Hunde Jahrbuch
sich Männer mit Hunden identifizieren können.
Nach der Kastration hatte sich Timmys Wesen nicht im Geringsten verändert, auch seine Ausflüge in den Ort unternahm er nach wie vor. Schließlich griff ich zu einem recht drastischen Mittel und lieh mir ein Elektrozaungerät und entsprechenden Zaundraht. Timmy verstand zunächst nicht, wieso der Zaun plötzlich so wehtat. Seine kleine Welt geriet ziemlich aus den Fugen und ich machte mir schon Vorwürfe. Ich wollte meinen Hund ja nicht verunsichern, sondern nur seine gefährlichen Ausflüge beenden. Immerhin war hundert Meter entfernt eine stark befahrene Bundesstraße. Die Maßnahme half. Nach einiger Zeit wusste Timmy, wo die Gefahr lauerte und wo der Garten ungefährlich war. Die eigenwilligen Ausflüge hatten ein Ende gefunden.
Timmys eigenwilliger Charme sollte dann auch der Grund dafür sein, dass ein weiteres männliches Wesen in mein Leben trat. Das Auerbacher Bachgassfest fand – wie der Name schon andeutet – in der Bachgasse statt. Es war ein brüllendheißer Tag, an dem Timmy und ich einen Ausflug an die Bergstraße machten. Die Bachgasse hatte ihren Namen zu Recht, denn ein fröhliches Bächlein plätschert dort übers Pflaster. Für meinen wasserliebenden Hund war das an diesem heißen Tag eine willkommene Abwechslung. Er planschte ausgedehnt, biss ins Wasser, schmiss sich der Länge nach hin und erfreute sich des Lebens, des Sommers und der Abkühlung. Alle Leute schauten mit strahlenden Gesichtern dem unbekümmerten Treiben zu. Die glücklichen Gesichter weiteten sich aber zu erschrockenen Grimassen, als der Hund genug vom Spiel hatte und sich – wie es seine Art nun mal tut – zum Trocknen kräftig schüttelte. Das stockhaarige Fell konnte erstaunlich viel Wasser speichern, das Timmy nun freigiebig an die Umstehenden verteilte. Alle quietschten und sprangen entsetzt weg. Nur einer freute sich mit boshaftem Entzücken an dem Schauspiel. Natürlich kam ich mit diesem Schelm ins Gespräch. Es wurde ein sehr intensiver Dialog, der heute noch andauert.
Timmy nahm die männliche Konkurrenz als Bereicherung. Noch jemand, der mit ihm tobte, Gassi ging, ihn Nachtischbecher auslecken ließ. Er war sehr zufrieden mit meiner Wahl und adoptierte das neue Herrchen sofort. Trotzdem bestand ich darauf, dass Timmy mein Hund war. Nur einmal hatte ich Peter mit Timmy alleine vor einem Kaufhaus warten lassen. Als ich zurückkam, waren die beiden umringt von hübschen jungen Frauen. Seitdem galt der keinen Widerspruch geltende Spruch: „Der Hund bleibt hier!“, wenn Peter Zigaretten holen wollte.
Timmy hatte ein ambivalentes Verhältnis zu Katzen. Nachbars Katzen wurden mit wütendem Gebell aus unserem Garten vertrieben. Tiger hingegen, der souveräne Stallkater von Freunden, der einfach nicht weglief, war vor Timmy sicher. Er wurde freundschaftlich begrüßt, wenn sie einander begegneten. Wie würde Timmy mit den scheuen Katzen meines neuen Freundes klarkommen? Nun, zunächst wurde eine Pforte eingerichtet, die Timmy den Weg ins Untergeschoss versperrte, den Katzen aber freien Zugang erlaubte. Sie sollten sich vor dem Monster wenigstens in Sicherheit bringen können. Eines Tages war es soweit. Wir saßen alle im Wohnzimmer, als der kleine Kater erschien. Gespannt starrte ich auf Timmy. Und dann ging alles sehr schnell: Timmy sprang auf, die Katze flüchtete, Peter warf seinen Hausschuh auf Timmy und sagte: „Platz“. Das war’s gewesen! Timmy legte sich hin, schielte auf die Katze, die – neugierig und mutig, wie junge Katzen nun mal sind – wieder das Wohnzimmer betrat. Es fiel Timmy schwer, liegen zu bleiben, und wir lobten ihn tüchtig für seine Beherrschung.
So lernte mein Hund, mit Katzen zu leben. Diese wiederum nutzen Timmy für ihre Zwecke. Mit ihm als Bodyguard trauten sie sich tief in die Reviere fremder Katzen. War eine Rivalin vor der eigenen Haustür, rannte Katz laut maunzend ins Haus und holte den Hund zur Verstärkung. Vom sicheren Fensterbrett aus beobachteten dann zwei Stubentiger, wie Timmy den Feind vertrieb.
Timmy war überaus klug. Er beobachtete uns genau und zog seine Schlüsse daraus. Wir besprachen uns auf Englisch oder Französisch, wenn wir darüber diskutierten, ob wir ihn irgendwohin mitnehmen könnten. Er kannte zu viele Vokabeln und hätte uns mit einem Begeisterungstaumel die Entscheidung abgenommen.
Einmal gaben wir ihn eine Woche zu Freunden in Pflege. Jeden Morgen ging er mit Dieter joggen und
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