Hundediebe kennen keine Gnade
erhitzte sein Blut. Ein Abgrund hatte sich aufgetan. Sie blickten
hinein und direkt auf eine heiße Spur, die von Paula Matheil zum Hauptbahnhof
führte.
Die TKKG-Bande verabschiedete sich.
Puck winselte. Er wäre gern mitgekommen.
„Bald besuche ich dich mit meinem Oskar“,
sagte Gaby — und ließ sich die Pfote geben. „Der wird dir gefallen, und dich
mag er bestimmt.“
4. Auf heißer Spur
Der Nachmittag brach an. Aber es war
Samstag. Wer nicht ins Grüne fuhr oder das Gartentor anstrich, hielt
Mittagsschlaf. Die Straßen der Innenstadt litten nicht an Verstopfung.
Verkehrspolizisten gähnten. Endlich lief der Dienst so, wie sie das als Beamte
erhofften.
Die TKKG-Band radelte als geschlossener
Pulk, was Nähe bedeutete, womit Gesülze und Gedankenaustausch gewährleistet
waren.
„Ist Spitzenbrutalität, diese
Gemeinheit“, sagte Tarzan. „Echt seelischer Terror. Krallt sich dieser Betrüger
die Zeitung, liest das Inserat und sahnt mit schimpflichster Erpressung bei der
Matheil-Omi die Kohle ab. Pfui Teufel! Leute, da hüpft mir eine böse Ahnung ins
Genick. Was denn, wenn der das nicht zum ersten Mal machte! Hunde und Katzen
entlaufen doch alle naselang. Sittiche entfliegen. Und...“
„Goldfische entschwimmen“, steuerte
Klößchen bei.
„Lustig finde ich das nicht!“ funkelte
Gaby ihn an. „Stell dir vor, du würdest uns entkullern, und wir müßten nach dir
suchen, während du durch die Schokoladenläden irrst und nicht nach Hause
findest.“
„Wieso nach Hause?“ lachte Karl. „Dort
ist er doch zu Hause. Aber wie, Leute, stellen wir fest, welchen
Haustier-Vermißtmelder der Brutalo sonst noch erpreßt hat? Wüßten wir das,
hätten wir Material in der Hand. Beweise. Und könnten ihn zerschmettern. Damit
meine ich, ihn polizeilich aus dem Verkehr ziehen lassen.“
„Wenn wir ihn fragen“, meinte Klößchen,
„erfahren wir gar nichts, kriegen höchstens eine freche Antwort. Dann...“
„Ich hab’s!“ rief Gaby. „Kids (Kinder), schwenkt rechts! Wir fahren zu mir. Der Hauptbahnhof kann warten. Der ist ja
später noch da — und der Erpresser auch. Wißt ihr, was ich meine?“
Sie wartete keine Antwort ab, sondern
fuhr gleich fort: „Meine Mami sammelt doch die Tageszeitungen. Monatsweise
werden sie gebündelt für die Altpapier-Sammlungen. Die Oktober-Nummern liegen
alle im Keller - bis auf die eine Ausgabe, die noch kommt. Mir fiel auf, daß in
letzter Zeit viele Hunde entlaufen sind. Jedenfalls habe ich etliche Entlaufen-Inserate bemerkt. Immer war die Rufnummer angegeben. Das ist unser Einstieg. Wir hängen
uns an die Strippe und fragen die Hundehalter, ob sie etwa auch einem
erpresserischen Betrüger mit Froschaugen aufgesessen sind. Huch, bin ich
gespannt, was da rauskommt.“
Saustark! dachte Tarzan. Ist die Idee
des Tages! Man kann Pfote nur bewundern. Sie ist das beste Beispiel dafür, daß
hübsche Mädchen nicht zwangsläufig beknackt sind. Denn wirkliche Schönheit
strahlt ja von innen raus. Man hat also Durchblick auf Charakter und Grütze.
„Deine Idee ist fabelhaft“, sagte er. „Dafür
könnte ich dir die Hand küssen.“
Gaby nahm die Linke vom Lenker und
streckte sie aus. „Aber bitte mit Verbeugung! Und nicht in die Finger beißen!“
Tatsächlich — er küßte ihr die Hand.
Ohne das Tempo zu drosseln und freihändig.
Klößchen sagte: „Schmatz! Schmatz! Zur
Verkehrserziehung gehört das aber nicht. Daß ihr nebeneinander fahrt, ist
schlimm genug! Wo sind wir denn hier? Im Urwald? Im Habichtswald? Oder im
Zentrum der Großstadt — mit ihren vielen bösen Autos!“
„Würden meine Finger nach Schokolade
schmecken“, sagte Gaby, „hätte Willi mich längst mit Handküssen überhäuft. Und
würde behaupten, er übe nur den Kavalier in sich. Wie gut, daß ich nach Seife
schmecke.“
„Nach Seife schmeckst du nicht“, sagte
Tarzan.
„Nein? Sondern?“
„Ich weiß nicht. Habe keine
Vergleichsmöglichkeiten“, er grinste. „Aber der Geschmack ist nicht übel.“
„Starkes Kompliment“, meinte Gaby. „Erinnere
mich daran, daß ich dir nachher eine schmiere.“
„Sowas vergißt er“, rief Karl. „Aber da
meinem Gehirn nichts entfällt, werde ich dich erinnern, Pfote!“
„Vielen Dank, Karl“, meinte Tarzan. „Du
bist ein wahrer Freund.“
Im Altstadtviertel, wo Gaby wohnt, ging
es noch ruhiger zu. Die Häuserzeilen ödeten sich an. Standen sie sich doch schon
recht lange gegenüber — und das tagtäglich. Tauben segelten über
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