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Hund aufs Herz

Hund aufs Herz

Titel: Hund aufs Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Haucke
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wegen keine natürlichen Feinde hat, hat er seit Jahrmillionen bestens überlebt. Als Beutegreifer aber müßte er elend verhungern.
    Hunde jedoch sind anatomisch und biologisch immer noch Raubcaniden, das heißt, sie müssen so konstruiert sein, daß sie ihre Beutetiere verfolgen, im Spurt erreichen und töten können. Und auch wenn der Hund unserer Tage das nicht mehr tun muß, ist er nur dann gesund und lebensfähig, wenn seine Anatomie diesem ehemaligen Natur-Standard entspricht.
    Leider kümmern sich unsere erfolgs- und geldgierigen Züchter den Teufel darum. Weil es nämlich genügend törichte, versnobte und ignorante Käufer gibt, denen die Lebensfähigkeit und damit die Lebensfreude ihrer bevorzugten Rasse ebenfalls gleichgültig ist. Sie wünschen lediglich einen Hund, der nicht so aussieht wie der Hund des Nachbarn, des Konkurrenten, des Kontrahenten. Und der «Markt» liefert.
    So kann man Hunde kaufen, die nur ein Pfund wiegen, und solche, die einhundertzehn Kilo auf die Waage bringen, oder Hunde, die nur fünfundvierzig Zentimeter hoch sind, aber ebensoviel Kilo wiegen. Hunde, deren Ohren auf der Erde schleifen, die keine Haare haben oder winzige Stummel statt der Beine.

Zu groß, zu klein

Zu groß, zu klein

Leider sind unsere Hunde genetisch nahezu uferlos mutierbar, man kann ihnen mit der geisteskranken Infamie eines Dr. Mabuse nahezu alles an- und abzüchten, sie zu seltsamen und traurigen Zombies denaturieren.
    Diese perverse Möglichkeit wurde nicht immer genutzt. Nicht, weil die Menschen früherer Generationen gütiger gewesen sind, nein: Bis in die Anfänge dieses Jahrhunderts wurden Hunde ausschließlich danach beurteilt, was sie in ihrem jeweiligen «Beruf» zu leisten imstande waren. Als Jagdgehilfen also, als Hüter und Treiber von Viehherden, als Bewacher von Haus und Hof, als Wegbegleiter für Reiter und Kutschen, als Fänger und Vertilger von Mäusen und Ratten (in gleichwertiger Konkurrenz zur Katze). Für alle diese Zwecke, die ihnen körperliche Hochleistung abverlangten, mußten sie vor allem gesund sein.
    Seitdem fast alle Hunde, jedenfalls in Mitteleuropa, keine «Leistung» im körperlichen Sinne mehr erbringen müssen, gibt es das monströse Erscheinungsbild der Hunde.
    Wenn man in Büchern blättert, die sich mit Hunderassen befassen, kann man feststellen, daß es fast alle heutigen Rassen auch in den ersten Jahren des neunzehnten Jahrhunderts schon gab, aber nicht in der heutigen extremen Form. Derartige Auswüchse hätten sich von selbst erledigt. Die Hunde wären nicht mehr in der Lage gewesen, ihren jeweiligen «Beruf» auszuüben. Und das hätten sie nicht überlebt.
     
    Man kann mit einem Fünf-PS-Motörchen einen Zwanzig-Tonnen-Lastzug eine Steigung von dreißig Grad hochziehen. Das ist nur eine Frage der Übersetzung des Antriebs: In diesem extremen Fall würde es vielleicht eine Stunde oder länger dauern, bis dieser Truck einen Meter weitergekommen wäre, aber möglich war’s, denn in dem Fall ginge es um Physik pur.
    Alle Lebewesen sind natürlich auch physikalischen Gesetzen unterworfen, aber eben nicht ausschließlich. Und deshalb ist ein Hund nicht nur Masse, die mit entsprechender Muskelkraft zu bewegen ist, sondern er ist und bleibt vom Wesen her ein Beutegreifer, das heißt, er hat das Bedürfnis, sich zeitweise sehr rasch zu bewegen, Skelett, Bänder, Gelenke, Sehnen dabei maximal zu belasten, und das ist eben nur dann möglich, wenn die Proportionen noch stimmen.
    Darum gab es bis in die zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts keine wirklich riesigen Hunde. Sie hätten auf der ganzen Linie versagt, und es ist kein Zufall, daß die größten in dieser Zeit Windhunde waren: Greyhounds, Barsois, Deerhounds, Irish Wolfhounds, die bei Schulterhöhen von bis zu achtzig Zentimetern die Fünfzig-Kilo-Grenze kaum überschritten.
    Analog zu Rennwagen hatten sie mit einem Riesenmotor – Lunge und Herz sind bei Windhunden überdimensioniert – verhältnismäßig wenig Masse zu befördern, also wenige «Kilogramm pro PS», also ein trotz ihrer Größe noch günstiges Leistungsverhältnis. Waren die Hunde kompakter gebaut, dann waren sie eben kleiner.
    Richard Strebel war ein berühmter Kynologe um 1900. Sein Standardwerk «Die deutschen Hunde», in dem er kurioserweise Hunde aus aller Welt akribisch beschreibt, erschien 1904. Er gibt folgende Zahlen an: Deutsche Doggen um siebzig Zentimeter und um fünfzig Kilo, bernhardinerähnlich, Rottweiler fünfzig Zentimeter bei

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