Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Popularität des großen Peter bei der aufgeklärten Volksmasse. Viele klagten ihn an, er habe zu aristokratische Gesinnungen und räume den Patriziern zu viele Gewalt ein. Es lag hierin einige Wahrheit, denn er hatte ein stolzes soldatisches Ansehen und war etwas eigen in seiner Kleidung; wenn er keine Uniform trug, erschien er in einfachen aber reichen Kleidern; sein wirkliches Bein, an sich stattlich, stack in einem rothen Strumpf und in einem Schuh mit hohem Absatz. Obgleich ein Mann von großer Sitteneinfalt, war er doch so eigen geartet, daß er rohe Vertraulichkeit zurückscheuchte, während er freier und geselliger Annäherung ziemlich offen war.
Er beobachtete zugleich eine Art Hofetikett. Die gemeinen Besucher empfing er unter der Vorhalle seines Hauses, nach der Gewohnheit unserer niederländischen Vorfahren. Wenn er förmlichere Besuche in seinem Wohnzimmer annahm, erwartete er, daß man mit reiner Wäsche erschien, auch nicht barfuß oder mit dem Hut auf dem Kopf. Bei feierlichen Gelegenheiten kam er in einer pompösen Equipage daher und fuhr immer in einem gelben Wagen mit rothen flammenden Rädern zur Kirche.
Diese Symptome von Vornehmheit verursachten viele Unzufriedenheit bei dem gemeinen Mann, der bei dem vorigen Gouverneur ganz schlicht daran war; aber Peter Stuyvesant ließ sich das nicht irren. Er hatte gefunden, daß sie mit Wilhelm dem Eigensinnigen, so popular er war, doch eigentlich Schindluder gespielt hatten, und machte sich daher gern rar. Achtung und Glauben ist von einer glücklichen Regierung unzertrennlich wie von der Religion. Es ist gewiß von höchster Wichtigkeit, daß ein Land durch weise Leute regiert wird, aber eben so wichtig ist es, daß dieß Volk sie auch für weise hält; dann nur dieser Glauben kann willigen Gehorsam erzeugen. Um daher dieses Vertrauen zu bewirken, muß das Volk die Regierenden so wenig als möglich sehen. Wer Zutritt zu den Cabinetten erhält, erfährt bald, mit wie wenig Weisheit die Welt regiert wird.
Und so hielt Stuyvesant auf Entfernung des Volkes, auf Schweigsamkeit über seine Pläne und Maßregeln. Da er nie seine Gründe über die Dinge, die er vornahm, aussprach, so hielt man dieselben immer für sehr tief erwogen. Jede seiner Bewegungen, wie unwichtig auch und vielleicht zufällig, wurde Gegenstand des Nachdenkens, und selbst sein rother Strumpf erweckte Respect, da er von den Strümpfen der anderen Menschen verschieden war.
In diese Tage müssen wir denn auch den Ursprung des Familienstolzes und Aristokratismus verlegen. Das Blut der unvermischten Nachkommen der Van Rensellaers, der Van Zandts, Van Hornes, Rutgers, Bensons, Brinkerhoffs, Schermerhornes, und aller ächten Abkömmlinge der alten Pavonier muß wohl ein edles seyn, und daher sind diese Familien der einzige legitime Adel des Grunds und Bodens, seine eigentlichen Herren. – Mit Fleiß erinnere ich hieran, weil ich mit Bekümmerniß wahrgenommen habe, wie manche jener großen Familien durch neuere Emporkömmlinge verdrängt und über die Achseln angesehen werden, von Leuten, die auch von Familie seyn wollen, und wie? Wenn sie von ihrem Vater ohne Demüthigung reden können, nehmen sie eine wichtige Miene an, wenn aber so von ihrem Großvater, sind sie aufgeblasen; wenn sie denn gar vom Urgroßvater ohne Erröthen sprechen können, ist es vor Hochmuth und Prätensionen gar nicht mehr auszuhalten. – Gott stehe uns bei! welcher Unterschied ist doch zwischen diesen Pilzen von einer Stunde und von einem Tage!
Doch nach allem Vorausgegangenen darf man nicht schließen, daß Peter Stuyvesant ein Tyrann gewesen, der seine Holländer mit eiserner Ruthe gepeitscht habe, im Gegentheil, überall wo Würde und Autorität nicht mit im Spiel waren, floß er von Großmuth und Freundlichkeit über. Indem er das Volk von jenem bewußten Taumelbecher zurückhielt, beförderte er ihre Ruhe und Zufriedenheit ungemein, er machte sie dadurch aufmerksamer auf ihren Beruf und auf echtes Familienglück.
Weit entfernt von sauertöpfischer Strenge im Leben, freute er sich vielmehr, die Armen und die Arbeitsamen auch einmal vergnügt zu sehen, und zu dem Ende begünstigte er sehr die Feiertagsbelustigungen. Unter seiner Regierung wurde zuerst die Sitte der Haseneyer auf Weihnachten und Ostern eingeführt. Auch der Neujahrstag mußte seine Tollheiten haben und mit Glockenläuten und Mordschlägen gefeiert werden. Jedes Haus war der Tempel des Gottes der Freude – Oceane von Kirschengeist, echten
Weitere Kostenlose Bücher