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Hund aufs Herz

Hund aufs Herz

Titel: Hund aufs Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Haucke
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nach Hause. Darum sind diese Veranstaltungen auch alle so langweilig.
    Und darum haben wir es mit dieser Haßwelle auf unsere braven Hunde zu tun: Jahrelange infame Hetze der Medien hat auch den leersten Kopf mit Schauergeschichten gefüllt. Und weil manche dieser Köpfe auf Amtspersonen sitzen, ergingen prompt Verordnungen, die weder Vernunft noch Sachkenntnis erkennen ließen und – lassen.
    Aber man kann sich dieser amtlich manifestierten Dummheit nun bedienen: Gegen die beruflichen Erfolge der Nachbarn, die sich unter anderem in einem luxuriösen Swimmingpool zeigen, läßt sich schwerlich etwas tun. Aber man kann sagen, daß man sich vor deren großem Hund fürchtet. Es tut nichts zur Sache, daß der Hund grundgutmütig ist. Niemand kümmert sich darum, wovor sich einer sonst noch – und oft mit allem Recht – fürchtet. Aber jeder hat das Recht, sich vor keinerlei Hund fürchten zu müssen. Da gibt es
    Sanktionen. Wir leben schließlich in einem Rechtsstaat. Bitte: Was ich hier sage, ist keine dichterische Freiheit, es handelt sich um Tatsachen, entsprechende Urteile liegen vor.
    Und wenn der Hund nicht groß ist, dann bellt er vielleicht. Zu oft, zu laut, zum falschen Zeitpunkt. Es gibt ein richterliches Urteil, das festlegt, wann ein Hund, der in die Mühlen des Gesetzes fiel, zu bellen hat, und vor allem: wann nicht. Die Behörden gehen im allgemeinen jeder Anzeige gegen Hundebesitzer nach, auch dann, wenn deren Unsinnigkeit oder Unangemessenheit auf der Hand liegt. Der Zug namens Hundehaß ist abgefahren, und man schwingt sich allenthalben aufs Trittbrett.
    Hier nun also die Geschichte aus einer Hamburger Tageszeitung:
    Eine Frau ruft die Polizei an. Der Hund ihrer Tochter, die zur Zeit verreist ist, habe sie und ihren halbwüchsigen Sohn angegriffen. In höchster Not hätten sich beide in ihre Zimmer retten können, die Bestie lasse sie aber nicht aus der Wohnung. Es rollen an: die Feuerwehr mit großer Leiter – das Drama findet im vierten Stock statt, die Zimmerfenster der Belagerten gehen gottlob auf die Straße hinaus –, ein Polizeiwagen mit vier Mann Besatzung und Maschinenpistolen; der Wagen mit dem Amtstierarzt.
    Unter dem Jubel der Schaulustigen werden Mutter und Sohn in einer aufsehenerregenden und komplizierten Rettungsaktion dem Leben wiedergegeben. Beide sind unverletzt, sind offenbar in letzter Sekunde dem rasenden Hund entkommen, der sich nun zähnefletschend im Flur der Wohnung befindet. Die Frau ersucht den Diensthabenden dringend, den Hund – wir erinnern uns: der gehört der verreisten Tochter – sofort zu erschießen. Der Polizist hat selbst einen Hund daheim und sagt kurz und knapp: «Hier wird nicht rumgeballert.» Weder die Frau noch ihr halbstarker Sohn haben irgendeine Schramme vorzuweisen, wo doch der Hund «ganz plötzlich» und ohne jede Veranlassung auf beide losgegangen sein soll? Auch Polizisten haben ihre Köpfe nicht nur, um die Mütze draufzustülpen.
    Jetzt hängt sich die Frau an den Amtsveterinär. Der Hund muß getötet werden, sie hat ja sonst keine ruhige Stunde mehr. Der Tierarzt sagt: «Das machen wir anders », läßt sich die Wohnungsschlüssel geben und marschiert die Treppen hoch, eskortiert von zwei Schwerbewaffneten, versteht sich. Der Tierarzt ist mit einer Hundeleine bewaffnet. Man lauscht an der Tür, spricht den Höllenhund mit Namen an: nichts. Der Arzt schließt die Tür auf und sagt – ich zitiere wörtlich –: «Komm, Butzi, wir gehen jetzt.» Der Hund taucht schweifwedelnd aus dem Dunkel des Wohnungsflurs auf, läßt sich an die Leine nehmen und marschiert vergnügt mit dem famosen Doktor die Treppe hinunter, begrüßt vom erneuten Jubel der Menge. Hund kommt ins Tierheim, Menge zerstreut sich, Frau und Sohn kehren in ihre monsterfreie Wohnung zurück. – Tja.
    Ich habe in den folgenden Ausgaben der Zeitung nach einer Fortsetzung der Geschichte geforscht: vergeblich, kann also nur über die Fakten nachdenken und komme zu keinem anderen Ergebnis als diesem:
    Erstens und vor allem: Der Hund hat Schwein gehabt und nicht zu knapp. Ein angemessen reagierender Polizist ist leider keine Selbstverständlichkeit, dafür gibt es zahllose Beispiele. Und ein beherzter, kundiger Amtstierarzt noch viel weniger. Erstklassige Absolventen des Studiums der Tiermedizin machen erst ihren Doktor und dann eine Praxis für kleine Haustiere auf. Da muß man zwar am meisten wissen und können, hat aber mit Sicherheit sein erstklassiges Auskommen mit dem

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