Humoristische Geschichte von New-York (German Edition)
Stuyvesants den Schweif abhieb – welches alles doch gegen alle Wahrscheinlichkeit verstößt.
Ich weiß es selbst nicht, wie es zugeht, allein es muß die große Bescheidenheit unserer Vorfahren gewesen seyn, da in allen Quellen von Blutvergießen nirgends etwas vorkömmt; und es thut mir leid, die Leser ganz umsonst blutdürstig gemacht zu haben, wie es bei einer Hinrichtung geschieht, wo dem Delinquenten das Leben geschenkt wird.
Da ich über kein einziges Menschenleben disponiren konnte, so mußte ich mir eben mit Tritten, Knüffen, Rippenstößen und ähnlichen ignobeln Wunden helfen, so gut ich konnte, und dabei sah ich mich denn ungefähr in derselben Verlegenheit wie Milton, der bei den Schlachten der Unsterblichen den Ausgang vom Anfang nur wenig verschieden machen konnte, da er seinen Geistern nicht einmal eine leibliche Wunde beibringen konnte.
Es hat mich allemal nicht wenig Ueberwindung gekostet, meine Helden in der besten Arbeit abzuhalten, ihre Gegner niederzuschmettern, aufzuschlitzen oder ein halbes Dutzend wie einen Spieß Lerchen auf die Klinge zu nehmen. Wenn Homer so manchen armen Teufel auf dem Gewissen hat, der nur, um den Vers voll und wohltönend zu machen, ins Gras beißen mußte, so recke ich dagegen, bei größrer Versuchung und Enthaltsamkeit, die reinen Hände der Welt und allen Kritikern entgegen!
Ich will, bei ernster Betrachtung der Ereignisse, nur an den Tropfen Tinte erinnern, der in der Feder zitternd, eben so gut als Flecken vergossen werden konnte: – an sich ohne Werth, hat er in meiner Geschichte einem Helden Unsterblichkeit gegeben! Nicht Anmaßung sehe der Leser in diesen Worten. Ach, was ist der unsterbliche Ruhm – ein beschmiertes Blatt Papier – ach, wie demüthigend ist der Gedanke – daß der Ruhm eines so großen Mannes wie Peter Stuyvesant von der Feder eines so kleinen Mannes wie Dietrich Knickerbocker abhängen soll! Laß uns weinen, daß irdische Größe, so räthselhaft, in so eitles Nichts, wie unbesungener Ruhm, zerfließen kann!
Und nun, theurer Leser, nachdem wir die Mühseligkeiten und Gefahren des Schlachtfeldes bestanden, wollen wir auf den Schauplatz zurück eilen und die Folgen des glorreichen Sieges betrachten. Da das Fort Christina der Hauptsitz der Colonie Neu-Schweden und gewissermaßen der Schlüssel derselben war, so folgte schnell die Unterjochung der ganzen Provinz. Nicht wenig trug dazu das großmüthige und milde Benehmen des ritterlichen Peter bei. Schrecklich in der Schlacht, war er nach dem Siege edel, gnädig und menschlich gesinnt. Er prahlte nicht über seine Feinde, noch verbitterte er die Niederlage durch ungroßmüthiges Höhnen, und wie jener Spiegel ächter Rittertugend, der weltberühmte Paladin Orlando, war er immer begieriger, große Thaten zu thun, als, nachdem sie geschehen, davon zu reden. Er ließ Niemanden sterben, sengte und brannte nicht, ließ das Eigenthum der Besiegten nicht verwüsten, und gab sogar einmal einem seiner tapfersten Offiziere einen nachdrücklichen Verweis mit dem Spazierstock, als man ihn bei der Plünderung eines Hühnerhauses ertappte.
Mit gleicher Großmuth erließ er Proclamationen und Aufforderungen, sich der Gewalt Ihrer Hochmögenden zu unterwerfen; mit großer Milde verkündete er: wer sich dem Gehorsam entziehe, solle auf Staatskosten logirt werden, nicht allein in ein sicheres Schloß, sondern auch durch Schildwachen für seine Person gesichert. In Folge dessen leisteten dreißig Schweden den Eid der Treue und durften dafür an den Ufern des Delaware bleiben, wo ihre Nachkommen noch bis auf den heutigen Tag leben.
Die ganze Provinz Neu-Schweden wurde in eine Colonie Namens South-River verwandelt und unter einen Stellvertreter des Gouverneurs gesetzt, welcher der Regierung von Neu-Amsterdam untergeben war. Dieser Großwürdenträger hieß Mynheer Wilhelmus Beekman oder vielmehr Beckman, der wie Ovidius Naso von seiner ungeheuren Nase den Namen hatte, die wie der Schnabel eines Papagaien gestaltet war. Er wurde der große Stammvater des Beckmans, einer der ältesten und ehrenwerthesten Familien der Provinz, die dankbar den Ursprung ihrer Würde in erstaunlich langen Nasen verewigen, die sie mitten im Gesicht tragen.
Die gefährliche Unternehmung ward glücklich beendigt und nur zwei Personen verloren dabei das Leben – Wolfert Van Horne, ein langer dünner Mann, der durch die Segelstange einer Schaluppe bei einem starken Wind über Bord geworfen wurde, und der fette Brom Van Bummel,
Weitere Kostenlose Bücher