken umdrehte, stand dort unsere gesamte Reisegruppe mit Bahee, Käthe und einer knallroten
Weitere Kostenlose Bücher